Eine Betrachtung zum Thema von
Malenka Radi, am 16.Mai 2016
Verantwortung
ist ein Begriff der Möglichkeit. Notwendigkeit ist unabweisbar,
Unmöglichkeit nicht erfüllbar. Unabweisbares und Unmögliches sind
der menschlichen Entscheidung entzogen und damit nicht Gegenstand
der Verantwortung. Verantwortung kann eine zukunftsorientierte oder
eine vergangenheitsorientierte Bedeutung haben. Prospektiv ist die
Verpflichtung, einen bestimmten Handlungserfolg herzustellen oder
die Anforderungen an eine bestimmte Aufgabe oderRolle einzulösen,
wie z. B. die Neutralität eines
Schiedsrichters im Sport oder der Lernerfolg des Schülers durch
einen Lehrer.
Verantwortung, und worum geht es? In meinem Falle geht es darum das Leben in den Griff zu bekommen. Sich nicht mehr neuen Schwierigkeiten stellen zu müssen in bezug auf die existenzsicherung und die Gefahr von anderen angeklagt zu werden.
Folgende Fragestellungen werden an mich gerichtet:
- Wer ist wofür verantwortlich, aus meiner Sicht heute.
- Um welche Problematik geht es und um wleche Anklage.
- Was ist geschehen? Und woaus bestehen die Widerholungen und Ähnlichkeiten für neue Delikte und Zusammenhänge, worin besteht die Gefahr, wieder in eine ähnliche Lage zu kommen?
„Der Begriff
der Verantwortung bezeichnet
nach verbreiteter Auffassung die Zuschreibung einer Pflicht zu
einer handelndenPerson oder
Personengruppe (Subjekt)
gegenüber einer anderen Person oder Personengruppe (Objekt)
aufgrund eines normativen Anspruchs,
der durch eine Instanz eingefordert
werden kann und vor dieser zu rechtfertigen (zu
beantworten) ist.“
Hier steht also der
Angeklagte vor dem Richter. Und ich erinnere mich nur zu genau,
was ich gefragt wurde. Grundsätzlich sehe ich mich immerwieder in
ähnlichen Situationen, wo mir alles zuviel wird und ich förmlich
den Kopf in den Sand stecke. Wenn ich um Hilfe bitte, dann gerät
meine Lben so sehr aus meiner eigen Hand, daß ich michh auch
nicht wieder finden kann. Heute frage ich mich, ob es etwas mit
meiner so definierten Krankheit zu tun hat. Als manisch depressiv
mit extrem erhöhtem Antrieb, werde ich bezeichnet. In den letzten
Tage erleb ich all dies wieder ganz ähnlich. Die Kosten wachsen
mir über den Kopf. Ich empfinde einen straken Willen, meine Pläne
zu realisieren und mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, koste es
was es wolle. Ich bin nicht kriminell, aber ich zahle einen hohen
Preis und ich verliere Respekt und Achtung innerhalb meiner
eigenen Familie. Das tut am Meisten weh. Meine eltern sind kein
Vorbild, meine Großeltern betrachte ich mit erstaunter Distanz
und die historischen Ereignisse in europa, sowie meine ganz
persönlichen Beobachtungen von anderen Menschen, geben mir auch
nicht das Gefühl, daß ich andere Probleme habe, als andere. Es
ist schwierig das tägliche essen auf den Tisch zu bringen. Noch
schwerer seine Miete zu zahlen und überhaupt auszukommen,
geschweige denn, sich auch einmal etwas zu leisten.
Arbeistlosigkeit und Depression sind die Folge, von wasß Als
junges Mädchen in Berlin wurde ich Pankerin. Ich habe das dann
nicht mehr nach außenhin gezeigt. Bin es aber geblieben. Was
macht den Punk aus? Und warum kann ich mich als sochen definieren?
Punk ist
eine Jugendkultur,
die Mitte der 1970er Jahre in New York und London entstand.
Charakteristisch für den Punk sind provozierendes Aussehen, eine
rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten.
Der einzelne Angehörige dieser Subkultur nennt
sich ebenfalls Punk (Plural: Punks)
oder auch Punk-Rocker; deutsche Bezeichnungen sind auch Punker und
für weibliche Punks Punkerin(Plural: Punkerinnen)
oder (selten) Punkette (Plural: Punketten).
Handlungen und ihre
Folgen können je nach gesellschaftlicher Praxis
und Wertesystem für
den Verantwortlichen zuKonsequenzen wie
Lob und Tadel, Belohnung, Bestrafung oder
Forderungen nach Ersatzleistungen führen. Die Beziehung
(Relation)
zwischen den beteiligten Akteuren knüpft
am Ergebnis des Handelns an.
Ende
der 1980er Jahre drang Punk auch in Deutschland zunehmend in den
Mainstream-Bereich vor. Wegweisend waren dabei vor allem Die
Toten Hosen (aus ZK hervorgegangen)
und Die
Ärzte. Beide Bands gehören seit Mitte der 1990er zu den
kommerziell erfolgreichsten Bands der Bundesrepublik,[32] sind
regelmäßig auf den vorderen Plätzen der Musikchartsvertreten
und unter den Headlinern großer Freiluftkonzerte.
Weitere
wichtige deutsche Punk-Bands sind Slime und Die
Goldenen Zitronen aus
Hamburg, Toxoplasma aus
Neuwied,Feeling
B und Die
Skeptiker aus
Ost-Berlin, Daily
Terror aus
Braunschweig, WIZO aus
Sindelfingen und ZSD aus
München.
Ich
erinner mich an die Drogenszene und und die Strichmädchen von
Berlin.
Meine
Zeit in Siegmundhof, das herumströmerin in Berlin, das
Schuleschwänzen und in der Stadt herumtinglen, das hat mich dazu
gebracht lieber den Weg nach oben zu suchen in eine konservative
und bürgerliche Welt. Aber ersteinmal bin ich beim Theater
gelandet. Ich habe mich dann zurückgezogen von dem Stadtleben. In
Hamburg war ich nur noch im Schauspielhaus und auf der
Fachhochschule. Ich habe mich darauf konzentriert erfolgreich zu
werden. Bühnebildnerin und Intendantin in spe wollte ich werden.
Mit dem ende meiner ersten großen Partnerschaft habe ich mich
dann aber von diesem Traum verabschiedet und mich in das Dasein
einer Unternehmerin gestürzt. Ich habe die Verantwortung nicht
ertragen, daß ich meine ersten Kinder nicht ausgetragen habe,
meine erste Liebesbeziehung gescheitert ist und ich plötzlich
alleine dastand. Ich wurde sehr traurig. Und mit dieser Depression
war ich wieder ein Risikokandidat. Wer ist hier verantwortlich,
daß ich meine Eltern nicht aufgesucht habe, daß ich nicht um
Hilfe gebeten habe? In Österreich war ich als Deutsche ein
Ausländerin ohne Arbeisterlaubnis. Jobben durfet ich nicht. Aber
ich wollte in Wien bleiben. Keine Arbeit, kein Geld und keine
Freunde, keine Familie. Ich war sehr isoliert und einsam. So floh
ich aufs Land, in eine Liebschaft. Das österreichische
Theatermuseum ernährte mich mit einem Kostümbildauftrag fürs
Kindertheatermuseum, aus dem ich auch meine Diplomarbeit machen
konnte. Ein Schlussstrich dann. Ich bekam meine Wohnung in Wien,
in der Auhofstrasse zurück, aber warum keinen fixen Job, an einem
der Theater? Weil ich es gar nicht probiert habe. Kurz eine
Assitenz in Düsseldorf, ein Gastspiel in Paris, eine eigen
Produktion in Hamburg, und dann wieder keine Traum und keine
Perspektive. Und so rutschte ich in eine große Liebesaffäire und
eine weitere Beziehung welche dann zu meiner ersten Anklage über
10 Jahre später führte. Warum habe ich keine Reißleine gezogen?
Hier hatte ich die ersten Höhenflüge: Malenka Milano, die Coco
Chanel von morgen. Oh je. Mode aus Italien. Schulden ohne Ende.
Ein Modesalon und am Ende ein Bankrott und ich, auf der Flucht vor
der Realität. Genau wie heute. Nichts ha“t sich geändert.
„Die
der Verantwortung zugrunde liegenden gesellschaftlichen Normen
können
einen rechtlichen, religiösen,weltanschaulichen oder moralischen Ursprung
haben.“
Was
für ein Satz! Moralisch war ich lediert. Religiös etwas
stabilisiert durch meine Taufe. Weltanschaulich ein Punk und auf
der Suche nach einem Weg. Also bin ich kurz in London einen Traum
hinterhergelaufen und später in Berlin auf der FU gelandet. Eine
glückliche Zeit des studierens folgte. Drei Fächer:
Volkswirtschaft, Geschichte und Theaterwissenschaften. Eine gute
Zeit, ganz in der Realität. Mit der Hoffnung doch noch
Intendantin zu werden? Alte Träume wieder aufleben zu lassen?
Hier habe ich für mich sehr verantwortungsvoll gelebt und den
Alltag sicher so gut wie nie bewältigt.
Die
ewige Studentin? Dann die großen Prüfungen, einige Einser,
einige Fluchten.
„Die
Verantwortung kann aber auch auf einem selbst gewählten Idealals
einer nur individuell gültigen Norm beruhen. Allerdings ist auch
in diesem Fall der Anspruch an Wirkungen gegenüber anderen
Personen oder Institutionen gebunden. Denn nur unter Einbeziehung
der Mitwelt ergibt
der Begriff der Verantwortung einen Sinn.“
Für
mich gab es kaum eine Mitwelt. Dazu war ich zu einsam.
Die
Ideologien des Punks wurden bzw. werden von außen wie auch von
der Szene selbst kritisiert. Crass zum
Beispiel schrieben Lieder wie „White Punks on Hope“, in
dem Joe
Strummer von The
Clash Ausverkauf
und Verrat an seinen Prinzipien vorgeworfen wurde, sowie auch das
Lied „Punk is Dead“, das die gesamte Szene angriff.
Der Dead-Kennedys-Sänger Jello
Biafra beschuldigte
das Fanzine Maximumrocknroll des
„Punk-Fundamentalismus“, als dieses ablehnte, für Biafras
Label Alternative Tentacles Records zu werben, weil die Autoren
der Meinung waren, es sei kein Punk. Eine weitere Kritik kam von
den „Conservative Punks“, die der Ansicht sind, dass die
heutigen Punks nur noch Hippies mitIrokesenschnitt seien.
Diese werden jedoch aufgrund ihrer rechtskonservativen Einstellung
und ihrer parteipolitischen Aktivität in der Regel nicht als
Punks anerkannt (siehe Abschnitt „Punk
und Politik“).
Von
außerhalb wurde Punk u. a. von Jim
Goad kritisiert,
der in seinem Essay The
Underground is A Lie! behauptete,
dass viele Punks nur Heuchler seien.[34] Er
schreibt darin, dass viele sich benähmen, als seien sie arm,
während sie verschwiegen, dass sie aus der Mittelschicht
stammten. In Farts
from Underground[35] behauptet
er, durch Do
it yourself sei
niemals irgendetwas eigenes Neues produziert worden, und dass es
schlechter Qualität erlaube, als klasse dargestellt zu werden.
Des Weiteren behauptet er, dadurch, dass Punk so politisch und
propagandistisch geworden sei, sei die Punk-Subkultur langweiliger
als der Mainstream geworden
und auch, dass Punk mittlerweile veralteter und zurückgebliebener
sei als der Mainstream, gegen den er sich richte. Manche
kritisieren DIY auch als eine Form, die nur denen möglich ist,
die auch das Geld dafür haben, da es Menschen mit wenig Geld gar
nicht möglich sei, ein eigenes Label hochzuziehen, oder die Zeit
dafür zu finden, sich ihre eigenen Klamotten zu machen.
In
ihrem Buch The
Rebel Sell: Why the Culture Can’t Be Jammed behaupten Joseph
Heath und
Andrew Potter, die Politik der Gegenkulturen sei gescheitert und
das Verständnis des Punk von Gesellschaft fehlerhaft. Alternative
und Mainstream-Lebensstile hätten dieselben Werte, das
kapitalistische System suche nicht die Konformität, stattdessen
trieben die aus sozialen Unterschieden resultierenden Kräfte und
der stetige Konkurrenzkampf den Markt an.[36]
Weitere
Kritik kommt von der feministischen Bewegung Aristasia.
So behauptet die Gruppe, dass Punk nichts anderes mache, als den
Leichnam des Establishments zu treten, da dieses schon seit 1965
nicht mehr existiere. Sie bezeichnen es als „Die Doktrin des
Pappkameradenfeindes“ und behaupten, je mehr die Punks gegen den
Status Quo rebellierten, desto mehr würden sie ein Teil davon. In
einem Interview mit einem Fanzine sagte
deren Medienbeauftragte Marianne Martindale, wenn man sich selbst
als nichtkonform bezeichne, ordne man sich selbst in eine soziale
Norm ein.[37] Die
Aristasianer erklären, dass diese Theorie auch auf andere
Jugendkulturen übertragbar sei, wie zum
Beispiel Hip-Hop, Gothic oder Black
Metal.
Die
Tatsache, daß ich keine Orientierung innerhalb eines
Freundeskreises, einer Familie, oder anderen Gruppe hatte, machte
mich immerwieder zu einem „Lonley Rider!“.
Woher
das kam, dieses sich zwar an einem Mann binden, aber diesem gar
nicht zu Vertrauen, weiß ich nicht. Ich hatte damals dann einen
netten Freund und eine gute äußere Schale, aber im Innersten
trig ich ja das Geheimnis meiner Flucht und meiner Scheinrealität
in mir. Ich wußte ich kann gar nicht so eine Fassade aufrecht
erhalten. Es erschien mir auch langweilig mich den Gegenheiten
anzupassen und ich hatte angst. Aber warum ging ich dann wieder
ans Theater nach Österreich?
Und
dann die Teilnahme am Opernwettbewerb. „ Der Ring“. Was für
eine Herausforderung. Ich war stolz auf mich und flog wieder ganz
optimistisch der Realität davon.
Als
ich dann in München landetet und wieder versuchte den Alltag in
den Griff zu bekommen, sehr viel jobbt und sehr viel studierte,
neben einem Leben in der High Society, war irgendwie ein Traum
wahr geworden. Doch es folgt ein Alptraum. Eine nicht
lebensfähiges Embryo, ein Mann, der nict zu mir hielt. Einen Job
am Opernhaus Köln, der mir durch die Finger rann und wieder eine
große Depression, ohne Medikament und ohne Begleitung. War ich
dafür verantwortlich? Für solche Tragödien? Immer noch hatte
ich die Last der Schulden und des Bankrotts im Nacken.
„In
jedem Fall setzt die Zuschreibung von Verantwortung die Annahme
einer Handlungsfreiheitund
eines wirksamen Einflusses des Handelnden auf das
Handlungsergebnis voraus.“
Also,
wie habe ich gehandelt. Ich bin geflohen, vor der Regelung meiner
Schulden. Ich bin geflohen vor der Suche nach einem fixem Job und
einer eigenen Existenz. Immer auf der Suche nach dem richtigen
Mann und Partner. Was hat damals Liebe und Pratnerschaft für mich
bedeutet? Und was bedeutet es heute für mich. Gestern schlief ich
mit dem Gedanke ein, ich brauche einen Mann mit genug Einkommen,
mich zu ernähren. Einen fixen Job für meine eigene Sicherheit,
mein Selbstverständnis und meine eigen Rente und eine Sicherheit
für meine Töchter sorgen zu können. Auerdem natürlich eine
Vision, einen Traum, eines Lebens das ich mir für mich und meine
Kinder wünschen würde.
Ob
und in welchem Maß eine solche Selbstbestimmung gegeben ist, ist
umstritten und wird in der Philosophie
des Geistes kritisch
diskutiert. Indem Verantwortung Rechtfertigung herausfordert, ist
sie an das Vorbringen von Begründungen und
die Vernunft der
Beteiligten gebunden.Durch ihre Orientierung an Normen und
Wertungen ist Verantwortung auch ein ethisches Thema.
Hierin habe ich meine Situation zu definieren. Ich fühle mich wie
eine Henne welche hin und her rennt, um genug Futter für ihre
Küken zu finden. So empfinde ich mich eher als Opfer von Zufällen
und Ereignissen um mich herum, auf welche ich nicht mit genug
Aufmerksamkeit reagiert habe. So z. B. Die Feindschaft, welche zu
meinen Schwägerinnen entsanden ist. Dieser Neid, diese Wut, daß
ich mich in ihrem Geburtshaus begwegt habe, als wenn es mein
eigens wäre. Sie wollten das nicht akzeptieren. Und ich habe gar
nicht eingesehen, warum ich an einem Ort leben sollte, ohne mich
mit diesem gänzlich zu identifizieren und mit diesem zu
verschmelzen. Ich hoffe sie vermissen mich auch, meine tollen
Einladungen und schönen Dinners. Ich hoffe sie vermissen all die
Begegnungen und Menschen, wleche sie durch mich kennengelernt
haben. Ich fühle mich nun eher wie jemand der geächtet wird und
aus dem Haus geworfen. Ich habe keine guten Gefühle mehr nach
Immendorf. Ich fühle mich nicht Wohl, in Niederösterreich und
habe gar kein Interesse dort noch viel zu investieren.
Etwas
Schutz habe ich in Wullersdorf gefunden. Aber es ist eine
gefährliche Situation, voll mit Zugeständnissen. Und hier wieder
die Frage nach der Deliktvermeidung und der Lösung von Problemen,
ohne davonzulaufen und wie ich lernen kann, mich der Realität zu
stellen.
„Wenn
einer Person die Verantwortung für eine bestimmte Aufgabe oder
dauerhafte Aufgabenstellung zugewiesen ist, dann wird von
Verantwortlichkeit gesprochen.“
Das
bedeutet, ich muss lernen es als Aufgabe zu betrachten, mit meiner
Krankheit und dem Fluchtbedürfnis vor der Realität zu leben.
Außerdem muss ich mir kleine Ziele setzen und Aufgaben
definieren, welche ich bewältigen kann. Also, z.B. einen Platz
auf dem Arbeitsmarkt zu finden, der mit meinen
Kinderbetreuungszeiten zusammenpasst. Eine Existenzsicherung zu
realisieren und die Schwierigkeiten und Probleme zu definieren, um
Lösungen zu finden.
So
wollte ich das z.B. mit Jo jetzt tun. Er hat sich dem aber gar
nicht gestellt. Sondern macht einfach Ferien ud sucht keine
Lösungen. Ich soll so funktionieren, wie er sich das wünscht und
vorstellt. Ich wollte aber einmal ein Bild finden, für eine
gemeinsame Zukunft und eine echte Partnerschaft, welche eben auch
das zusammen leben und arbeiten beinhaltet und nicht nur das
träumen und Zärtlichkeiten austauschen. Was uns aber natürlich
auch viel gibt, an Geborgenheit und Stillung der
Einsamkeitsgefühle.
„Während
die Grundrelation des Konzepts der Verantwortung – jemand ist
verantwortlich für etwas vor jemandem – wenig umstritten ist,
besteht über die Ausgestaltung der einzelnen Dimensionen des
Begriffs eine Vielzahl von Meinungen.
Je
nach Anwendungsbereich (etwa in Politik, Ökonomie, Recht,
Psychologie) wird dem Begriff ein besonderer Inhalt zugewiesen.“
wie man sieht geht es bei mir in erster Linie um die Liebe und das
Leben einer guten Partnerschaft, sowie meine Neigung dann auch dem
partner, der Liebe selber, bzw. dem Schicksal die Schuld zu geben.
Dies gilt sowohl für den Umfang der Zuständigkeit als auch für
die Gültigkeit der Normen, aufgrund deren Verantwortung
zugeschrieben wird. Welche Normen ich habe und welche Regeln und
Gesetze mir wichtig sind, das war ebenfalls immer ein Thema für
mich. Ich wäre grenzenlos und verrückt, sagen andere gerne. Ich
hätte keine Moral und ich wäre ein Mensch ohne Prinzipien. Ich
sehe das nicht so. Irgendwann habe ich begonnen Prinzipien zu
definieren und aufzustellen. So z.B. klare Tagesabläufe und
Rythmen. Das einhalten von Vorhaben, Verabredungen und Zusagen.
Wocbei ich in finanziellen Angelegenheiten kaum Wege finde. Z.B
Zahlungsversprechungen einzuhalten. Machtlos fühle ich mich oft,
weil ich einfach nicht in der Lage bin, Geld zu verdienen.
„Der
Begriff ‚Verantwortung‘ erweist sich als eine mindestens
dreistellige Relation, die Verantwortungssubjekt,
Verantwortungsbereich und
Verantwortungsinstanz verknüpft.
Nun haben sich alle drei − Instanz, Bereich und Subjekt − in
der Geschichte der neuzeitlichen Säkularisierung entscheidend
verändert: An die Stelle Gottes als Verantwortungsinstanz tritt
die Gesamtheit aller vernünftigen Wesen in Gegenwart und Zukunft
und ggf. auch die außermenschliche Natur, der
Verantwortungsbereich wird um die Menge aller neuen Technologien
erweitert, zumal jene, bei denen eine grundsätzliche
Nichtvorhersehbarkeit ihrer Folgen dem Menschen bewußt ist, was
eng mit der grundsätzlichen Veränderung des
Verantwortungssubjekts zusammenhängt, das ganz offenkundig sowohl
seine Begrenzung auf das Individuum als auch seine Einschränkung
auf jene Handlungen, für die es selbst in bewußtem Sinne
steuernd verantwortlich war, aufgeben muß.“[7]
Etymologie
Das
Wort Verantwortung ist
eine Substantivbildung aus dem Verb verantworten.
Das Verb bedeutet zunächst allgemeinantworten,
dann im Besonderen vor
Gericht antworten, eine Frage beantworten und
schließlich für
etwas einstehen, etwas vertreten.
Im reflexiven Sinn
hat es im letzten Fall die Bedeutung sich
rechtfertigen.
Seinen
spezifischen Charakter hat das Verb ver-antworten durch
eine Derivation erhalten,
wobei das Präfix ver... eine
eigene etymologische Geschichte hat.
Das
Wort verantworten ist
im 12. Jahrhundert und das Substantiv Verantwortungerst
im 15. Jahrhundert nachzuweisen.
Das
Verb verantworten entstammt
dem mittelhochdeutsch verantwürten mit
der ursprünglichen Bedeutung sich
als Angeklagter vor Gericht verteidigen. Sein
Vorkommen wird als Übersetzung des
lateinischen respondere „antworten,
Antwort geben“ aus der römischen
Rechtssprache gesehen,
das unmittelbar Eingang in das Englische (responsibility)
gefunden hat.
Zum Begriff der Verantwortung
In
der Antike und
im Mittelalter wurden
Fragen der Verantwortlichkeit unter den
Begriffen Schuld und Zurechnung(Imputation)
behandelt. Die erste Monographie zur
Verantwortung verfasste 1884 der Franzose Lucien
Lévy-Bruhl: L'idee
de responsabilité.
Eine Bedeutung in der philosophisch-moralischen Diskussion
erlangte der Begriff erst im 20. Jahrhundert, und zu einem
ethischen Schlüsselbegriff wurde er nach dem Zweiten
Weltkrieg.
Verantwortung
ist ein Begriff der Möglichkeit. Notwendigkeit ist unabweisbar,
Unmöglichkeit nicht erfüllbar. Unabweisbares und Unmögliches
sind der menschlichen Entscheidung entzogen und damit nicht
Gegenstand der Verantwortung. Verantwortung kann eine
zukunftsorientierte oder eine vergangenheitsorientierte Bedeutung
haben. Prospektiv ist die Verpflichtung, einen bestimmten
Handlungserfolg herzustellen oder die Anforderungen an eine
bestimmte Aufgabe oderRolle einzulösen,
wie z. B. die Neutralität eines
Schiedsrichters im Sport oder der Lernerfolg des Schülers durch
einen Lehrer.
Also,
muss ich folglich eine Aufgabe definieren, für die ich bereit bin
Verantwortung zu übernehmen. Da fällt mit sofort meine
Mutterrolle ein und auch die Tochterrolle und natürlich die der
Liebenden, sowie die einer Autorin. Wobei ich oft angst habe, was
mein Schreiben für Folgen mit sich bringen könnte.
Die
Rolle der Schuldnerin, oder derjenigen die zahlen muss, übernehme
ich ungerne. Lieber ist es ich hätte jemanden, der meine
Rechnungen zahlt und der für mein Einkommen sorgt. Die
Identifikation der Rolle einer Ehefrau trage ich nicht ganz, weil
ich mir die sexuelle Freiheit herausnehme, tun und lassen zu
dürfen, was mir mein Körper sagt, wenn ich dazu Lust habe. Aber
die Rollenteilung, für den Haushalt da zu sein, zu kochen und für
ein schönes zu Hause zu sorgen, die übernehme ich gerne. Mit dem
Wunsche auch noch freiberuflich tätig sein zu können. Sport
treiben zu dürfen und mich in der Gesellschaft sehen alssen zu
können, und im Kulturleben aktiv teilnehmen zu dürfen. Wichtig
sit mir also ein Ernährer. Und das war schon immer so. Das die
Gesellschaft von mir eine eigene Existenzsicherung fordert finde
ich zwar modern, aber nicht den Möglichkeiten entsprechend, wenn
es keine Arbeit gibt. Mir selber Arbeit zu erfinden, bedeute für
mich, mich dem Risiko der Selbstausbeutung und des Bankrotts
auszusetzen, dafür kann ich eigentlich und darf ich auch keine
Verantwortung übernhmen, außer daß ich es einfach lasse und
aufpasse nicht handlunsgaktiv als Unternehmerin zu sein.
Das
wäre ein Fazit und ergebnis, eine Konsequenz, welche ich aus
meinen bsiherigen Erfahrungen tragen sollte.
„Der
Verantwortliche entwickelt ein Verantwortungsgefühl und übernimmt
die Verantwortung für
eine absehbare Zukunft.“
Das
bedeutet, wenn ich einen Plan mache, wie ich aus meinen Miseren
herauskommen könnte. Ich brauche einen guten Job und dann einen
Plan meine Auslagen zu zahlen. Ich muss mich wöchentlich mit den
Ausgaben und Einnahmen beschäftigen, sparen und nicht träumen.
Ich sollte unbedingt Konsequenzen ziehen und meinen Willen
stärken, keine Belastungen auf mich zu nehmen. Das wären Ziele,
für die ich Verantwortung übernehmen kann.
„Retrospektiv
wird festgestellt, wer für das Ergebnis einer Handlung
verantwortlich ist.“
Wie
kommt es zu den aktuellen Mehrausgaben, und zusätzlichen
Schulden. Wie kann ich das vermeiden und in Zukunft abbauen? Wo
finde ich Hilfe und Unterstützung?
Der
Erfinder erhält einen Anspruch auf ein Patent, Verstöße gegen
Normen können bestraft werden. Retrospektiv kann man jemanden nur
zur Verantwortung ziehen, wenn er bereits vor dem zu
verantwortenden Ereignis, also prospektiv, in der Verantwortung
gestanden hat.
Hier
wurde ich immer gefragt, ob ich beim zusatndekommen einer Rechnung
in der Lage gewesen wäre diese zu bezahlen. Das ist etwas für
das ich nie geradestehen kann, weil ich immer rückwirkend
finanzieren muss, was zu zahlen ist und mich kaum vorwärtsbewegen
kann. Wenn immer zuwenig da ist und man immer von der Hand in den
Mund , bzw. von Augenblick zu Augenblick lebt, dann kann man nie
zahlen, daß heißt man darf nie Rechnungen produzieren. Aber es
gibt Rechnungen, die passieren einfach, wie Unfälle. Bin ich
dafür verantwortlich? Ich bin wohl dafür verantwortlich eben
kein Geld und keine Arbeit zu haben, sagen einzelne Bekannte.
Meine Mutter denkt ich wäre arbeitsscheu. Ich bin nur scheu, wenn
mir nichts bleibt. Und ich habe zuletzt bei Bionx die Erfahrung
gemacht, daß ich nichteinmal genug zu essen hatte, um den
Arbeisttag zu überstehen. Geschweige denn meine Fahrkarten zu
bezahlen, um zur Arbeit zu fahren.
Zukunft
und Vergangenheit nur zwei Seiten derselben Frage, wie der
Mensch richtig handeln sollte. Verantwortung ist somit eine
Grundkategorie der praktischen Philosophie, weil sie bei jeder
Form des Handelns in Betracht zu ziehen ist und die Lebenspraxis
in den Fokus stellt. Auch die Lebenserfahrung
Verantwortung
ist das tragende Netzwerk menschlicher Praxis, denn wenn das
Gute im
Handeln in Frage gestellt ist, ist auch die Verantwortung in Frage
gestellt. Wenn jemand grundsätzlich ablehnt, Wertmaßstäbe für
sich gelten zu lassen, wird er auch ebenso die Zurechnung von
Verantwortung nicht akzeptieren. Nach Karl-Otto
Apel ist
Verantwortung eine soziale Institution zur
Kompensation von Gleichgewichtsstörungen.
Die
Kategorie der Verantwortung dient der Regulierung sozialer
Verhaltensweisen und damit der Verbesserung des gemeinsamen
Lebens.
Verantwortung
kann durch gesellschaftliche Forderungen, wie Gesetze,
religiöse Gebote oder
moralische Normen auferlegt sein. Verantwortung kann aber auch
freiwillig entstehen, indem jemand eine Aufgabe übernimmt, z.B.
ehrenamtlich tätig wird. Sachliche Verantwortung freiwilliger
Natur entsteht auch durch die Einhaltung von Versprechen,
seien diese mündlich gegeben, durch einen Vertrag, durch
Bürgschaften o.ä. Hierin eingeschlossen ist die (soziale)
Verantwortung gegenüber unverschuldet in Notlagen geratene
Menschen. Auch im Fall einer Selbstverpflichtung ist
es üblich, dass sich der Betreffende für die Erfüllung der
übernommenen Aufgabe rechtfertigen muss. In jedem Fall dient ihm
sein Gewissen als
Instanz der Rechtfertigung, wobei die Normen, denen das Gewissen
folgt und deren Entstehung auf verschiedene Weise erklärt werden
können. Die Fähigkeit, sich zu rechtfertigen, setzt Sprache
voraus. So wird die Kategorie der
Verantwortung zu einem anthropologischen Merkmal des Menschens: Er
ist ein „verantwortungsfähiges Wesen.“
Verantwortung
istdialogisch und
setzt einen Weltbezug voraus. „Die volle Erfahrung der
Verantwortung fordert also die beiden Grundbeziehungen:
Verantwortung für sein eigenes Handeln und Verantwortung für die
Welt konkret zu vereinigen. Ja, in dieser konkreten Vereinigung
besteht die eigentliche Praxis der Verantwortung.“
Verantwortung
kann bei einzelnen Personen, Personengruppen − zum Beispiel beim
Löschzug der Feuerwehr − oder einer Gesellschaft in ihrer
Gesamtheit liegen. Verantwortung kann eingeschränkt sein, wenn
Handlungen aufgrund von Anweisungen erfolgen. Für die übertragene
Verantwortung bleibt jedoch eine Mitverantwortung bestehen, die
sich auch auf das Gelingen einer geteilten ganzheitlichen
Verantwortung erstreckt. Ein Träger von Verantwortung muss in der
Lage sein, das Konzept der Verantwortung zu verstehen und sich ihm
zu unterwerfen. Der Träger muss die Anforderungen an seine
Verantwortung kennen, beherrschen und die Handlungsfolgen
beurteilen können. Er benötigt Erfahrung und Kompetenz.
Ich
dachte immer, die habe ich. In meinem Fall ist mir alles aus den
Händen gerutscht.
Es
hat damit begonnen, daß ich meit einem Ehevertrag geheiratet habe
und gra nicht von meinen Kümmernissen und Sorgen gesprochen habe.
Außermdem habe ich die Liebe nicht getestet, sondern mich einfach
nur von einer schlechten Lage in eine noch schlechtere befördert.
Als wir dann verheiratet waren, hab ich zwar veruscht eine gute
Ehe zu Leben, bin aber schnell an meine Grenzen gestoßen. Das
begann damit, da ich gar nicht in der Lage war den Alltag zu
finanzieren. Wie immer, wie meistens, wie schon so oft, in meinem
Leben. Und ich habe nichts gefordert, um nicht gebeten, einfach
nur überlegt, was ich slebst tun könnte, um mich aus diese
mißlichen Lage zu befreien. Wieder eine Flucht in Träume und
Visionen. Liegt da meine Schuld. Nuun habe ich viel gesühnt und
immer noch keinen Ausweg gefunden. Wieder stehe ich da, ohne genug
Kleingeld für das tägliche Brot. Keine Möglichkeit mit zu
bewegen, kein Auto, kein Geld für Benzin oder Diesel und lauter
Situationen, die unlösbar scheinen, wenn ich mich nicht wieder in
alet Strukturen und Abhängigkeiten bringen möchte.
Die
Misere unseres Hofes, der tod von 500 Schweine, der Bankrott der
Biogasanlage, das Auftreten von Viktoria. All diese Moment waren
zuviel für mich, um noch an das gestüt zu glauben. Es waren zu
häßliche Momente der Niederlage und der Mißerfolge und dann
noch die Krankheitsdiagnose Parkinson. Ich war restlos
überfordert. Schuld?
Jedefalls
bin ich nicht bereit gewesen füt all das Verantwortung zu tragen.
Gab es ja auch kein Polster in meiner Ehe für die Liebe und das
Vertrauen und den Willen zusammenzuhalten mehr. Dann diese
täglichen Auftritte meines Exmannes, mit seiner neuen Flamme und
meine Kinder, in all dem Chaos. Ich habe das nicht ertragen und
gar keinen Willen mehr gehabt das zu ertragen.
Ich
bin auch nict bereit für das Geschick meines Exmannes
Verantwortung zu tragen. Ich glaube eher an schlechte Dinge in der
geschichte diese Familie, die zurückschalgen wie ein Bummerang.
Ich glaube an den Teufel, der hier mit am Werke ist und fühle
mich ohnmächtig. Im Moment habe ich auch eher das Bedürfniss auf
sehr viel Distanz und Abstand.
Und
eine große Sehnsucht auf ein eigenes und neues Glück sehr weit
weg.
____________
Im
Fall von Institutionen,
die in modernen Gesellschaften zunehmend an Bedeutung gewinnen,
nehmen diese die sie repräsentierenden Personen
und Gremien kooperativ wahr.
Der sachliche Bereich der Verantwortung erstreckt sich auf das,
was der Träger beeinflussen kann, was auch das Handeln anderer
Personen einschließt, die dem Einfluss des Trägers unterliegen.
Der Träger hat gegenüber dem Objekt Macht, die auf Strukturen
oder einer freiwilligen Übertragung beruhen kann, wie zum
Beispiel der Kapitän einer Fähre. Die Macht kann sich auch in
Sorge und Fürsorge wie bei Eltern eines Kindes ausdrücken.
Die
Art und der Grad der Verantwortung ist durch die Vielzahl der
unterschiedlichen gesellschaftlichen Rollen und Tätigkeitsfelder
bestimmt. Entsprechend ist der Begriff der Verantwortung jeweils
in Hinblick auf die konkrete Konstellation zu
füllen. Es wird beurteilt, wie jemand seine Verantwortung
wahrnimmt. Die Rede von „Verantwortung wahrnehmen“ enthält
zwei Bedeutungsaspekte: Zum einen muss jemand erkennen, wie und in
welchem Umfang ihm Verantwortung zukommt. Zum anderen muss er
entsprechend seiner Einsicht, seiner Wahrnehmung, auch handeln, um
seine Verantwortung wahrzunehmen.
Georg
Picht verweist
darauf, dass der Begriff der Verantwortung einen Überschuss
gegenüber dem der Haftung hat.
Haftung bedeutet, dass man für seine Pflicht auch gezwungener
Maßen in Regress genommen
werden kann. Wenn hingegen jemand eine Verantwortung für eine
Person oder eine Aufgabe hat, ist seine Pflicht
zur Fürsorge unabgegrenzt
und umfassend. Insofern kann Verantwortung nicht auf eine
juristische Ebene beschränkt werden. Der Begriff enthält auch
immer eine moralische Konnotation.
Wer
Verantwortung trägt, kann sich nicht alleine auf formale
Vorschriften berufen, er muss auch den Geist der Aufgabe erfassen
und erfüllen. In diesem Sinn erstreckt sich Verantwortung auch
auf Haltungen und Einstellungen.Während die Pflicht auf einen
einseitigen Anspruch, eine hierarchische Beziehung, begrenzt ist,
beruht Verantwortung auf einer Einstellung, die Gegenseitigkeit
beinhaltet.
Verantwortung
bedarf des Einverständnisses des Trägers, diese zu übernehmen.
Wenn reiner Zwang besteht, kann man nur von Pflicht reden.
Allerdings besteht zwischen der Instanz der Rechtfertigung und dem
Träger der Verantwortung eine Asymmetrie dahingehend,
dass die Instanz nicht infrage gestellt ist. Der
Verantwortliche ist der Instanz, ob gezwungen oder freiwillig,
möglicherweise auf „Gedeih und Verderb“ unterworfen.
Bei Kurt
Bayertz findet
sich der Hinweis, dass es aus Sicht des Opfers bei Verletzung der
Verantwortung in Hinblick auf die Folgen unerheblich ist, ob das
Handlungsergebnis mit Absicht herbeigeführt wurde. Die Folgen
sind unabhängig von derMotivation.
Für das handelnde Subjekt und die Frage der schuldhaften
Verursachung, also auch bezogen auf die Bewertung der
Verantwortung durch das Opfer, stellt sich das nach Bayertz ganz
anders dar. „Wird die innere Verfassung des Handlungssubjekts in
die Betrachtung einbezogen, so kann sich ein Verantwortungskonzept
ausbilden, für das kausale Urheberschaft zwar eine notwendige,
nicht aber hinreichende Bedingung der Verantwortung ist.“[29] Es
sind tragische Fälle
denkbar, in denen jemand sich bemüht, seiner Verantwortung
nachzukommen, aber an den Umständen scheitert. Klassische Fälle
sind die Folgen von Naturkatastrophen.
Mit
dem Begriff der Verantwortung sind die beiden
Adjektive verantwortlich und verantwortungsvoll verbunden.
Beide haben ein leicht voneinander abweichendes Bedeutungsfeld.
Verantwortlich hat einen stärker kausalen Charakter, in dem das
Verursachen und die daraus folgende Haftung besonders betont sind.
Zudem kann man den Begriff auch auf Sachverhalte beziehen, wie
etwa ein Erdbeben für einstürzende Gebäude oder ein Virus für
die Ausbreitung einer Epidemie als
verantwortlich bezeichnet werden können.[30] Verantwortliches
Handeln beinhaltet Umsicht und Überlegung. Dabei bemüht sich der
Verantwortliche um sachgerechtes Handeln, in dem die Interessen
und Bedürfnisse der Beteiligten angemessen berücksichtigt
werden.[31] Der
Ausdruck verantwortungsvoll enthält
hingegen das Element des Höherwertigen oder eines besonderen
Schwierigkeitsgrades einer Verantwortung, die übertragen wird,
oder eine Würdigung einer besonderenAchtsamkeit,
mit der eine Verantwortung wahrgenommen wurde. Der Träger einer
verantwortungsvollen Aufgabe benötigt besondere Kompetenzen zu
ihrer Erfüllung. Verantwortungsvoll ist eine Aufgabe auch, wenn
sich bei einer Nichterfüllung besonders schwerwiegende negative
Handlungsfolgen ergeben. In solchen Fällen kann jemand, der eine
Verantwortung trägt, dies auch als Bürde empfinden.[32]
Der
Begriff der Schuld deckt
nur einen Teil des Begriffsfeldes von Verantwortung ab. Zum einen
ist er rein retrospektiv auf bereits eingetretene
Handlungsergebnisse bezogen. Zum anderen setzt er einen
feststellbaren Verstoß gegen bestehende Normen voraus, die
einzuhalten jemand die Verantwortung hatte. Schuld tritt erst ein,
wenn jemand seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist, obwohl er
anders hätte handeln können. Dann kann die Rechtfertigung des
Handelns nicht mehr gelingen. Juristisch wird zusätzlich noch
ein fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln
gefordert, damit der Tatbestand der Schuld zutrifft. Im
moralischen Sinn wird ein Verstoß
als verantwortungslos bezeichnet,
wenn jemand sich um seine Verantwortung nicht angemessen gekümmert
hat. Damit ist dann häufig eine Abwertung der Person verbunden.
Noch stärker ist der Vorwurf des unverantwortlichen Handelns, der
einen bewussten Verstoß, zumindest ein bewusstes In-Kauf-Nehmen
der Handlungsfolgen, und einen erheblichen Schaden
beinhaltet. Hans
Jonas spricht
von einem „Akt positiven Leichtsinns“.[33]
Als Verantwortungsdiffusion wird
ein Zustand bezeichnet, bei dem die Zuordnung der
Verantwortlichkeit auf einen Verantwortungsträger vermieden wird,
indem alle dafür in Frage kommenden Personen der Verantwortung
ausweichen. Das aus der Physik entlehnte Wort Diffusion deutet
an, dass dieses Vermeiden wiederum nicht gesteuert erfolgt,
sondern inselbstähnlicher Weise
ungeregelt ist.
Arten der Verantwortung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
(1)
|
(2)
|
(3)
|
|
---|---|---|---|
(A) Wer
|
Individuum
|
Korporation
|
Gesellschaft
|
verantwortet
|
|||
(B) Was
|
Handlung
|
Produkt
|
Unterlassung
|
(C) Wofür
|
Folgen voraussehbar
|
Folgen unvoraussehbar
|
Fern- und Spätfolgen
|
(D) Weswegen
|
moralische Regeln
|
gesellschaftliche Werte
|
staatliche Gesetze
|
(E) Wovor
|
Gewissen
|
Urteil anderer
|
Gericht
|
(F) Wann
|
vorher: prospektiv
|
momentan
|
nachher: retrospektiv
|
(G) Wie
|
aktiv
|
virtuell
|
passiv
|
Je
nach Anwendungsbereich sind von verschiedenen Autoren
Strukturmerkmale entworfen worden, die einer tieferen
Begriffsanalyse dienen. So gliedert Wilhelm
Weischedel in
soziale, religiöse sowie Selbstverantwortung.[35]Bei Pavel
Baran findet
sich die Unterteilung in „die Beziehung des Menschen zur
Gesellschaft, zur Natur und zu sich selbst.“[36] Der
bekannte Jurist H.L.A.
Hart klassifizierte[37] nach
- kausale Verantwortung in Hinblick auf die Verursachung
- Rollenverantwortung in Hinblick auf die Aufgabe
- Fähigkeitenverantwortung in Hinblick auf die Erfüllbarkeit
- Haftungsverantwortung, die von der Verursachung abweichen kann.
In
diesen drei Strukturvorschlägen wird moralische Verantwortung
nicht unmittelbar benannt. Bei Baran und Weischedel ist sie
allerdings implizit enthalten. Innerhalb der Rollenverantwortung
gibt es beispielsweise die Führungsverantwortung, die
Fürsorgeverantwortung oder die Verantwortung, die sich aus
dem Berufsethos eines
bestimmten Standes (Ärzte, Wissenschaftler) ergibt. Die
Feststellung der kausalen Verantwortung ist nicht normativ,
sondern beruht auf empirischen Erkenntnissen. Ihre Relation ist
zweistellig und besteht zwischen Träger und Objekt der
Verantwortung.[38]
Karl
Jaspers ist
auch außerhalb der philosophischen Kreise bekannt geworden durch
eine frühe Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Einzelnen
für die Verbrechen des Nationalsozialismus in dem Essay "Die
Schuldfrage" (1946).[39] Hierzu
diskutierte er
- die kriminelle Schuld, die aufgrund objektiv nachweisbarer Gesetzesverstöße entsteht, vor Gericht entschieden wird und eine formale Strafe zur Folge hat,
- die politische Schuld, die durch Handlungen einzelner Staatsbürger und die Mitverantwortung, wie er regiert wird, erzeugt wird und der Gewalt und dem Urteil des politischen Siegers unterliegt, der die Handelnden in Haftung nimmt,
- die moralische Schuld aus Handlungen, die über die rechtliche Situation hinausgehen und die vor dem eigenen Gewissen zu rechtfertigen sind und zu Einsicht, Buße und Erneuerung führen muss, sowie die
- die metaphysische Schuld, die ein Mangel an Solidarität der Menschen mit den Menschen ist, also auf der Mitverantwortung für alles Unrecht und alle Ungerechtigkeit in der Welt beruht und schon beim Wegsehen entsteht und deren Rechtfertigungsinstanz allein Gott ist, dem man nur mit Aufgabe des eigenen Stolzes und mit Demut begegnen kann.
Jaspers
kam zu dem Ergebnis, dass es eine Kollektivschuld nicht
geben kann und dass man außer im Fall der juristischen Schuld
nicht von Schuld im eigentlichen Sinn sprechen kann. Vielmehr
entsteht eine Verantwortlichkeit aus der Tiefe des eigenen
Gewissens. Diese Verantwortlichkeit kann aber nicht abgegolten
werden und verjährt nicht. Deshalb kann man auch ein ganzes Volk
für die Folgen seines kollektiven Handelns politisch haftbar
machen. Für die moralische Verantwortung muss man sich jedoch auf
den Einzelnen beziehen.
Eine
andere Ebene beschreibt Otfried
Höffe mit
der Gliederung in Aufgaben-, Rechenschafts- und
Haftungsverantwortung, die sich stärker am Prozess
verantwortlichen Handelns orientiert.[40] Apel
differenziert nach einem „Mikrobereich (Familie, Ehe,
Nachbarschaft), einem Mesobereich (Ebene der nationalen Politik)
und einem Makrobereich (Schicksal der Menschheit).“
Einen
neuen, in der Systemtheorie begründeten
Aspekt stellt Walter
L. Bühl in
den Vordergrund mit der Forderung, die individuelle, kollektive
und kooperative Verantwortung so zu ergänzen, dass auch denen
Verantwortung zugeschrieben wird, die für das Design von
Systemen und die Entstehung von Schnittstellen (Bifurkation)
zuständig sind.
In
Hinblick auf das Handeln im Rahmen von Institutionen, z.B. bei den
von Technikern gemeinschaftlich erstellten Produkten, verwies Hans
Lenk darauf,
dass hier nur eine gemeinschaftlich zu tragende Mitverantwortung
für Kollektivhandlungen gegeben ist, die von der Einwirkungs- und
Mitwirkungsmacht abhängt. Diese unterteilte er in
- Verantwortung institutionellen Handelns (Veranlassungs- oder Führungs- und Befehlsverantwortung)
- Vorsorgeverantwortung
- generelle Fürsorgehandlungsverantwortung
- aktive Verhinderungsverantwortung (Präventivverantwortung)
- negative Kausalhandlungsverantwortung (Vermeidung von Unterlassungen)
Realisiert
werden kann dies z. B. durch die Umstellung von Sanktionen
auf Prävention und durch prospektive Vorwegnahme möglicher
Risiken statt retrospektiver Zuschreibung von Schadenfolgen durch
sog. Soft-Law-Regelungen (etwa Mediation,
Selbstverpflichtung oder auch Monitoring bei
befristeten Genehmigungen) zur Responsibilisierung systemischer
Prozesse, wobei eine Personalisierung der Entscheidungsprozesse
die Zurechenbarkeit von Entscheidungen weiterhin sicherstellen
sollte.[44]
Verantwortung und Freiheit des Willens
Im
traditionellen Verständnis[45] setzt
Verantwortung unabdingbar Handlungsfreiheit voraus. Dies
entspricht der Auffassung, dass der Akteur aufgrund einer
Entscheidung tatsächlich auch anders hätte handeln
können.[46] Der
Verantwortliche wird als jemand betrachtet,
der autonom seiner sittlichen Vernunft
folgend eine willkürliche Entscheidung treffen und auch durch
eine Handlung verwirklichen kann, obwohl er auch anders hätte
handeln können. Eine freie Handlung erfolgt hiernach ohne Zwang
und ist nicht zufällig. Freiheit ist in dieser Sicht die
Bedingung der Möglichkeit der Selbstbestimmung des
Menschen.[47] „Willensfreiheit
ist mithin eine zum Sprachspiel verantwortlicher
Urheberschaft gehörende Präsupposition des
Tun- und Lassenkönnen, die die Zurechnung von Verantwortung erst
ermöglicht.“[48] Deshalb
ist Verantwortung im ersten Schritt ein Anspruch an sich selbst
und für sich selbst. Der Einzelne ist sowohl Gegenstand seiner
eigenen Verantwortung als auch die Autorität,
vor der er sich verantworten muss. Der Maßstab ist sein Gewissen,
in dem alle natürlichen und sozialen Normen gebündelt
sind.[49] Indem
jemand die äußeren Normen der Gesellschaft und die von ihm als
vernünftig eingesehenen Gründe verinnerlicht, fühlt er die
Verantwortung und seine Verstöße gegen seine so gewonnenen
Maßstäbe als „innere Stimme“. Diese persönlichen Normen
waren bis zur Aufklärung vorrangig
christlich geprägt und haben seit Beginn der Neuzeit einen
immer stärkeren Bezug zur Vernunft und zu Vernunftgründen, die
in der angenommenen Autonomie des Subjektes liegen. „In der
Verantwortung gründet die Einheit der Vernunft in allen ihren
endlichen Gestalten. Weil der Mensch das Wesen ist, dem sich
Aufgaben stellen, ist menschliches Dasein immer
im Horizont erkannter Wirkungsbereiche möglich.“[50]
Durch
die Annahme der Handlungsfreiheit als Voraussetzung des Konzeptes
der Verantwortung wird dieses Gegenstand der Diskussion über
einen freien
Willen in
der Philosophie
des Geistes.
Das traditionelle Verständnis eines sich selbst bestimmenden
Ichs, das weitgehend auch mit dem Alltagsverständnis und der
üblichen Sicht im Strafrecht übereinstimmt, wird
als Libertarismus[51] bezeichnet.
Im Bereich der Philosophie gilt diese Auffassung als
Minderheitsposition. Bekannte Vertreter sind etwa Immanuel
Kant,[52] Roderick
Chisholm, Peter
van Inwagen, Robert
Kane und
in Deutschland Geert
Keil.
Geht jemand hingegen davon aus, dass die Welt vollständig kausal
bestimmt ist (strikter Determinismus),
kann er auch niemandem Verantwortung zuschreiben, denn dieser
hätte ja gar nicht anders handeln können. Diese eher seltene
Auffassung wird etwa von Galen
Strawson,[53] Ted
Honderich[54] oder Derk
Pereboom[55] vertreten.[56] Wesentlich
verbreiteter ist die Position, dass zwar die physische Welt
deterministisch ist, aber dennoch Willensfreiheit besteht
(Kompatibilismus).
Zu dieser Grundauffassung gibt es reine Reihe von Spielarten. So
gehen etwa Daniel
Dennett[57] oderHarry
Frankfurt[58] davon
aus, dass die jeweilige Handlungsfreiheit nicht auf alternativen
Handlungsmöglichkeiten beruht. Die Entscheidung des
Verantwortlichen ist durch seine persönliche Geschichte und die
bestehenden Bedingungen fest vorgegeben, aber er muss aufgrund
unvollständiger Information im jeweiligen Moment entscheiden.
Dennett vertritt zusätzlich die These, dass moralische
Bewertungen und damit die Zuweisung von Verantwortung ihren
Ursprung in der biologischen und kulturellen Evolution haben. Eine
ähnliche Position, die sie als
„Semi-Kompatibilismus“[59] bezeichnen,
vertreten John
Martin Fischer und
Mark Ravizza, indem sie zwar den freien Willen bestreiten, aber
das Institut der Verantwortung bejahen, weil hierdurch maßgeblich
Einfluss auf das Verhalten (nicht die Entscheidungen) des Menschen
genommen werden kann.[60] Neutraler
positionierte sich Peter
Strawson,
der es nicht für notwendig hielt, die Frage des Determinismus zu
entscheiden, weil die Annahme der Willensfreiheit und die
Zuschreibung von Verantwortung unausweichlich Teil der
menschlichen Lebenspraxis ist.[61] Julian
Nida-Rümelin knüpft
hieran unmittelbar an: „Wir als normale menschliche Wesen,
eingebettet in soziale Zusammenhänge, können gar nicht anders,
als Verantwortlichkeit und Freiheit in dem Umfang vorauszusetzen,
wie es für die von uns allen geteilten moralischen Empfindungen
und Einstellungen (Strawson spricht hier von reactive
attitudes)
erforderlich ist. Unsere lebensweltlichen interpersonalen
Beziehungen lassen keinen Spielraum für theoretische
Überzeugungen, die diese Einstellungen als unbegründet
erscheinen lassen würden.“[62]Anders
hält z. B. Michael
Pauen[63] wie
vor ihm schon Moritz
Schlick[64] oder David
Hume[65] eine
deterministische Welt und die Existenz echter
Handlungsalternativen für vereinbar. Konsens besteht ganz
überwiegend darüber, dass viele als Handlungen ausgezeichnete
Aktivitäten des Menschen durch seine Geschichte, die
gesellschaftlichen Gegebenheiten, aber auch körperliche und
psychologische Reaktionen auf unbewusste Sachverhalte (etwa
hormonelle Zustände oder unbewusste Wahrnehmungen) verursacht
sind. Es gibt Kognitionswissenschaftler wie
die Hirnforscher Gerhard
Roth undWolf
Singer oder
den Psychologen Wolfgang
Prinz,
die die Schuldfähigkeit und damit das Strafrecht überhaupt
in Frage stellen.[66] Die
wissenschaftstheoretischen Prämissen dieser naturalistischen
Auffassung sind umstritten.[67] Insbesondere
wird in diesen Stellungnahmen die Erste-Person-Perspektive nicht
ausreichend betrachtet. Zumindest aber ist die
Entscheidungsfreiheit des Menschen durch äußere Bedingungen sehr
stark eingeschränkt und es bedarf einer bewussten Reflexion und
Persönlichkeitsbildung, um zu einer willentlichen Entscheidung zu
kommen (nicht-klassischer Kompatibilismus, Peter
Bieri, Ansgar
Beckermann[68]).
Zusätzlich gibt es die Auffassung, dass physische Welt und
geistige Welt zwei unabhängige Ebenen darstellen, die zwar
aufeinander abgestimmt sind, aber nicht voneinander abhängen
(Dualismus).
Diese von Descartes ausdrücklich
formulierte Vorstellung findet in der Moderne immer weniger
Anhänger.
Zurechnung von Verantwortung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine
moralische Person[69] ist
ein Subjekt, „dessen Handlungen einer Zurechnung fähig
sind.“[70] Verantwortung
kann man jemandem zuschreiben, wenn er das Handlungsergebnis
(kausal)
verursacht hat. Es ist nicht die Handlung, sondern das
Handlungsergebnis, das auf die Verantwortlichkeit
zurückverweist.[71] Wenn
jemand Auto fährt, kommt es darauf an, dass er keinen Unfall
verursacht. Die Rechenschaft wird gefordert, wenn jemand die von
ihm verantwortete Aufgabe nicht erfüllt hat oder nur durch Glück,
z.B. trotz zu schnellen Fahrens, einem Verstoß gegen bestehende
Normen entgangen ist. Ein Lehrer ist nicht auf seine Methoden
festgelegt, sondern wird am Lernerfolg der Schüler gemessen,
wobei der Erfolg wiederum von der Bereitschaft und den Fähigkeiten
der Schüler und sonstigen Rahmenbedingungen abhängt.
Voraussetzung ist, dass der Verstoß gegen eine Norm oder das
Verfehlen einer Aufgabenstellung vom Handelnden selbst oder einem
Dritten, der eine Rechtfertigung fordert, auch erkannt wird. Das
Ausmaß der Verantwortung einer Person kann hierbei bezogen auf
die Art der Beziehung des Akteurs zu einem Geschehen abgestuft
erfasst werden[72] für
alle Effekte:
- mit denen sie irgendwie in Verbindung gebracht werden kann (Assoziation)
- die sie verursacht hat
- die sie verursacht hat und vorhersehen konnte
- die sie absichtlich herbeigeführt hat
- die sie absichtlich herbeigeführt hat und die nicht zu rechtfertigen sind.
Die
tatsächliche Zurechnung des Ergebnisses einer Handlung oder
Unterlassung erfolgt in der Praxis auf den konkreten Fall bezogen
unterschiedlich und in Abhängigkeit von der Person, ihren
Fähigkeiten, ihrer persönlichen Sozialisation und Geschichte,
einerseits sowie von der Situation andererseits.[73] Dabei
wird auch berücksichtigt, inwieweit jemand fahrlässiggehandelt
hat. Ein Akteur gilt als zurechnungsfähig, wenn er handlungsfähig
ist, d. h. aufgrund seiner individuellen Bedingungen und der
äußeren Umstände nicht eingeschränkt ist. Andernfalls ist er
mehr oder weniger unzurechnungsfähig. Dies gilt auch für
allgemeine Lebensregeln wie „Unwissenheit schützt vor Strafe
nicht“ oder „Eltern haften für ihre Kinder“. Wenn jemand
die Folgen einer Handlung bei angemessener Sorgfalt hätte absehen
oder verhindern können, so kann ihm zumeist Nichtwissen oder
fehlende Absicht nicht als Exculpation dienen.
Anders verhält es sich bei Personen, deren persönliche
Bedingungen nicht den üblichen Anforderungen an eine frei
entscheidende und handlungsfähige Person entsprechen. Solche
Einschränkungen gelten beispielsweise für Kinder, Demente,
geistig Behinderte oder psychisch Kranke, aber auch für Personen,
die ohne eigenes Zutun in einen besonderen Erregungszustand
geraten sind und im Affekthandeln.
Dabei kann die Zurechnung aus der Perspektive des Handelnden und
aus der Beobachterperspektive durchaus unterschiedlich ausfallen
(„Ich kann nichts dafür“ versus „Du hast
Schuld“).[74] Einfluss
auf die Urteile hat auch die Frage, ob der Handelnde und der
Beobachtete resp. der Verantwortung Fordernde dem gleichen
Normensystem folgen.
Einer
Person werden Handlungen dritter Personen zugerechnet, wenn sie
aus einer bestimmten Rolle heraus deren Handeln entscheidend
beeinflussen können. Klassische Fälle sind Eltern und Kinder
(Fürsorgeverantwortung) sowie Vorgesetzte und Mitarbeiter
(Führungsverantwortung). Haben in diesen Fällen Handlungen
negative Folgen, fällt die Verantwortung den direkt Handelnden
nicht oder nur teilweise zu. Der Verantwortliche (die Eltern, der
Vorgesetzte) muss geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen,
dass die gestellte Aufgabe erfüllt wird und kein Schaden durch
die oder bei den ihm Anbefohlenen eintritt. Andernfalls trifft ihn
ein Organisationsverschulden.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, inwieweit Mitarbeiter
durch die Anweisungen des Vorgesetzten von einer Verantwortung
befreit sind. Der klassische Fall, in dem dies nicht gegeben ist,
sind Anweisungen zu Verbrechen. Eindringlich diskutiert das Hannah
Arendt im
Fall vonAdolf
Eichmann.
Eine moderne Variante hierzu ist die Frage nach dem Recht
des Whistleblowers,
wenn er ungenehmigt brisante Informationen veröffentlicht.
Auf
ein besonderes Problem der Zurechnung moralischer Verantwortung
haben Thomas
Nagel[75] und Bernard
Williams[76]unter
dem Stichwort „Moral Luck“ hingewiesen.[77] Beide
diskutieren die Tatsache, dass Verursachung und Handlungsabsicht
in der moralischen Bewertung nicht gleich ausfallen. Schießt
jemand auf einen Menschen in mörderischer Absicht, so wird die
Tat anders bewertet, wenn sie erfolgreich war als der Fall, dass
das Opfer zufällig stolperte und der Schuss fehlging. Das
Handlungsergebnis ist unterschiedlich. Im Strafrecht hat dies
unmittelbare Konsequenzen auf das Strafmaß. Die unterschiedliche
Bewertung von gleichartigen Handlungen aufgrund der Tatsache, dass
der Zufall einen Einfluss auf das Handlungsergebnis hatte, ist
umstritten.[78] Bei
der Bewertung spielt insbesondere eine Rolle, ob man
einerGesinnungsethik folgt,
bei der primär die Handlungsabsicht moralisch zu bewerten ist,
oder ob man im Sinne einerVerantwortungs- oder
insbesondere im Sinne einer Erfolgsethik vorrangig
auf das Handlungsergebnis abstellt.
Kollektive Verantwortung
Selbstwert
|
|
Unter Selbstwert (auch: Selbstwertgefühl, Selbstwertschätzung, Selbstachtung, Selbstvertrauen,
oder unpräziser:Selbstbewusstsein, Eigenwert,
umgangssprachlich auch Ego)
versteht die Psychologie die Bewertung,
die man von sich selbst hat. Das kann sich auf
die Persönlichkeit und
die Fähigkeiten des Individuums,
die Erinnerungen an die Vergangenheit und das Ich-Empfinden
oder auf das Selbstempfinden beziehen.
Äußere
Faktoren können das Selbstvertrauen prägen, wenn bei
bestimmten Anforderungen hinreichend objektive Gründe gegeben
sind, wie zum Beispiel Methodenkompetenz,
ausreichende Kenntnisse oder Erfahrungen,
wiederholte Tätigkeiten in ähnlichen Situationen oder
Ähnliches.
Selbstwert
ist darüber hinaus auch eine politisch-moralische Kategorie,
die beispielsweise die Gewissheit begründet, in einer
bestimmten Situation „im Recht“ zu sein, bzw. ein
zustehendes Recht wahrzunehmen, einzufordern oder zu
erstreiten.
Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Selbstwertgefühl resultiert
aus dem Vergleich der vermeintlichen subjektiven Fähigkeiten
mit den Anforderungen, mit denen sich die Persönlichkeit
konfrontiert sieht. Es lässt sich an ganz konkreten und
zunehmend verallgemeinerten Anforderungssituationen bestimmen,
zum Beispiel auch in psychologischen
Tests.
Ein hohes Selbstvertrauen gegenüber
Anforderungen zeigt sich, wenn vorausschauend eingeschätzt
wird, dass diese Situation gut gemeistert werden kann.
Der
Grad des Selbstvertrauens hängt meist von der
unterschiedlichen Befähigung für bestimmte Tätigkeiten ab
und ist zeitlichen Änderungen (etwa durch Emotionen oder
Müdigkeit) unterworfen.
Personen
können situativ oder ständig ein inadäquates Selbstvertrauen
haben, indem sie ihre Leistungsmöglichkeiten über-
oder unterschätzen. Derartige Fehleinschätzungen entstehen
auf der Grundlage individueller
Besonderheiten, Einstellungenund
anderer Eigenschaften.
Ein zu
hohes Selbstwertgefühl
muss jedoch keineswegs günstig sein und kann sich
zu Überheblichkeit entwickeln,
was bei anderen Antipathie hervorruft.
Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die
Basis für einen sicheren Umgang mit sich und der Umwelt hängt
eng mit dem Selbstvertrauen und dem Selbstwertgefühl zusammen.
Die Selbstsicherheit bildet sich im Laufe der
kindlichen Entwicklung aus:
- über das Erzielen von Wirkungen – insbesondere von jenen, die beim Kind zu angenehmen, positiv erlebtenGefühlen führen;
- dem Identifizieren mit wichtigen Bezugspersonen, die selbst die nötige Selbstsicherheit haben und auf das Kind positiv reagieren;
- in der späteren Entwicklung durch eine Balance zwischen erlebter Freiheit und der Verbundenheit zu Bezugspersonen.
Sechs Säulen des Selbstwertgefühls[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Neben
den im Laufe der Entwicklung wichtigen Faktoren zu einem
gesunden Selbstwertgefühl, nennt der PsychologeNathaniel
Branden die
folgenden Bedingungen, die „die sechs Säulen des
Selbstwertgefühls“ bilden:
- Bewusstes Leben
- Selbstannahme
- Eigenverantwortliches Leben
- Selbstsicheres Behaupten der eigenen Person
- Zielgerichtetes Leben
- Persönliche Integrität
Authentische
Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl sind nach der Meinung
Brandens in einem positiven Ansatz weitgehend abgekoppelt von
der Rückmeldung eines Gegenübers.
Studien zum Zusammenhang mit dem restlichen Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Empirische
Studien legen nahe, dass der Einfluss des Selbstwertgefühls
auf die übrigen Lebensbereiche geringer sei als allgemein
vermutet: Die schulischen Leistungen, das Aussehen, die
Beliebtheit bei anderen, die Konfliktfähigkeit und die
Selbstbehauptung gegenüber den Gemeinheiten anderer würden
nicht mit dem Selbstwertgefühl korrelieren. Es wurde auch kein
Zusammenhang zwischen dem Selbstwertgefühl von 9- bis
13-Jährigen und ihrem späteren Alkoholkonsum im Alter von 15
Jahren festgestellt.
Dagegen
zeigte sich, dass Menschen mit hohem Selbstwertgefühl
kontaktfreudiger und glücklicher als andere Menschen sind.
Auch neigen Kinder mit hohem Selbstwertgefühl eher zum
Herumkommandieren als andere.[1]
Arbeitslosigkeit und Selbstwert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Langzeitarbeitslose,
vor allem jene, die vorher in jahrelangem, festem
Arbeitsverhältnis standen, tendieren dazu, ihr durch ihren
Beruf definiertes Selbstverständnis in Frage zu stellen. In
der Regel tritt nach sechsmonatiger bis einjähriger
Arbeitslosigkeit ein Gefühl der Nutzlosigkeit auf, das in
manchen Fällen zur Entfremdung von der Familie und/oder
anderensozialen
Milieus führen
kann, bis hin zur Selbstaufgabe und zum Suizid.
Es besteht anscheinend, gemäß Jeremy
RifkinsDas
Ende der Arbeit (Seiten
156 ff.), ein deutlicher Zusammenhang zwischen anwachsender
Arbeitslosigkeit und der Zunahme
von Depressionen und psychotischen Erkrankungen.
Hier wird berichtet, dass der Soziologe und Psychologe Thomas
T. Cottle, der die psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit über
fünfzehn Jahre hinweg untersuchte, bei Langzeitarbeitslosen in
Amerika, die durch die US-Regierung als „entmutigt“
eingestuft wurden, pathologische Symptome feststellte, die
denen Sterbender ähnelten.
Ein
anderer Erklärungsansatz findet sich im Manifest
der Glücklichen Arbeitslosen:
„Wenn der Arbeitslose unglücklich ist, dann liegt das auch
daran, daß der einzige gesellschaftliche Wert, den er kennt,
die Arbeit ist. Er hat nichts mehr zu tun, er langweilt sich,
er hat keine Kontakte mehr, da ja die Arbeit oft auch einzige
Kontaktmöglichkeit ist, das gleiche gilt übrigens auch für
Rentner. Der Grund dieser existentiellen Misere ist natürlich
die Arbeit und nicht die Arbeitslosigkeit.“[2]
Organisatoren
von Motivationsseminaren scheinen die Bedeutung von
Langzeitarbeitslosigkeit als potenzielle Einnahmequelle erkannt
zu haben. Mit teilweise dubiosen Praktiken versuchen sie, das
Selbstwertgefühl gedemütigter Langzeitarbeitsloser zu
steigern. Die Effektivität solcher „Motivationsseminare“
bleibt – trotz teilweiser Förderung durch
Arbeitsämter – jedoch fraglich. Ohnehin entbehrt
jeglicher wissenschaftlichen Grundlage, dass eine Steigerung
des Selbstwertgefühls unmittelbar Einsetzbarkeit und Erfolg
auf dem Arbeitsmarkt steigerte. Vielmehr scheint es eher ein
Versuch zu sein, die Eigenverantwortung des Einzelnen für sein
Schicksal ins Gewissen zu rufen, anstatt externe Faktoren für
Arbeitslosigkeit heranzuziehen, wie zum
Beispiel Rationalisierung, Outsourcing oder
Automatisierung.
Psychologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der
Selbstwert ist auch ein Konzept in der
wissenschaftlichen Psychologie,
insbesondere in der Persönlichkeits-
und der Differentiellen Psychologie,
aber auch innerhalb der Sozialpsychologie.
Begriffsklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In
der psychologischen Forschung beschreibt der Selbstwert eine
der drei Komponenten des Selbst.
Selbstwert oder synonym die Selbstwertschätzung entspricht
der affektiven Komponente.
Hierbei handelt es sich um die Bewertung des Bildes von der
eigenen Person. Die kognitive Komponente
ist das Selbstkonzept,
also das Bild, das Personen von sich selbst haben. Unter
der konativen oder
handlungsbezogenen Komponente können Begriffe
wie Selbstwirksamkeitserwartung
oder Selbstdarstellung subsumiert
werden. Der Begriff Selbstwertschätzung entspricht am ehesten
dem englischen Begriff „self-esteem“ und umfasst positive
wie auch negative Bewertungen der eigenen Person. Der Begriff
Selbstwertgefühl hingegen ist weniger angemessen, weil es sich
dabei nicht um ein Gefühl oder eine Emotion im engeren Sinne
handelt.
Theoretische Einbettung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Menschen
gelangen über drei verschiedene Quellen zu selbstbezogener
Information. Mittels Selbstbeobachtung kann
aktuelles Verhalten und Erleben zu früheren Ereignissen in
Beziehung gesetzt werden und sich so eine positive oder eher
negative Selbsteinschätzung herauskristallisieren. Je nachdem,
wie der soziale Vergleich mit anderen Personen ausfällt,
erleben sich Personen unterschiedlich. Rückmeldungen stellen
die dritte Quelle selbstbezogenen Wissens dar. Die Beurteilung
dieses Wissens wirkt sich wiederum auf die Selbstwertschätzung
aus. Unter „Selbstwertquellen“ hingegen versteht man
Bereiche des Lebens, aus denen man seinen Selbstwert zieht.
Vergängliche Selbstwertquellen wie zum Beispiel Schönheit
sind insofern problematisch, als sie mit dem Älterwerden zu
Schwankungen oder gar Einbrüchen im Selbstwert führen.
Zur
psychoanalytischen Theorie siehe auch: Selbstobjekt
Erfassungsmethoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Selbstwertschätzung
wird am häufigsten mit Selbstbeschreibungsfragebögen erfasst.
Als ein eindimensionales Verfahren ist die Rosenberg
Self-Esteem Skale (Rosenberg,
1965)[3] zu
nennen. Sie ist die international am weitesten verbreitete
Skala, die mit zehn Items sehr
ökonomisch die globale Selbstwertschätzung ermittelt.
Selbstwerttheorien gehen zusätzlich davon aus, dass
Selbstwertschätzung hierarchisch strukturiert ist, sich also
unter der globalen Selbstwertschätzung mehrere Facetten des
Selbstwerts wie Leistungsselbstwert oder sozialer Selbstwert
gliedern. Mehrdimensionale Selbstwertskalen wie die Feelings of
Inadequacy Scale (FIS, Janis & Field, 1959)[4] oder
die Multidimensionale
Selbstwertskala (MSWS,
Schütz & Sellin, 2006)[5] tragen
dieser hierarchischen Struktur Rechnung.
Entwicklung von Selbstwertschätzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine
2002 veröffentlichte Studie meint, dass eine
gewisse genetische Komponente
die Ausprägung des Selbstwerts beeinflusst.[6] Andere
– z. B. der Psychologische
Psychotherapeut Rolf
Merkle –
sind der Auffassung bzw. Überzeugung, dass Selbstvertrauen
ausschließlich erlernt ist.[7] Weitläufige
Meinungen, dass Frauen im Durchschnitt einen geringeren
Selbstwert hätten als Männer, wurden in einer Studie aus dem
Jahr 2011 nicht bestätigt.[8] Des
Weiteren konnte im Verlauf des Lebens ein Anstieg des
Selbstwertgefühls festgestellt werden, bis es in einem Alter
von ungefähr 60 Jahren seinen Höhepunkt erreicht. Der
Rückgang des Selbstwertgefühls im Alter wird auf
Veränderungen im sozio-ökonomischen Status und der
allgemeinen Gesundheit zurückgeführt.[9]
Die
Selbsteinschätzungen von Kleinkindern basieren noch auf
Bewertungen wie „gut“ oder „schlecht“. Im Verlauf der
kindlichen Entwicklung gewinnt der soziale Vergleich mehr an
Einfluss, so dass insbesondere bei Übergängen in neue
Lebensphasen (zum Beispiel Einschulung) die Selbstwertschätzung
Umbrüchen unterliegt. Die Pubertät ist
durch die Suche nach Identität und
häufig durch Selbstzweifel gekennzeichnet.
Insbesondere bei Mädchen ist ein Absinken des Selbstwerts zu
verzeichnen, da die vorherrschenden Schönheitsideale meist
entgegen ihrer pubertären Entwicklung stehen. Obwohl häufig
davon ausgegangen wird, dass
sich Persönlichkeitseigenschaften im
Erwachsenenalter nicht mehr verändern, stellten Studien fest,
dass die Selbstwertschätzung in dieser Lebensphase durchaus
beeinflusst wird, besonders durch familiäre und berufliche
Erfolge oder Misserfolge.
Aktuelle Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Neben
Untersuchungen zum expliziten Selbstwert, den meist
Selbstbeschreibungsfragebögen ermitteln sollen, versucht ein
Teil der psychologischen Forschung heute, die implizite
Selbstwertschätzung zu erfassen.[10] Sie
ist definiert als die spontane, nicht bewusste Bewertung der
eigenen Person. Indirekte Verfahren wie beispielsweise
der implizite
Assoziationstest (IAT;
Greenwald, McGhee & Schwartz, 1998) sollen anhand von
Reaktionszeiten auf diese Form der Selbstwertschätzung
schließen lassen. Hervorzuheben ist, dass explizite und
implizite Selbstwertschätzung in „Selbstwertdiskrepanzen“
auseinanderklaffen können. Weiterhin werden in aktueller
Forschung Mechanismen der Selbstwerterhöhung untersucht. Ein
Beispiel für einen solchen Mechanismus ist
die Selbst-Stereotypisierung,
wenn Annahmen und Wissen über eine positiv bewertete Gruppe,
der man selbst angehört, auf die eigene Person übertragen
werden.[11]
Pathologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Karen
Horney nahm
1939 erstmals eine genaue Unterscheidung zwischen gesundem
Selbstbewusstsein und pathologischem Narzissmus vor.[12] Sowohl
eine zu niedrige als auch überhöhte Selbstwertschätzung
könnten zu Problemen führen.[13]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Nathaniel Branden: Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls, Piper Verlag München Zürich 1995, Taschenbuchausgabe: 2006, ISBN 978-3-492-24386-5.
- Roy F. Baumeister, Jennifer D. Campbell, Joachim I. Krueger und Kathleen D. Vohs: Does High Self-Esteem Cause Better Performance, Interpersonal Success, Happiness, or Healthier Lifestyles?. In: Psychological Science in the Public Interest, Band 4, Nummer 1, May 2003, S. 1–44 (PDF)
- Matthew Mc Kay et al.: Selbstachtung – Das Herz einer gesunden Persönlichkeit, Junfermann Verlag Paderborn, 2. Auflage 2007, ISBN 3-87387-557-8.
- Rolf Merkle: So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen: Ein praktischer Ratgeber zur Überwindung von Minderwertigkeitsgefühlen und Selbstzweifeln. Pal Verlag 2001.
- Jannis Plastargias: Bodybuilding zur Stärkung des jugendlichen Selbstwertgefühls. Kubayamashi-Do Studien- und Fachbuchverlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-9808375-9-0 (zugleich Diplomarbeit, Pädagogische Hochschule Karlsruhe 2004).
- Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit (und ihre Zukunft), 1995 Putnam, New York, 2004 Campus Verlag, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2005.
- Virginia Satir: Kommunikation – Selbstwert – Kongruenz, Junfermann Verlag Paderborn, 7. Auflage 2004, ISBN 3-87387-018-5.
- Helga Schachinger, Das Selbst, die Selbsterkenntnis und das Gefühl für den eigenen Wert. 2005, ISBN 3-456-84188-4.
- Astrid Schütz: Je selbstsicherer, desto besser? Licht und Schatten positiver Selbstbewertung. Beltz, Weinheim 2005,ISBN 3-621-27532-0.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Audiofeature Erklärung des psychologischen Schlüsselbegriffes, auf hr2 Wissenswert, abgerufen am 30. Dezember 2009
In
modernen komplexen Gesellschaften gibt es eine Vielzahl von mehr
oder weniger formalen Gruppierungen, die alsInstitutionen am
gesellschaftlichen Leben teilnehmen und auf dieses Einfluss haben.
Hierzu zählen der Staat, Verbände, Vereine, Kirchen,
Unternehmen, wissenschaftliche Institute, Parteien und diverse
Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie eine
unüberschaubare Zahl anderer Nicht-Regierungs-Organisationen.
WER (Handlungssubjekt)
|
INDIVIDUUM
|
KORPORATION
|
---|---|---|
WAS (Handlung)
|
Einzelhandlungen
|
Handlungszusammenhänge
|
WOFÜR
(Handlungsfolgen) |
kausal zurechenbare
direkte Handlungs- folgen |
synergistische und kumula-
tive Effekte Handlungs- produkte |
WEM gegenüber
|
Von Handlungen und Handlungsfolgen
Betroffene
|
|
WOVOR
(Verantwortungsinstanz) |
Gewissen, Auftraggeber,
Öffentlichkeit |
Korporative Selbstver-
pflichtungen, Öffentlichkeit |
WESWEGEN
(Normen und Werte) |
Rollenverantwortung
vs.
Universalverantwortung |
Korporationsziele vs.
soziale bzw. Universal- verantwortung |
Innerhalb
solcher Organisationen handeln Menschen gemeinschaftlich oder
durch ein Leitungsgremium. Ein Problem der Zuschreibung von
Verantwortung bei solchen Gruppen ist, dass die kausale Beziehung
des Einzelnen zu einem Handlungsergebnis kaum feststellbar ist
oder dass der Einfluss des Einzelnen so gering ist, dass er
berechtigt ablehnt für die Handlungsfolgen eintreten zu müssen.
Leicht einsichtig wird das Problem bei der Verantwortung für
die Klimakatastrophe.
Ob der Einzelne weniger mit dem Auto fährt oder seltener Fleisch
isst, hat keinen unmittelbaren Einfluss auf das Klima. Nur wenn
die Gesamtheit der Menschen sich im Verhalten verändert, wird
auch ein Einfluss spürbar. Hierzu beitragen können politische
Lösungen. Also hält der Einzelne sich zurück und wartet, dass
die Politiker es schon richten werden. Der Einzelne folgt
dem Sankt-Florians-Prinzip und
entzieht sich seiner tatsächlich vorhandenen Verantwortung
(Verantwortungsdiffusion).
Unmittelbarer stellt sich die Frage bei den Wählern
der NSDAP nach
der Verantwortung für die katastrophalen Folgen. Hier wird auch
die Verantwortung durch Passivität sichtbar, die Karl Jaspers als
Schuld kennzeichnete. Praktische Probleme bei der Zurechnung von
Verantwortung bestehen auch bei Katastrophen wie
der Nuklearkatastrophe
von Fukushima,
der Katastrophe
von Bhopal oder
demUnglück
bei der Loveparade 2010.
Immer stellt sich die Frage, wessen Handeln ursächlich für das
Handlungsergebnis war. Welche Verantwortung trifft eine Bank, die
ein Unternehmen finanziert, das einen größeren Umweltschaden
verursacht? Normalerweise wird diese Frage verneint, es sei denn
der Bank waren spezielle Risiken bekannt. Gilt das Gleiche aber,
wenn Hersteller von Waffen finanziert werden? Ein Beispiel für
die Zurechnung und Übernahme von Verantwortung sind die
Entschädigungszahlungen deutscher Unternehmen an Opfer
der NS-Zwangsarbeit.[80]
Bei
der Analyse des Begriffs der kollektiven Verantwortung ist zu
unterscheiden zwischen kooperativer und korporativer
Verantwortung. Kooperative Verantwortung ist die Mitverantwortung
an einem gemeinsamen Werk oder einer gemeinsamen Aufgabe, die im
Wesentlichen auf den Einzelnen und seinen Einfluss auf das
Gesamtergebnis zurückzuführen ist. Bei korporativer
Verantwortung, also der Zuschreibung von Verantwortung zu einer
formalen Institution, eine nicht-natürliche, sondern juristische
Person gibt
es unterschiedliche Auffassungen.[81] Während
unter anderem Julian
Nida-Rümelin dafür
plädiert, dass auch in Korporationen die Verantwortung unter
Berücksichtigung seines Anteils und seinen Einflussmöglichkeiten
dem Einzelnen zuzurechnen ist,[82] hält
Matthias Maring unter der einschränkenden Bedingung
desSubsidiaritätsprinzips ein
Hierarchiemodell der Verantwortung für sinnvoll.[83] Dabei
unterscheidet er die Verantwortung aus Sicht der Individualethik,
der Sozialethik, der Institutionenethik und der
Korporationenethik, die jeweils mit inhaltlichen Ethikansätzen zu
verbinden sind. Nida-Rümelin schränkt seinen
Verantwortungsindividualismus insofern ein, als die
Individualinteressen in der Handlung hinter Gruppenpräferenzen
zurücktreten. Eine ähnliche Position vertritt Robert
Sugden.[84] Einen
reinen Verantwortungsindividualismus vertrat hingegen bereits 1948
in Hinblick auf den Nationalsozialismus H.D. Lewis.[85] Margaret
Gilbert gehört hingegen zu den Vertretern, die der Auffassung
sind, dass es eine genuine Kollektivschuld gibt.[86]
Im
rechtlichen Bereich werden juristische Personen unstrittig als
Handlungssubjekte – vertreten durch ihre Leitungsgremien -,
z. B. in Haftungsfragen, behandelt. Strafrechtliche
Verantwortung für Institutionen gibt es jedoch nicht. In der
ethisch-moralischen Sphäre ist die Diskussion so weit
fortgeschritten, dass auch Unternehmen als Einheit Verantwortung
zugeschrieben wird. Für diesen Diskurs haben sich die
Begriffe Corporate
Governance und Corporate
Social Responsibilityeingebürgert.
Das Prinzip
der relativen Gleichheit (Equity
principle)
(synonym:
Beitragsprinzip)
ist eine Gerechtigkeitsregel, die sich dem Bereich
der Verteilungsgerechtigkeit zuordnen
lässt. Nach dem Prinzip der relativen Gleichheit wird eine
interpersonelle Beziehung dann als ausgeglichen wahrgenommen, wenn
die Relation von Input (I) und Konsequenzen (K) zwischen zwei
Personen (Person A und B) gleich ist[1][2]:
IA/KA = IB/KB. Das Prinzip der relativen Gleichheit gewinnt vor
allem in leistungsorientierten Situationen an Bedeutung, wo es zur
Erhöhung der Leistungseffizienz durch Schaffung
individuellerAnreize beiträgt.
Neben dem Prinzip der relativen Gleichheit tragen auch andere
Faktoren zu der Entscheidung über die Belohnungsverteilung bei.
Der relative Anteil des Prinzips der relativen Gleichheit an der
Bestimmung der Belohnungsverteilung lässt sich quantifizieren[3].
Das
Prinzip der relativen Gleichheit lässt sich nicht nur auf den
Leistungsbereich anwenden sondern durchzieht alle Lebensbereiche.
Im Bereich der Partnerschaftsforschung ergibt
sich die Hypothese,
dass romantische Partner, die ihre Beziehung als ausgewogen
einschätzen, zufriedener und weniger ärgerlich sind als
Partner, die sich als überbelohnt oder benachteiligt wahrnehmen.
Aus dieser Hypothese ergibt sich eine interessante Folgerung:
Nicht die Person in einer romantischen Beziehung ist besonders
zufrieden, die die höchsten Belohnungen erhält, sondern die,
die ihre Partnerschaft als ausgewogen einschätzt. Das gilt aber
nur für partnerbezogene Beiträge wie "Einfühlsam
aufeinander Eingehen" und " Entgegenbringen von Wärme,
Geborgenheit und Achtung". Hingegen sind persönliche
Beiträge wie "Aufstiegschancen im Beruf" und "Bildung"
für die Ausgeglichenheit in Partnerschaften irrelevant[4].
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Hochspringen↑ Adams, J.S. (1965). Inequity in social exchange. In L. Berkowitz (Ed.), Advances in experimental social psychology (Vol. 2, pp. 267-299). New York: Academic Press.
- Hochspringen↑ Walster, E., Walster, G.W. & Berscheid, E. (1978). Equity: Theory and research. Boston: Allyn and Bacon.
- Hochspringen↑ Fisek, M.H. & Hysom, S.J. (2008). Status characteristics and reward expectations: A test of a theory of justice in two cultures. Social Science Research, 37, 769-786.
- Hochspringen↑ Rohmann, E. & Bierhoff, H.W. (2007). Skalen zur Erfassung der Equity in Partnerschaften (SEEP). Zeitschrift für Sozialpsychologie, 38, 217-231.
Bürgerverantwortung
Bürgerverantwortung
ist einerseits gekennzeichnet durch die Erfüllung von Pflichten
eines Staatsbürgers wie
das Wahrnehmen des Wahlrechts,
der aktiven Teilnahme an der politischen Willensbildung
(Unterstützung oder Mitgliedschaft in Parteien oder
Nicht-Regierungs-Organisationen) sowie die Übernahme von
gesellschaftlich erforderlichen Laienämtern wie dem eines
Wahlhelfers oder eines Schöffen.
Andererseits greift die Forderung nach einer
aktiven Bürgergesellschaft sowohl
aufseiten der Bürger als auch in der Politik zunehmend Platz.
Teilhabe am Gemeinwesen findet
dabei auf vielfältige Weise statt. „Das Projekt
der Zivilgesellschaft,
wie es sich von der Societas
civilis über
die bürgerliche
Gesellschaft bis
hin zur modernen Bürgergesellschaft entwickelt hat, beruht auf
mindestens drei Pfeilern der Verantwortung:
- Der Selbstverantwortung, die in der selbständigen Begründung von Handlungsregeln und der Einsicht in bestehende Handlungspflichten besteht;
- der Eigenverantwortung, die durch die eigenständige Erfüllung von Handlungszielen und eine autonome Lebensführung gekennzeichnet ist;
- der Mitverantwortung, die sich durch die Partizipation am Gemeinwesen und dem Engagement für das Gemeinwohlauszeichnet.“[87]
Die
zunehmende Bedeutung der Forderung nach einer verstärkten
Bürgergesellschaft hat ihren Niederschlag in der 1999
begründeten Enquete-Kommission
Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements[88] gefunden,
die 2002 ihren Bericht vorgelegt hat. Hierin heißt es:
- „Der Begriff der Bürgergesellschaft ist ideengeschichtlich mit dem Begriff der „guten politischen Ordnung“ verbunden. Die Idee der aktiven Bürgerschaft geht auf die antike Polis und auf die italienischen Stadtrepubliken der frühen Neuzeit zurück und bezeichnet bis heute den Status, der die mit gleichen Rechten und Pflichten ausgestatteten Mitglieder einer politischen Gemeinschaft auszeichnet. Demokratische Bürgerschaft ist gleichzeitig mit dem Anspruch aktiver Teilhabeverbunden, d.h. mit der Bereitschaft, sich informiert in die politische Willensbildung einzumischen, sich an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen sowie öffentliche Aufgaben und Ämter zu übernehmen. Da Demokratien zudem weitgehend auf Zwang verzichten wollen und können, wird bürgerschaftliches Engagement zur politischen Tugend, die die „gute Bürgerin“ bzw. den „guten Bürger“ auszeichnet. Es ist gleichzeitig der Gradmesser für die demokratische Qualität eines Gemeinwesens.
- Bürgergesellschaft ist die Vision einer politischen Gemeinschaft, in der nicht allein oder vorrangig der Staat und seine Institutionen für die Zukunft der politischen Gemeinschaft Verantwortung tragen. Bürgergesellschaft heißt, sich von der Vorstellung der Allzuständigkeit des Staates zu verabschieden, zuzulassen und zu fordern, dass Bürgerinnen und Bürger in größerem Maße für die Geschicke des Gemeinwesens Sorge tragen. Bürgergesellschaft ist eine Gesellschaft selbstbewusster und selbstverantwortlicher Bürger, eine Gesellschaft der Selbstermächtigung und Selbstorganisation.“[89]
Verantwortung und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Picht
vertritt die Auffassung, dass der Mensch sich in der Geschichte
als einer Möglichkeit der Natur überall dort verwirklicht, „wo
er seine Verantwortung erkennt und ihr gerecht wird.“[90] Dies
bedeutet nicht nur „Verantwortung für andere Menschen, sondern
notwendig auch Verantwortung für Sachen.“ Hierin schließt er
die Verantwortung für Tiere und die Umwelt bis hin zum Klima mit
ein. Denn: „der Mensch ist, insofern er Verantwortung trägt,
als ein Wesen bestimmt, das sein Selbstsein nicht in sich selbst,
sondern außer sich hat. Er hat sein Selbstsein durch die
Geschichte vermittelt in der Natur; er hat sein Selbstsein durch
die Natur vermittelt in der Geschichte.“ (328) Der Mensch muss
begreifen, dass er unausweichlich in die Natur eingebunden ist,
deren Geschichte Teil seiner eigenen Geschichte ist und dass er im
Rahmen seiner Möglichkeiten und Handlungen für die Geschichte
der Natur verantwortlich ist.
Vor
allem für Menschen mit einer exponierten Stellung in der
Gesellschaft – „Staatsmänner, Philosophen, Seher, Dichter“
– wird die Geschichte zur Autorität, die aufweist, ob und wie
sie ihre Verantwortung wahrgenommen haben. „Deshalb fungiert die
Geschichte zugleich als Gerichtshof.“ (329)
Picht
geht sogar soweit, zu behaupten, dass im Umkehrschluss aus der
Verantwortung für die Zukunft folgt, dass der Mensch auch
Verantwortung für seine geschichtliche Vergangenheit trägt. „In
dem Maße, in dem wir uns als unfähig erweisen, für die
Überlieferung der bisherigen Geschichte und für die Schuld der
bisherigen Geschichte selbst die Verantwortung bewußt zu tragen,
in demselben Maße sind wir unfähig, in unserer Gegenwart zu
begreifen, was unsere Verantwortung für die zukünftige
Geschichte von uns fordert.“ (331) In diesem Sinne ist die Rede
von der „Gnade
der späten Geburt“
für die Deutschen in Bezug auf ihre nationalsozialistische
Vergangenheit falsch. „Deutschland wird noch in hundert Jahren
an den Folgen des Nationalsozialismus leiden
müssen, und kein Protest gegen die Kollektivschuld vermag
etwas daran zu ändern, daß wir faktisch so existieren, als ob
wir haftbar wären.“ (330) Mit Anerkennung der Geschichte als
Instanz der Verantwortung folgt man der Maxime „Erhaltung der
Menschheit“. (332) Ganz in diesem Sinne formulierte Angela
Merkel,
als sie am 18. März 2008 als erste
ausländische Regierungschefin vor
der Knesset sprach:
„ich bin zutiefst davon überzeugt: Nur wenn Deutschland sich zu
seiner immerwährenden Verantwortung für die moralische
Katastrophe in derdeutschen
Geschichte bekennt,
können wir die Zukunft menschlich gestalten. Oder anders
gesagt: Menschlichkeit erwächst
aus der Verantwortung für die Vergangenheit.“[91]
Verantwortung für die Zukunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wie
bereits bei Georg Picht angedeutet, hat sich in den 1970er Jahren
eine neue Perspektive einer Verantwortung für die Zukunft
entwickelt. Wichtige Beiträge hierzu waren Karl-Otto
Apels „Das
Apriori der Kommunikationsgesellschaft“[92] (1973)
sowie vor allem Das
Prinzip Verantwortung von
Hans Jonas, die den Blick der Diskussion zur Verantwortung über
den Menschen oder die Ehrfurcht vor dem Leben an sich (Albert
Schweitzer)
hinaus auf die Natur allgemein und auf künftige Generationen
erweitert haben. Hier wird nun den Menschen als Kollektiv die
Verantwortung zur Vermeidung von Schäden aufgrund von
Großtechnologien und als Folge der Massengesellschaft zugewiesen.
Zur
Verantwortung für die Zukunft gehört vor allem auch das Abwägen
von Risiken und deren Bewertung durch Abschätzung der
Risikofolgen. Damit verbunden ist das Gebot, solche Handlungen zu
unterlassen, die eine existenzielle Gefährdung der Umwelt oder
künftiger Generationen nach sich ziehen könnten. Frühe Themen
der sich herausbildendenUmweltethik und
der Zukunftsethik waren
die Diskussion über die Kerntechnik oder
die Umweltverschmutzung.
In jüngerer Zeit sind Fragen der Bioethik und
der Gentechnik,
vor allem aber die bedrohliche Globale
Erwärmung als
Thema hinzugetreten.
Sphären der Verantwortung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit
Sphären der Verantwortung werden unterschiedliche Lebens- und
Sinnkonstellationen bezeichnet, die sich durch unterschiedliche
Maßstäbe in ihrem Anspruch an die Verantwortung
auszeichnen.[93] Insofern
ist Verantwortung ein Dachbegriff (umbrella
term)
zur Kennzeichnung der Familienähnlichkeit im
Sinne Ludwig
Wittgensteins von
verschiedenen sozialen Situationen.[94] Die
jeweiligen Sphären wie das Strafrecht,
die Religion, die Moral, die Politik oder die Ökonomiehaben
eigene Wertesysteme und
Verfahren der Sanktionierung ausgebildet,
um ihren individuellen Ansprüchen und Gegebenheiten Rechnung zu
tragen. Dabei kann es zumindest partiell zu Konflikten über die
Gewichtung und Bewertung der Verantwortung kommen. Je
unterschiedlicher die Ansprüche, um so komplexer und schwieriger
wird es für den Akteur, seiner Verantwortung in einer bestimmten
Situation gerecht zu werden. Ja selbst innerhalb einer Sphäre
kann es zu Konflikten kommen; so können sich unterschiedliche
Handlungsempfehlungen ergeben, je nachdem, ob
man utilitaristischenoder deontologischen Moralprinzipien
folgt.
Verantwortung in der Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Christlich-jüdische Religionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der
Mensch der christlich-jüdischen Religionen hat von Gott den
Auftrag erhalten, Gottes Schöpfung „zu bebauen und zu bewahren“
(1. Mose 2, 15) Zudem hat ihm der „Baum
der Erkenntnis des
Guten und des Bösen“ (1. Mose 2, 9) die Fähigkeit ermöglicht,
sein Handeln zu bewerten. Deshalb kann Gott vom Menschen
einfordern, dass er seine Gebote hält und der Mensch muss sich
vor Gott verantworten. Dieser ist die religiöse Instanz der
Rechtfertigung, der Mensch ist das für sein Handeln
verantwortliche Subjekt und der Gegenstand der Verantwortung ist
die ganze Welt als von Gott gegebenesTreugut.
Der Mensch muss darum stets bemüht sein, die Gebote Gottes zu
erkennen und nach ihnen zu leben, um seine Verantwortung vor Gott
zu erfüllen. Dies drückt sich in einem „gottgefälligen“
Umgang mit seinen Mitmenschen und seiner Umwelt aus.[95] Eine
grundlegende Orientierung hierzu bieten ihm die Zehn
Gebote,
die aufgrund ihrer Kürze und ihrer Allgemeingültigkeit den
historischen Wandel überstehen.[96] Hieraus
ergeben sich Sozialgebote wie etwa die Ehrfurcht vor dem Leben,
Bewahrung einer intakten Familie, die Achtung des Eigentums und
die Pflicht zur Wahrhaftigkeit. Aus diesen Prinzipien leitete Leo
Baeck die
Pflicht ab, jederzeit, vor allem aber in schwierigen
Lebenssituationen, die Verantwortung für den Mitmenschen zu
übernehmen.[97] Ähnlich
dient Martin
Buber der
Glaube als Leitlinie für die Verantwortung des Erziehers: „Nichts
anderes mehr als das Ebenbild
Gottes.
Das ist das undefinierbare, nur faktische Wohin des gegenwärtigen
Erziehers, der in der Verantwortung steht““[98]
Das
grundlegende Gebot des Neuen
Testaments ist
in der Bergpredigt dokumentiert
und fordert unmittelbar zurNächstenliebe,
zur Barmherzigkeit und
zur Gerechtigkeit auf. Christen müssen
sich vor dem Jüngsten
Gericht für
ihre Taten verantworten. „Wer mich verwirft und meine Worte
nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: das Wort, das ich
geredet habe, das wird ihn richten am letzten Tage.“ (Joh.
12,48). Dabei spielt die Frage des Glaubens eine wesentliche
Rolle. Der Ungläubige kommt erst gar nicht in die Lage der
Rechtfertigung, denn er kennt die Gebote Gottes nicht und ist
deshalb vom Urteil, aber auch der Gnade Gottes ausgeschlossen.
„Welche ohne Gesetz gesündigt haben, die werden auch ohne
Gesetz verloren gehen; und welche unter dem Gesetz gesündigt
haben, die werden durch das Gesetz verurteilt werden“ (Röm.
2,12).
In
der Neuzeit hat sich eine Christliche
Soziallehre herausgebildet,
die auch den Gedanken der Individualität und der
Eigenverantwortung des Menschen Rechnung trägt. „Der Mensch ist
sittliches Subjekt, weil er in freier Entscheidung selbstbestimmt
zu handeln und die Unterscheidung zwischen Gut und Böse zu
treffen vermag. Sein Tun und Lassen ist ihm zuzurechnen. Er trägt
dafür vor sich selbst, vor seinen Mitmenschen und vor Gott
Verantwortung.“[99] Dabei
werden auch der Umgang mit der Natur, die Wirtschaft und die
Wissenschaft mit in die Überlegungen einbezogen, so
etwa Papst Paul
VI.in
seiner: Enzyklika Populorum
progressio (Fortschritt
der Völker) aus dem Jahr 1967:. „Durch die zähe Anwendung
seiner Intelligenz und seiner Arbeit entreißt der Mensch Schritt
um Schritt der Natur ihre verborgenen Gesetze und macht sich ihre
Kräfte dienstbar. Indem er seine Lebensweise in Zucht nimmt,
entwickelt er in sich den Drang am Forschen und Erfinden, das Ja
zum berechneten Risiko, das Wagnis zu neuen und großzügigen
Unternehmungen und den Sinn für Verantwortung.“ (Nr. 25) „Jedes
Programm zur Steigerung der Produktion hat nur so weit
Berechtigung, als es dem Menschen dient. Es soll die
Ungleichheiten abtragen, Diskriminierungen beseitigen, den
Menschen aus Versklavungen befreien und ihn so fähig machen, in
eigener Verantwortung sein materielles Wohl, seinen sittlichen
Fortschritt, seine geistige Entfaltung in die Hand zu nehmen.“
(Nr. 34) Wolfgang
Huber vertritt
die Auffassung, dass die Sozialethik die reine Gesinnungsethik,
die nach seiner Meinung in der Bindung des autonomen Subjekts an
das Gewissen bei Kant betont wird, überwindet und zu einer
Verantwortungsethik kommt, in der die Handlungen und
Handlungsfolgen im Vordergrund stehen, sodass die Anforderungen an
die moderne technisch-wissenschaftliche Welt erst bewältigt
werden können.[100] Die
gemeinsame Mitverantwortung hat ihren Beleg in dem auch als
Trauspruch beliebten Vers: „Einer trage des anderen Last, so
werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Gal. 6,2). In einer
Denkschrift der evangelischen Kirche wird die Verantwortungsethik
unmittelbar aus demGleichnis
des barmherzigen Samariters abgeleitet:
„Die Wahrnehmung von Verantwortung im Sinne ihrer Übernahme
setzt ihre Wahrnehmung im Sinne ihres Erkennens voraus.
Beispielhaft lässt sich dieser Zusammenhang am Gleichnis Jesu vom
barmherzigen Samariter erkennen (Lk 10,25-37). Die Moral, die
Jesus aus der Beispielgeschichte zieht: “Gehe hin und tue
desgleichen!” (V.37), ist als Anleitung zu einer entsprechenden
Aufmerksamkeit und somit Schulung der ethischen
Wahrnehmungsfähigkeit zu verstehen.“[101]
Buddhismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Buddhismus als
Religion, die auf keinen bestimmten transzendenten Schöpfergott
Bezug nimmt,[102] stellt
den Einzelnen in den Vordergrund und ermutigt ihn, für sein Leben
die Verantwortung in die eigene Hand zu nehmen. Hierzu gehört
auch das Bestreben, sich geistig weiterzuentwickeln. Die ethische
Grundlage des Buddhismus ist das Mitgefühl,
das allgemein verstanden wird als der Wunsch, dass andere frei von
Leid sind, und zu dem auch das Bewusstsein von Pflicht,
Verantwortung und Respekt gegenüber anderen gehört.[103] Ein
Vorschreiben, wie andere ihre Verantwortung wahrzunehmen haben,
wird hingegen im Buddhismus abgelehnt. Bestenfalls gibt der
Buddhist dem anderen den Hinweis auf den richtigen Weg. Ob und wie
dieser beschritten wird, ist dann jedem Einzelnen selbst
überlassen.[104]
Allgemein
gehört zu den Lehren des Buddhismus der verantwortliche Umgang
mit dem Leben und der Umwelt. Dies kommt beispielsweise in der
Begründung des Friedensnobelpreises für
den 14. Dalai
Lama Tenzin
Gyatso zum
Ausdruck. „Der Dalai Lama hat seine Friedensphilosophie auf der
Grundlage von großer Ehrfurcht vor allen Lebewesen und der
Vorstellung einer universellen Verantwortung, die sowohl die
gesamte Menschheit als auch die Natur umfasst, entwickelt.“[105]
Chinesische Philosophie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In
der chinesischen
Philosophie,
die vorrangig eine angewandte
Ethik ist,
wird das Konzept der Verantwortung nicht ausdrücklich
thematisiert, sondern ist implizit gefordert, weil ein richtiges
Handeln in allen Bereichen zu einem guten, gelingenden Leben
beiträgt. Die großen chinesischen Philosophen waren weitgehend
a-religiös.[106] Sie
verstanden sich als Lehrer, die zeigen, wie die Menschen
eine harmonische Ordnung
der Gesellschaft als Voraussetzung eines guten Lebens schaffen
können. Die chinesische Philosophie entstand in der Zeit
der Streitenden Reiche mit
hoher politischer Instabilitätetwa
ab 500 v. Chr. und war zunächst stark zersplittert. Man spricht
von der Periode
der Hundert Schulen.
Die
älteste und am meisten verbreitete Strömung ist
der Konfuzianismus,
der vor allem auf die Bewahrung der Traditionen und eine gute
Erziehung Wert legte, um den unruhigen Verhältnissen seiner Zeit
begegnen zu können. „Kern der konfuzianischen politischen Lehre
ist ein patriarchalisch-konservativer Humanismus mit einem hohen
Verantwortungsbewusstsein. […] Er ist eine ziemlich rigorose
Pflichtenmoral.“[107] Im Daoismus,
der Elemente einer Religion aufweist, wird die Harmonie stärker
im Einklang des Lebens mit der Natur und in der Enthaltsamkeit
gesucht. Der Mohismuswar
dem Konfuzianismus verwandt, betonte aber stärker religiöse
Aspekte und hatte eine stärker ausgeprägte Sozialethik.
Die grundlegenden Tugenden des Konfuzianismus sind Menschlichkeit
(Ren), Sittlichkeit (Li) und Gegenseitigkeit (Shù). In den
Erzählungen über Konfuzius,
im Lunyu,
wird berichtet: „Zigong fragte, ob es ein Wort gebe, an das man
sich das ganze Leben hindurch halten könne. Der Meister sagte:
„Es heißt wohl shù. Was man selbst nicht wünscht, anderen
Menschen nicht zufügen.““ (Lunyu, 15, 23) Die Humanität und
die Beachtung der Ein- und Unterordnung in der Gesellschaft sind
nach der goldenen
Regel in
Einklang zu bringen. Die Orientierung an der Harmonie führt
verglichen mit dem europäischen Individualismus zu einer viel
größeren Gruppenorientierung, so dass Entscheidungen oftmals nur
in Gemeinschaft getroffen werden.[108] Entsprechend
ist auch die Verantwortung stärker geteilt.
Juristische Verantwortung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im
Bereich des Rechts hat der Begriff der Verantwortung immer eine
soziale Dimension. Die auf sich selbst gerichtete Eigen- oder
Selbstverantwortung und die Frage des Gewissens spielt im Recht
keine Rolle.[109] Juristisch
wird Verantwortung als die Pflicht einer Person verstanden, für
ihre Entscheidungen und Handlungen in Hinblick auf die Einhaltung
dokumentierter Vorschriften Rechenschaft abzulegen.
Wird einer Person eine Aufgabe und die
zugehörigeKompetenz zugewiesen,
so muss sie diese ausführen und bei Fehlern für die Folgen
einstehen. In der Wissenschaft wird hierfür zunehmend der
englische Begriff accountability gebräuchlich.
Im Gegensatz zu moralischer oder religiöser Verantwortung gibt es
keine Selbstzuschreibung, sondern nur die Zuschreibung der
Verletzung von Recht durch einen Richter. Der subjektive Aspekt
kommt lediglich bei der Bemessung des Strafmaßes zum
Ausdruck.[110] Juristische
Verantwortung ist somit immer an empirische Befunde gebunden, und
eine Verknüpfung mit abstrakten (a priori gegebenen) Werten
bleibt in der Beurteilung der Verantwortung durch das Recht ohne
Berücksichtigung.[111]
Es
werden unterschieden:
- Handlungsverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Art der Aufgabendurchführung
- Ergebnisverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Zielerreichung
- Führungsverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der wahrgenommenen Führungsaufgaben
Es
existiert eine Kette zwischen Verantwortung, Aufgaben und
Tätigkeiten. Aufgaben sind Arbeits-
oder Handlungsoptionen; sie stellen zum Teil auf Zielsetzungen ab;
Tätigkeiten sind demgegenüber untergeordnete Handlungen, die zur
Erfüllung der Aufgaben dienen. Verantwortung im Recht kann sich
auf Personen, aber auch auf Sachgüter und die Erfüllung
bestimmter Anforderungen an Rollen wie die des Eigentümers,
Treuhänders oder Mieters beziehen. Innerhalb des Rechts gibt es
wieder eigenständige Sphären mit unterschiedlichem Gehalt
im Strafrecht mit
der Sanktion der Strafe, Zivilrecht mit
der Folge der Haftung oder Familienrecht,
in dem die Pflicht zur Sorge im Vordergrund steht. Diese sind
wieder aus internationaler Perspektive aufgrund der
geschichtlichen Differenzen der jeweiligen Rechtssysteme
unterschiedlich.[112] Dies
wird zum Beispiel bei der Produkthaftung im
anglo-amerikanischen Rechtsraum verglichen mit der Handhabung in
Europa deutlich.
Dadurch
dass im Recht die Kodifizierung der Normen notwendige Bedingung
für die Relevanz der Verantwortung ist, können rechtliche und
moralische Verantwortung auseinanderfallen. So verbietet die Moral
üblicherweise jede Form von Selbstschädigung, während im Recht
der Konsum von Drogen wie Alkohol teilweise zulässig ist. Ein
anderer Fall ist das Recht zur Abtreibung.
Eine besondere Problematik, diese Differenz zu bewältigen, ergibt
sich, wenn Handlungen innerhalb eines Rechtssystems legal erfolgt
sind, die aus der Sicht anderer Rechtssystems Verbrechen
darstellen, wie dies in denMauerschützenprozessen der
Fall war.[113] Im
Extremfall kann das Auseinanderfallen von Moral und Recht dazu
führen, dass Personen aus rechtlichen Gründen gezwungen sind,
gegen ihre moralischen Werte zu handeln, so dass je nach Befolgung
der Norm in der anderen Sphäre eine Schuld entsteht, so etwa für
den Beamten, der den Vollzug einerAbschiebung durchführen
muss, obwohl er sie moralisch für falsch hält.
Politische Verantwortung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Politische
Verantwortung steht einerseits im Spannungsfeld von Macht und
Machtmissbrauch, andererseits ist sie vor allem mit dem Anspruch
auf Erfolg verbunden. Der Politiker erhält das Vertrauen seiner
Wähler und ist diesem für die Ergebnisse seiner Politik
verantwortlich. Die Kontrolle erfolgt durch die öffentliche
Meinung und
die Notwendigkeit, sich erneut zur Wahl stellen zu müssen. In der
grundsätzlichen Auswirkung von Politik wird meist in zwei
Verantwortungsarten unterschieden, die als unterschiedliche
Leitlinien für ein anzustrebendes Gesellschaftsbild dienen:
- Selbstverantwortung (Eigenverantwortung) bedeutet, für sich selbst sowie für das eigene Handeln, Reden und Unterlassen Verantwortung zu tragen.
- Mitverantwortung bedeutet, für andere (insbesondere diejenigen, die dies nur teilweise können) Verantwortung zu übernehmen.
Mitverantwortung
und Selbstverantwortung sind als gleichwertige Verantwortungsarten
anzusehen; oft sind beide in Kombination erforderlich. Im Hinblick
auf die Aufgaben des Sozialstaats betonen Liberale eher
die Selbstverantwortung, die sie als Grundlage für
persönliche Freiheit betrachten.
Nach liberaler Auffassung soll der Staat erst dann tätig werden,
wenn der Einzelne, z. B. aufgrund von Krankheit oder
Arbeitslosigkeit, mit der Selbstverantwortung überfordert ist.
Staatliche Unterstützungsleistungen sollen hauptsächlich Hilfe
zur Selbsthilfe sein (→Subsidiaritätsprinzip).
Sozialdemokraten dagegen
betonen eher die Mitverantwortung, die sie als Grundlage
für soziale
Gerechtigkeit betrachten.
Sie befürworten deshalb eine staatlich
institutionalisierte Solidargemeinschaft.
Der Staat übernimmt die Verantwortung für seine Bürger.
Liberale kritisieren dies als paternalistisch.
Ein
internationales Konzept ist die
Initiative Schutzverantwortung (Responsibility
to Protect)
zum Schutze des Menschen vor schweren Menschenrechtsverletzungen
und Brüchen des humanitären Völkerrechts.
Verteilungsgerechtigkeit bezeichnet
die Gerechtigkeit von Verteilungsregeln und
ihren Ergebnissen. Entsprechend gibt es
eine Regelgerechtigkeit und
eine Ergebnisgerechtigkeit.
Die Ergebnisgerechtigkeit ist
ein Gerechtigkeitskonzept,
das solche Zustände einer Gesellschaft als gerecht definiert,
in denen allen Mitgliedern der Gesellschaft der Nutzen aus der
Gesellschaft („Ergebnis“) in grundsätzlich gleichem Maße
zukommt, jedoch bei einem Verschulden des
Mitglieds sein Nutzen aus der Gesellschaft entsprechend gekürzt
wird. Als Gegensatz zur Ergebnisgerechtigkeit wird
die Regelgerechtigkeit angesehen.
Antike und Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aristoteles betrachtet
die staatlichen Gesetze[1] als Formalobjekt der
Regelgerechtigkeit, Thomas
von Aquin in
teilweisem Anschluss daran das Gemeinwohl.[2] Die
Gesetzesgerechtigkeit ist für Thomas die allgemeine
Gerechtigkeit, die er der Verteilungsgerechtigkeit (distributive
G.) und der Tauschgerechtigkeit (kommutative
G.) als aus seiner Sicht gesonderte Gerechtigkeitstypen
gegenüberstellt.
Siehe
auch: Jedem
das Seine#Geschichte
Experimentelle Spieltheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Spiele
im Bereich der Verteilungsgerechtigkeit erweisen sich häufig als
eine Kombination von Spielen direkt um ein offen benanntes
Ergebnis (z. B. Mehrung von Geld) mit Spielen um die
Spielregeln selbst. Letztere Spiele werden auch als „Metaspiele“
bezeichnet und sind unter Anderem wegen ihrer internen
Rückkopplung komplexer als die Spiele um eine einfache
Nutzfunktion mit festen Regeln: Regelgerechtigkeit ist
Rahmenbedingung und Spielgegenstand zugleich.
Scheinbare Paradoxien und
Unvernünftigkeiten ergeben sich bei solchen kombinierten Spielen
für den Beobachter, der nur Teilaspekte von Verteilungsspielen
betrachtet. Im Fall wiederholter Spiele zwischen Gesellschaften
werden sogar völlige Selbstaufopferungen einzelner Spieler durch
Metaspiele erklärbar.
Zur
Untersuchung der Bewertung von „Gerechtigkeit“ bei der
Verteilung von Gütern können Variationen
des Ultimatum-Spiels verwendet
werden. In den folgenden Beispielen wurde die Sanktionierung von
Verteilung in einem weltweiten Forschungsprojekt von 12
US-amerikanischen und einer kolumbianischen Universität
untersucht.[3] Dabei
können diese Sanktionierungen auch Nachteile für den
Sanktionierenden haben, die dieser jedoch hinnimmt:
- „Ultimatum“ für zwei Spieler: Spieler A wird ein Geldbetrag angeboten, den er mit Spieler B teilen muss. Spieler A bietet Spieler B einen Anteil an (zwischen mehr als 0 % und maximal 100 %). Erst wenn Spieler B das Angebot annimmt, werden A und B ihre von A entschiedenen Anteile am Geldbetrag ausgezahlt. Wenn Spieler B das Angebot nicht annimmt, dann erhält keiner etwas. Beide Spieler verlieren.
- „Ultimatum“ für drei Spieler: Wie „Ultimatum“ für zwei Spieler, aber ein dritter Spieler C kann Spieler A zusätzlich „bestrafen“, sollte er A für zu „egoistisch“ halten. Spieler C erhält dazu ohne jede Bedingung einen Geldbetrag und das Recht, Spieler A für ein unangemessenes Angebot an Spieler B zu bestrafen. Dabei bleibt es Spieler C überlassen, zu beurteilen, was ein unangemessenes Angebot sei. Wenn sich Spieler C für eine Bestrafung von A entscheidet, bestimmt er, wie viel Strafe A zahlen muss. Die Kosten der Bestrafung für Spieler C: Ein Drittel des Betrages, den er als Strafe für den Spieler A bestimmt hat.
- „Diktator“ für zwei Spieler: Wie „Ultimatum“ für zwei Spieler, aber B muss das Angebot annehmen. B kann also nicht A durch Verzicht bestrafen.
Bei
zwei von den beschriebenen drei „Spielen“ ist die Bestrafung
mit Kosten verbunden. Damit kann der Bestrafung ein Wert
zugewiesen werden. Man nimmt an, dass Menschen nur dann selbstlos
handeln, wenn Egoismus sanktioniert wird. Allerdings gab es
Unterschiede in der Bewertung der Angemessenheit des Anteils, den
B von A erhält. In zwei Fällen inAccra (Ghana)
und bei den Sanquinaga (Kolumbien)
nahmen B-Spieler Anteile auch dann nicht an, wenn sie zu hoch
waren. Die B-Spieler lehnten hier nicht nur unangemessenen
Egoismus ab, sondern auch eine aus ihrer Sicht unangemessene
Begünstigung ihrer selbst.[4]
Systemtheorie und Ökonometrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für
diese Grafik wurden aus den Einkommensverteilungen der WIID
(World Income Inequality Database)[5] für
jede Verteilung der symmetrisierte Theil-Index, die
Hoover-Ungleichheit und der Gini-Koeffizient berechnet. Über den
Gini-Koeffizienten wurden dann die dazugehörigen Differenzen
zwischen symmetrisiertem Theil-Index und der Hoover-Ungleichheit
aufgetragen. Jede dieser Differenzen ist eine mit ihrem eigenen
Informationsgehalt gewichtete Ungleichverteilung abzüglich der
ungewichteten Ungleichverteilung. Für basierend auf Dezilen
berechnete Gini-Koeffizienten bis 40 Prozent sind die Differenzen
meistens negativ.
In geschlossenen
Systemen ist
Gleichverteilung in allen Kategorien das wahrscheinlichste
Ergebnis der in solchen Systemen stattfindenden Prozesse. Die
Entropie des Systems hat dann ihr Maximum erreicht. Menschliche
Gesellschaften sind beschränkt offene
Systeme,
denn sie können Entropie exportieren, wenn auch nur in einem
begrenzten Maß. Eine Möglichkeit, die Entropie in
der Gesellschaft zu senken, ist die Steigerung der
Ungleichverteilung in irgendeiner von der Gesellschaft
beeinflussbaren Kategorie. Ressourcen wie Einkommen und Vermögen
stellen hier eine der wichtigsten Kategorien dar. Was ist hier im
Ergebnis eine „gerechte“Einkommens- oder Vermögensverteilung?
In
der Ökonometrie gibt es viele verschiedene Maßzahlen
für die ungleiche Verteilung von
Vermögen und Einkommen. In der Wikipedia beschrieben sind
der Gini-Koeffizient,
die Hoover-Ungleichverteilung und
der Theil-Index.
Die Ökonometrie zeigt, dass der Grad der
Verteilungsungleichheit von Ressourcen auf Menschen sehr
verschiedene Auswirkungen hat. Es geht nicht um „Gleichheit
oder Ungleichheit“, sondern um den Grad von Gleichheit
beziehungsweise Ungleichheit. Wenn diese Tatsache nicht
berücksichtigt wird, werden Diskussion über ökonomische
Gleichheit unnötig kompliziert und normativ.
Es gibt keinen „Umverteilungsdruck“,
der rein proportional zur Ungleichverteilung wächst, sondern es
gibt ein Verhalten, aus dem sich Optimalität ableiten lässt,
wie anhand der drei Ungleichverteilungsmaße gezeigt werden kann:
- Der Gini-Koeffizient ist ein ohne Bezug zu realen Ausgleichsprozessen konstruiertes Ungleichheitsmaß. Dank seiner Popularität haben Sozialwissenschaftler jedoch viele Erfahrungen[6] sammeln können, welche Bedeutungunterschiedliche Gini-Koeffizienten haben.
- Die Hoover-Ungleichverteilung ist das Einfachste aller Ungleichheitsmaße. Sie beschreibt den Umverteilungsdruck in einer Gleichheit anstrebenden Gesellschaft, in der ein Ausgleich basierend auf vollständiger Information mit minimalem Aufwand erreicht werden könnte.
- Der symmetrisierte Theil-Index (Mittelwert aus Theil-L und Theil-T-Index) ähnelt der Hoover-Ungleichverteilung. Jedoch werden hier die aggregierten einzelnen Abweichungen von der Parität zusätzlich mit ihrer informationstheoretischen Bedeutung gewichtet. Der symmetrisierte Theil-Index beschreibt den Umverteilungsdruck in einem Gesellschaftssystem, in der ein Ausgleich durch zufällige Bewegungen von Menschen und Ressourcen erfolgen würde. (Jedes abgeschlossene Gesellschaftssystem wäre ein solches System. Um intern Ungleichverteilung anwachsen zu lassen, müssen Systeme ihre Umwelt - also häufig den mit Nachbarsystemen geteilten Raum - mit Entropie belasten können, woraus sich dann wieder entsprechende intersystemische Verteilungskonflikte ergeben.)
Liegt
der symmetrisierte Theil-Index über der
Hoover-Ungleichverteilung, dann treibt die Ungleichverteilung
einen Ausgleich von sich aus an, denn die stochastisch erfolgende
Umverteilung ist stärker, als eine intelligent kontrollierte
Umverteilung. (Bei hoher Ungleichverteilung - z. B. bei
hoher Konzentration von Ressourcen auf wenige Orte im Raum -
gibt es naturgemäß viel Spielraum für Umverteilung.)
Liegt
der symmetrisierte Theil-Index unter der
Hoover-Ungleichverteilung, dann wäre eine kontrollierte
Umverteilung wirksamer. Allerdings müsste dann auch bewusst
Aufwand zur Steuerung der Umverteilung getrieben werden, wodurch
Kosten entstünden, die einen Gewinn an Gerechtigkeit wieder
schmälerten. In diesem Bereich hat die Gleichverteilung auch
schon einen recht hohen Grad erreicht. Völlige Gleichverteilung
wäre dann maximale Entropie. Leben ist jedoch dadurch
gekennzeichnet, dass lebende Systeme aktiv einen
Mindestabstand[7] ihrer
aktuellen Entropie zur maximalen Entropie bewahren. Hieraus
ergibt sich die Notwendigkeit eines Mindestmaßes an
Ungleichheit. In dessen Nähe finden beispielsweise
skandinavische Gesellschaften ihren Arbeitspunkt, insbesondere
bei sehr guter Ressourcenversorgung (Norwegen und m.E. auch
Island).
Zieht
man nun die Hoover-Ungleichheit von dem symmetrisierten
Theil-Index ab und trägt diese Differenz über den zugehörigen
Gini-Koeffizienten auf (siehe Grafik), dann ergeben sich zwei
Zonen. Unterhalb eines (basierend auf Dezilen errechneten)
Gini-Koeffizienten von etwa 40 % sind die sich aus realen
Einkommensverteilungen ergebenden Differenzen zwischen
Theil-Index und Hoover-Ungleichheit negativ. Darüber sind sie
positiv. Beobachtbar ist nun, dass die Wirtschaftsgebiete mit der
höchsten Lebensqualität alle in der Nähe dieses Durchgangs bei
40 % durch die Null-Linie angesiedelt sind. In der
Ressourcenlage der Gegenwart liegt hier ein optimaler Wert für
Ungleichheit, der sich bei einem freien Spiel der Kräfte von
selbst einstellt und nicht erst durch normative Steuerung
angestrebt werden muss. Sehr große Abweichungen von diesem Wert
(Gini-Koeffizienten unter etwa 20 % oder über etwa 60 %
bei auf gleich große Dezile verteilten Einkommen[8])
sind beobachtbar immer mit der Anwendung starker Gewalt
verbunden.
Die
hier beschriebenen nicht-normativen Verhältnisse schreiben dem
Menschen nicht vor, welche Art von Verteilung gerecht sei,
sondern sie beschreiben, in welchem unterschiedlichen Grad sich
Ungleichverteilungen den Menschen darstellen und welche
informationstheoretische Bedeutung unterschiedliche
Ungleichverteilungen haben. Die Entscheidung, welche Verteilung
gerecht sei, bleibt normativ und darum umstritten.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Stefan D. Josten: Ungleichheit, staatliche Umverteilung und gesamtwirtschaftliches Wachstum, 2008, ISBN 978-3-8305-1377-3
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Hochspringen↑ Vgl. insg. Summa theologica, II-II, 57-79; Michael Schramm: Art. Gerechtigkeit, in: LThK 3, Bd. 4, 498-500
- Hochspringen↑ Joseph Henrich u. a.: Costly Punishment Across Human Societies. In: Science. Band 312, 23. Juni 2006,doi:10.1126/science.1127333. Christopher Schrader: Ultimatum auf Fidschi. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Juni 2006 (Artikel in der Süddeutschen Zeitung zu Henrich u. a. (2006)).
- Hochspringen↑ Joseph Henrich u. a.: Costly Punishment Across Human Societies. 2006, S. 1767, Abb. 1.
- Hochspringen↑ ISO/IEC DIS 2382-16:1996 definiert diesen Abstand in der Informationstheorie als „Redundanz“.
- Hochspringen↑ Bei der Angabe von Ungleichverteilungskoeffizienten sollten immer Angaben über die Art und Weise der Datenaggregation gemacht werden. Eine Möglichkeit ist, die Art der Quantile zu beschreiben, auf deren Daten sich die Berechnung stützt. In diesem Fall sind das gleich große Dezile. In Hauser/Becker: Verteilung der Einkommen, Gutachten für den Zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Frankfurt 2004, S. 96; zitiert in DGB-Präsentation Verteilungsgerechtigkeit, S. 34 werden diese Dezile für Deutschland auch angegeben. Auswertung (Jahr und Gini-Koeffizient): 1998: 38.9 % und 2003: 41.7 %
Moralische Verantwortung
Im
Unterschied zu praktischen Aufgabenverantwortungen und
juristischer Verantwortlichkeit weist Micha H. Werner der
moralischen Verantwortung einen besonderen Status zu. „Moralische
Verantwortung kann nicht lediglich als ein Verantwortungstyp unter
vielen verstanden werden. Ihr kommt vielmehr zugleich der
Stellenwert einer universalgültigen Metaverantwortung zu, die
alle anderen Verantwortungsformen zugleich begrenzt und begründet.
Denn in moralischer Perspektive suchen wir nach Antwort auf die
Frage, wie wir überhaupt – unter Berücksichtigung aller
bedingten Verpflichtungen – handeln sollen. Die Zuschreibung
prospektiver Verantwortung ist keine deskriptive, sondern eine
präskriptive Äußerung.“[115]
Stefan
Gosepath unterscheidet
primäre und sekundäre moralische Verantwortung. Primär ist die
Verantwortung, die sich unmittelbar aus dem eigenen Handeln und
den individuellen Aufgaben ergibt. Sekundär besteht aber auch
eine allgemeine Verantwortung, erkannte Übel und Zustände zu
beseitigen, auch wenn man an deren Bestehen oder Zustandekommen
nicht unmittelbar beteiligt ist. Die Verantwortlichkeit ergibt
sich allein daraus, dass jemand in der Lage
ist, Ungerechtigkeiten zu
beseitigen oder zu mindern.[116] Auf
diesem Wege öffnet Gosepath den Begriff der Verantwortung auch
für soziale Fragen und Themen der Gerechtigkeit.
Dies entspricht der Forderung von Jonas, auch den Altruismus in
die Betrachtung mit einzubeziehen: „Verantwortung zum Beispiel
für die Wohlfahrt Anderer ‚sichtet‘ nicht nur gegebene
Tatvorhaben auf ihre moralische Zulässigkeit hin, sondern
verpflichtet zu Taten, die zu keinem anderen Zweck vorgehabt
sind.“[117] Dabei
ist zu beachten, dass der Begriff Verantwortung noch
keine Werte als solche beinhaltet.[118] Entsprechend
stellt Dieter
Birnbacherfest:
„Ohne Verantwortlichkeiten gegenüber anderen können wir keinem
moralischen Vorwürfe machen, dass er das eigene Leben, die eigene
Gesundheit oder das eigene Glück aufs Spiel setzt oder seine
Fähigkeiten brachliegen lässt. Mag er sich dadurch noch so sehr
schaden, er verletzt damit keine wie auch immer geartete
Verantwortungsnorm.“[119]
Verantwortung in der Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit Wirtschaft wird
der gesamte Lebensbereich beschrieben, in dem der Mensch Waren und
Dienstleistungen austauscht, um seine ökonomischen Bedürfnisse
zu befriedigen. In diesem Feld der Lebenswelt gibt es eine
Vielzahl von Rollen, die verschiedene Menschen einnehmen, sodass
sich auch sehr unterschiedliche Arten von Verantwortung ergeben.
Diese Fragen werden in der Wirtschaftsphilosophie und
in der Wirtschaftsethik thematisiert
und mit unterschiedlichen weltanschaulichen Perspektiven
diskutiert.
Bezogen
auf einzelne Unternehmen wird die Frage der Verantwortung unter
dem Stichwort der Corporate
Social Responsibility diskutiert.
Die Verantwortung von Unternehmen wird dabei häufig an den
Interessen der durch die Aktivität des Unternehmens Betroffenen,
der Stakeholder diskutiert.
Hierzu zählen neben den Eigentümern die Mitarbeiter, die Kunden
und Lieferanten, die Bürger der lokalen Gemeinden, in denen das
Unternehmen tätig ist, der Staat als Empfänger von Steuern und
auch die Umwelt, sofern und insoweit sie von der Tätigkeit des
Unternehmens betroffen ist. Für alle diese Interessengruppen hat
das Unternehmen eine spezifische Teilverantwortung, die über das
reine Einhalten gesetzlicher Vorschriften hinausgeht. Ein
schwieriger Teil der Verantwortung ist es, die verschiedenen
Ansprüche in einem ausgewogenen Verhältnis angemessen zu
berücksichtigen. Die Durchsetzung von Haftungsansprüchen hängt
häufig von der Rechtsform und
der Unternehmensgröße ab.
Indem
durch die Politik Vorschriften als Rahmenbedingungen
der Wirtschaftsordnung gesetzt
werden, ergibt sich auch hier eine Mitverantwortung am
wirtschaftlichen Geschehen. Hierbei spielen Fragen
der Staatsverschuldung und
die Verantwortung gegenüber zukünftigen
Generationen,
die Konjunkturpolitik,
die Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit und
desUmweltschutzes ebenso
eine Rolle wie der Verbraucherschutz.
Eine eigenständige Verantwortung kommt den Konsumentenin
ihrem Kaufverhalten zu,
da hierdurch den Akteuren auf der Anbieterseite wesentliche
Impulse gegeben werden. Hier steht beispielsweise der Aspekt der
Nachhaltigkeit im Konflikt mit der Wegwerfgesellschaft.
Verantwortung in der Wissenschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der paradigmatische Fall
für die Verantwortung der Wissenschaft ist der Abwurf
der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.
Hier wurde erstmals für eine Weltöffentlichkeit drastisch
sichtbar, dass eine Großtechnologie dem
Menschen einen erheblichen Schaden zufügen kann. Die in der
Geschichte unhinterfragte Nutzung einer stabilen Natur ist im 20.
Jahrhundert umgeschlagen in eine Gefährdung von Natur und
Lebenswelt durch die Anwendung der Ergebnisse der Wissenschaften
in modernen Technologien. Dieses hat unter anderem Carl
Friedrich von Weizsäcker in
einer Reihe von Reden sehr deutlich dokumentiert.[120] Eine
der Konsequenzen war, dass sich erstmals eine Gruppe von
Wissenschaftlern, die Göttinger
Achtzehn öffentlich
massiv gegen die atomare
militärische Aufrüstung der Bundeswehr gewendet
hatte. Eine andere Folge war die von Wissenschaftlern initiierte
„Pugwash
Conferences on Science and World Affairs“,
die wesentlich zur atomaren Abrüstung beigetragen hat.[121] Auf
der dritten Konferenz im Jahr 1958 hieß es in einer Erklärung:
- „Aufgrund ihrer Sachkenntnis sind die Wissenschaftler in der Lage, die Gefahren und Verheißungen, die sich aus naturwissenschaftlichen Entwicklungen ergeben, frühzeitig zu erkennen. Sie haben dafür eine besondere Kompetenz und tragen andererseits auch eine besondere Verantwortung hinsichtlich der dringendsten Probleme unserer Zeit.“[122]
Albert
Einstein ging
noch darüber hinaus und verwies auf eine allgemeinere
Verantwortung des Wissenschaftlers, als er an seinen Freund Max
von Laue schrieb:
- „Deine Ansicht, daß der wissenschaftliche Mensch in den politischen, d.h. menschlichen Angelegenheiten im weiteren Sinne schweigen soll, teile ich nicht. Du siehst ja gerade an den Verhältnissen in Deutschland, wohin solche Selbstbeschränkung führt. Es bedeutet, die Führung den Blinden und Verantwortungslosen widerstandslos zu überlassen. Steckt nicht ein Mangel an Verantwortungsgefühl dahinter? Wo stünden wir, wenn Leute wie Giordano Bruno, Spinoza, Voltaire, Humboldt so gedacht und gehandelt hätten?“[123]
Der
ursprüngliche Sinn von Verantwortung in der Wissenschaft ist
weitgehend deckungsgleich mit dem Berufsethos eines
Wissenschaftlers, der für die Korrektheit seiner Erkenntnisse
einsteht, die Sicherheit der von seinen Forschungen unmittelbar
betroffenen Menschen gewährleistet und einen sinnvollen Umgang
mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln verantwortet. Die
Folgen der Forschung, das was nach Veröffentlichung seiner
Erkenntnisse mit diesen Ergebnissen passiert, liegt nach
traditionellem Verständnis nicht in seiner Verantwortung. Helmut
F. Spinner spricht
hier von der „internen Verantwortung“ des
Wissenschaftlers.[124] Instanz
vor der sich ein Wissenschaftler hier rechtfertigt, ist die
Gemeinschaft der Forscher sowie in ökonomischer Hinsicht,
die öffentliche
Hand als
Finanzier. Neben möglicherweise bestehenden juristischen
Haftungen geht es hier vor allem um den Wert der
wissenschaftlichen Reputation.
Eine
erweiterte Verantwortung des Wissenschaftlers für die Folgen der
Forschung sieht Skinner, wenn die Erkenntnisse geeignet sind,
erhebliche negative Konsequenzen für Menschen zu haben, die von
der Anwendung nur mittelbar betroffen sind. Hierzu zählt auch der
mögliche Missbrauch von Forschungsergebnissen (Dual
Use).
Themen dieser Art sind Forschungen im Bereich
der Kerntechnik, Pharmakologie,
der Medizin,
der Klimaforschung,
der Meeresbiologie und
viele andere mehr. Zu den Aufgaben der Wissenschaftler gehört
nicht nur, auf mögliche Probleme der Forschungsergebnisse in der
Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, sondern zugleich solche
Forschungsergebnisse mitzuliefern, durch die die neuen
Technologien auch beherrschbar werden, oder auf die Grenzen der
Beherrschbarkeit deutlich hinzuweisen. Aber selbst wenn die Frage
der Beherrschbarkeit sich nicht unmittelbar stellt, ist die
moderne Wissenschaft so weit fortgeschritten, dass mögliche
Forschung unter Umständen im Widerspruch zu den Wertvorstellungen
der Gesellschaft stehen, wie es die Debatten
zur Embryonenforschung,
aber auch die Entwicklung neuer Pflanzen durch Genmanipulation in
der Gentechnikzeigen.
In der Verantwortung der Wissenschaften liegt es, in solchen
Fällen für eine möglichst sachgerechte Information der
Gesellschaft zu sorgen, auch wenn diese möglicherweise sich dann
gegen die Durchführung der Forschung entscheidet.[125] Um
diesem Anspruch zu genügen, hat zum Beispiel
die Max-Planck-Gesellschaft einen
eigenen Kodex für
ihre Forschungen entwickelt.[126]
Verantwortung und Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auch
Journalisten stehen in einem Handlungssystem, so dass für sie
sowohl die „heroische“ Individualethik als auch eine
korporative Verantwortung relevant sind.[127] Die
Verantwortung von Medien und
den in ihren Systemen handelnden Personen stellt auf die Folgen
für die von den Veröffentlichungen Betroffenen ab. Das
Selbstverständnis des Journalisten ist zunächst die Information
einer interessierten Öffentlichkeit. Dass diese Berichterstattung
ethischen Anforderungen unterliegt, zeigt sich in normativen
Regularien wie dem Pressekodex des deutschen
Presserates,
dem Ehrenkodex
für die österreichische Presse oder
den News
Councils[128] in
den USA und anderen Ländern. Der moralische Charakter kommt in
diesen Kodizes besonders zum Ausdruck, weil es sich um eine
Selbstbindung der Beteiligten ohne gesetzliche Verpflichtung
handelt. Herausgeber und Journalisten müssen danach „sich bei
ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und
ihrer Verpflichtung für das Ansehen der Presse bewußt
sein.“[129] Sanktionsmöglichkeiten
im Bereich der Medien sind einerseits wie in der klassischen
Individualethik das Gewissen, zum anderen aber auch die Reaktion
der Öffentlichkeit auf eine Berichterstattung. Konkrete Fragen
sind die nach dem Schutz von Persönlichkeitsrechten,
nach der Fairness der Berichterstattung, aber auch der Schutz von
Personen wie bei einer vorzeitigen Meldung über Ermittlungen der
Polizei, die den möglichen Opfern Schaden zufügen kann.
Ideengeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für Hans-Martin
Schönherr-Mann ist
das Konzept der Verantwortung Ergebnis der der Aufklärung
folgenden Emanzipationsprozesse. „Die Emanzipation der
Bürger im 18. Jahrhundert, die
der Juden und
der Arbeiter im 19., die der Frauen und Schwarzen im 20. und der
Homosexuellen und der diversen Minderheiten im 21. Jahrhundert
verbindet ein Anspruch auf Mündigkeit im politischen wie im
privaten Bereich. Daraus resultiert die Freiheit, die eigene
Lebensform zu wählen und diese nach den eigenen Vorstellungen zu
gestalten.“[130] Die
neu gewonnene Mündigkeit erzeugt neue Werte, eine neue Ethik und
das Gefühl der Verwiesenheit auf die eigene Existenz, das sich in
neuen Perspektiven in der Philosophie
von Stirner, Kierkegaard über Nietzsche bis
hin zu Jaspers, Sartre, Levinas, Derrida und Foucault ausdrückt.
Einen Zugang aus dem religiösen Empfinden
gewannen Schweitzer, Bonhoeffer, Buber oder
auch Küng,
der ein „Weltethosaus
emanzipatorischer Perspektive“[131] anstrebt,
sowie Kommunitaristen wie Amitai
Etzioni oder
Denker, die ihren Halt im Anschluss an Kant in
der Rationalität suchen,
wie etwa die Vertreter der Diskursethik.
Verantwortung ist rational begründete Moral, die den der
Aufklärung folgenden Zerfall der traditionellen Werte
kompensiert.
- Durch die zunehmende Komplexität der menschlichen Lebensverhältnisse benötigt der Handelnde zunehmende Ermessensspielräume zur Bewältigung seiner Aufgaben.
- In der gesellschaftlichen Entwicklung haben sich die verschiedenen sozialen Subsysteme immer weiter ausdifferenziert, so dass die Koordination verschiedener Rollen zusätzliche, möglicherweise in Konflikt stehende Entscheidungen benötigt.
- Die wachsende wissenschaftliche Durchschaubarkeit langfristiger Akkumulation menschlicher Handlungsfolgen erzeugt ein zusätzliches Wissen über die Gefahren, die vom menschlichen Handeln ausgehen.
- Die zunehmende Geschwindigkeit der Veränderung der Rahmenbedingungen menschlichen Handelns vor allem in den verfügbaren Technologien benötigt immer mehr ein abstraktes Prinzip statt einer festen Ordnung zur Regelung der menschlichen Beziehungen, mit dem auch Fernwirkungen (zeitlich und räumlich) erfasst werden können.
Wolfgang
Kersting sieht
in der „fortschreitenden Ablösung von Handlungskausalität und
Handlungsintentionalität“ im Verantwortungsbegriff
interessegebundene gesellschaftliche Konstruktionen, „denen kein
natürliches Maß innewohnt, die zur Maßlosigkeit
tendieren.“[133] Dies
spiegelt sich in der Debatte um „Niedergang oder Wiederkehr von
Werten in der politischen Ethik“.[134]
Aristoteles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bereits
Aristoteles hat den Zusammenhang von moralischen und gesetzlichen
Normen mit der Verantwortung diskutiert. Die Zurechnung von
Handlungen erfolgt für ihn unter der Annahme von
Handlungsfreiheit. Dabei berücksichtigt er bereits
Einschränkungen der Verantwortung aufgrund äußerer Umstände,
kennt aber andererseits auch das Prinzip „Unwissenheit schützt
vor Strafe nicht“ sowie die Berücksichtigung von indirekten
Folgen.
- „Dafür legen nicht bloß die Einzelnen für sich, sondern auch die Gesetzgeber selbst Zeugnis ab. Denn sie züchtigen und strafen die, welche Böses tun, soweit es nicht aus Zwang oder unverschuldeter Unwissenheit geschehen ist; die aber das Gute tun, zeichnen sie aus, wobei ihre Absicht ist, die einen zu ermuntern, die anderen abzuschrecken. Niemand aber muntert zu Dingen auf, die nicht bei uns stehen und nicht freiwillig sind, da es gar nichts nützen könnte, wenn man sich überreden ließe, keine Hitze oder Schmerz oder Hunger oder sonst dergleichen zu empfinden. Denn man empfände es doch. Selbst die Unwissenheit bestraft das Gesetz, wenn sich herausstellt, dass man an ihr selber schuld ist. So trifft die, die sich in der Trunkenheit vergehen, ein doppeltes Strafmaß, weil die Ursache in dem Betrunkenen selbst liegt. Es stand bei ihm, sich nicht zu betrinken. Die Trunkenheit aber war die Ursache seiner Unwissenheit. Auch die, welche eine Bestimmung der Gesetze nicht kennen, die sie kennen sollten und unschwer kennen könnten, trifft Strafe.“ (EN III 7, 1113b Ende)
Das zivilrechtliche Verschulden (auch Verschuldung,
früher: culpa)
bestimmt die subjektive Vorwerfbarkeit eines Erfolges. Die
Verschuldensformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 Abs.
1 S. 1 BGB).
Außerhalb des Deliktsrechts spricht
man meist von Vertretenmüssen.
Im Strafrecht dagegen
heißt die entsprechende Wertungsstufe Schuld (u.a. § 46 Abs.
1 S. 1 StGB).
Das
Deliktsrecht (vgl. etwa § 823 BGB)
ist „zivilrechtgewordenes Strafrecht“, freilich auf dem Stand
der Strafrechtswissenschaft, den diese bei Inkrafttreten
des Bürgerlichen
Gesetzbuches erreicht
hatte. Die Prüfungsreihenfolge entspricht daher dem damals im
Strafrecht herrschenden Verständnis: Vorsatz und Fahrlässigkeit
gelten als Schuldformen, nicht wie im heutigen Strafrecht als
Bestandteile des subjektiven Tatbestands.
Das
Verschulden setzt Verschuldens-
beziehungsweise Deliktsfähigkeit voraus.
Altersmäßig wird in Deutschland bei der Deliktsfähigkeit
nach § 828 BGB
differenziert: Für unerlaubte
Handlungen muss
der Schädiger bereits das 7. Lebensjahr, bei Unfällen mit
Kraftfahrzeugen oder Schienen- oder Schwebebahnen mindestens das
10. Lebensjahr vollendet haben. Die Verschuldensfähigkeit ist für
Minderjährige, die noch nicht 14 Jahre sind, im Strafrecht stets
ausgeschlossen (§ 19 StGB).
Für besondere Fälle kann auch Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB)
oder verminderte
Schuldfähigkeit (§ 21 StGB)
vorliegen. Dies korrespondiert im Zivilrecht mit der
Deliktunfähigkeit (§ 827, § 829 BGB).
Für
eigenes, freilich vermutetes Verschulden haftet, wer
einen Verrichtungsgehilfen bestellt,
der einem anderen einen Schaden verursacht. Das Verschulden
anderer kann aber auch zugerechnet werden: So sieht das
Bürgerliche Recht in§ 278 BGB
vor, dass das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen dem
Geschäftsherrn zugerechnet wird. Juristische
Personen haften
gegebenenfalls über § 31, § 89 BGB
für das Verschulden ihrer Organe,
z. B. des Vorstandes.
Immanuel Kant
Immanuel
Kant hat den Begriff der Verantwortung noch nicht explizit
diskutiert. Seine Philosophie ist jedoch für die Denkfigur der
Verantwortung von besonderer Bedeutung, weil er den Menschen als
Persönlichkeit auffasste, die ihre Handlungen autonom
(selbstbestimmt) in Freiheit ausführen kann und der diese
Handlungen deshalb nicht nur rechtlich, sondern auch als
moralisches Urteil zuzurechnen sind.[135] "Zurechnung
(imputatio) in moralischer Bedeutung ist das Urteil, wodurch
jemand als Urheber (causa libera) einer Handlung, die alsdann Tat
(factum) heißt und unter Gesetzen steht, angesehen wird; welches,
wenn es zugleich die rechtlichen Folgen aus dieser Tat bei sich
führt, eine rechtskräftige (imputatio iudiciaria s. valida),
sonst aber nur eine beurteilende Zurechnung (imputatio
diiudicatoria) sein würde."[136] Bereits
Kant hatte auf die Einschränkungen der Zurechenbarkeit aufgrund
empirischer Gegebenheiten deutlich hingewiesen: "Unsere
Zurechnungen können nur auf den empirischen Charakter bezogen
werden. Wieviel aber davon reine Wirkung der Freiheit, wieviel der
bloßen Natur und dem unverschuldeten Fehler des Temperaments oder
dessen glücklicher Beschaffenheit (merito fortunae) zuzuschreiben
sei, kann niemand ergründen und deshalb auch nicht nach völliger
Gerechtigkeit richten".[137]
Bei
Kant ist die Verantwortung vor Gott bereits ein nur abstraktes
Prinzip, eine Denkfigur. Der praktische Maßstab ist das Gewissen.
Nach Kant funktioniert das Gewissen nur, wenn man es sich wie
einen unabhängigen Beobachter vorstellt, der seine Stellung
unabhängig vom subjektiven Wollen des Betroffenen „genötigt“
durch die Vernunft bezieht. Das Gewissen ist eine natürliche
Einrichtung des Geistes, der der Mensch nicht entrinnen kann und
die in ihm als Richter fungiert. Wegen der Allgemeingültigkeit
des Anspruchs kann man das Gewissen mit Gott gleichsetzen. „so
wird das Gewissen als subjectives Princip einer vor Gott seiner
Taten wegen zu leistenden Verantwortung gedacht werden müssen; ja
es wird der letztere Begriff (wenn gleich nur auf dunkele Art) in
jenem moralischen Selbstbewußtsein jederzeit enthalten
sein.“[138] Die
Vorstellung eines Gottes bleibt aufgrund der Grenzen der Vernunft
allerdings nur eine Idee. „Der Begriff von der Religion
überhaupt ist hier dem Menschen bloß ‚ein Prinzip der
Beurteilung aller seiner Pflichten als göttliche Gebote’.“[139]
Kierkegaard[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Søren
Kierkegaard war
der erste Philosoph, der sich mit der Frage der Verantwortung aus
einem existenziellen Bedürfnis heraus auseinandersetzte.[140] Für
Kierkegaard entziehen sich Fragen des Glaubens und der Moral der
vernünftigen Deutung. Der Mensch ist in seinen Entscheidungen
frei und deshalb auf sich selbst angewiesen. Der Mensch ist der,
der durch Wahl „für das, was er als das Zufällige ausschließt,
eine wesentliche Verantwortung übernimmt im Hinblick darauf, dass
er es ausgeschlossen hat.“ (EO[141] 827)
Doch im Wissen um seine Freiheit, die Notwendigkeit, eine Wahl
treffen zu müssen, bleibt der Mensch auf der Suche nach dem Sinn
des Lebens.
Kierkegaard unterschied drei Stadien der menschlichen Existenz,
die dieser auf der Suche nach dem Sinn durchlaufen kann, das
ästhetische, das ethische und das religiöse.
Der
ästhetische Mensch empfindet Schwermut, weil er seinem Schicksal
ausgesetzt ist. Das Ästhetische ist keine Wahl zwischen Gut und
Böse, sondern die Indifferenz.
(EO 728) Es ist das Unmittelbare, das lustvolle, sich selbst
genießende Leben im Moment, in dem der Mensch sich nur auf sich
selbst bezieht und deshalb frei von Verantwortung ist. Doch dieses
Leben bringt keine Erfüllung; es ist oberflächlich und
affektiert. Die unerfüllte Suche treibt den ästhetischen
Menschen in die Verzweifelung. „Jeder Mensch, der nur ästhetisch
lebt, hat darum ein heimliches Grauen vor dem Verzweifeln, denn er
weiß sehr wohl, daß das, was die Verzweifelung hervorbringt, das
Allgemeine ist, und er weiß zugleich, daß das, worin er sein
Leben hat, die Differenz ist. Je höher ein Individuum steht,
um so mehr Differenzen hat es vernichtet oder ist darüber
verzweifelt, immer aber behält es eine Differenz übrig, die es
nicht vernichten will, in der es sein Leben hat.“ (EO 789)
Einen
Fortschritt findet der Mensch im ethischen Leben als dem zweiten
Stadium. Erst wenn der Mensch sich nicht nur zu sich selbst
verhält, sondern seine Verantwortung auf die Gesellschaft
richtet, findet er für sich die existenzielle Lebensweise. Er
übernimmt im ethischen Stadium nun auch Verantwortung für seine
Mitwelt. „Wer sich selber aber ethisch wählt, der wählt sich
konkret als dieses bestimmte Individuum; das Individuum bleibt
sich da als dieses bestimmten Individuums bewußt, mit den
besonderen Gaben und Neigungen, Trieben und Leidenschaften,
beeinflußt von einer bestimmten Umgebung, kurz als dieses
bestimmte Produkt einer bestimmten Welt. Aber indem ein Mensch
sich also seiner selbst bewußt wird, übernimmt er das alles und
unterwirft es seiner Verantwortung. Er häsitiert [zögert] nicht,
ob er das Einzelne mitnehmen soll oder nicht; denn er weiß es,
daß etwas viel Höheres verloren geht, wenn er es nicht thut.“
(EO 816) Doch auch im Ethischen kann der Mensch die Zweifel und
damit seine Verzweifelung nicht überwinden. „Der Ethiker führt
nur die Verzweifelung zu Ende, die der höhere Ästhetiker bereits
begonnen, aber willkürlich abgebrochen hat; denn mag die
Differenz noch so groß sein, sie ist doch nur relativ.“ (EO
790)
Das
dritte Stadium der Existenz ist das religiöse Stadium. In diesem
löst sich der Mensch von allem, was er mit der Vernunft bestimmen
kann. Hier hat auch Verantwortung keine Bedeutung mehr. Der Mensch
wählt Gott durch die Reue. „Er bereut sich in sich selbst
zurück, zurück in die Familie, zurück in das Geschlecht, bis er
sich selbst findet in Gott. Nur unter dieser Bedingung kann er
sich selbst wählen, und dies ist die einzige Bedingung, die er
will, denn so nur vermag er sich selbst absolut zu wählen."(EO
774)
Verantwortung
entsteht somit für Kierkegaard durch eine Wahl des ethischen
Lebens. „Das Gute ist dadurch, daß ich es will, und sonst ist
es gar nicht.“ (EO 784) Verantwortung ist auf das weltliche
Leben gerichtet und spielt im religiösen Stadium keine Rolle
mehr, wo nur noch der Glaube und die ernsthaft empfundene Reue
zählen. Kierkegaard hat mit seinen Gedanken Impulse für
die Existenzphilosophie und
für den Strukturalismus und
den Poststrukturalismus als
der Philosophie der Differenz gesetzt.
Nietzsche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Friedrich
Nietzsche stellte
einen unmittelbaren Zusammenhang mit der aus
der Aufklärung folgenden
Erfahrung her, „daß kein Gott für uns sorgt und es kein
Sittengesetz giebt“[142] Für
ihn folgte daraus: „Sobald man nicht mehr an Gott und an die
Bestimmung für ein Jenseits glaubt, wird der Mensch
verantwortlich für alles Lebendige“[143] Wer
an eine höhere Instanz glaubt, die den Menschen richtet, begeht
einen „Irrthum der Verantwortlichkeit“[144] Vielmehr
entsteht aus der Tatsache, dass man sich gegenüber niemandem
moralisch verantworten muss, die Einsicht einer
„Verantwortlichkeit gegen sich selber“[145]
Aus
der erkannten Selbstverantwortung entsteht nun für Nietzsche die
Aufgabe, eine Philosophie der Zukunft zu entwerfen. „Sobald nun
jene zwei Trostmittel, das Platos und das Muhameds, dahin gefallen
sind und kein Denker mehr an der Hypothese eines ‚Gottes’ oder
‚ewiger Werthe’ sein Gewissen erleichtern kann, erhebt sich
der Anspruch des Gesetzgebers neuer Werthe zu einer neuen und noch
nicht erreichten Furchtbarkeit.“[146] Derjenige,
der die Verantwortung übernehmen muss, ist ein neuer Menschentyp,
der Übermensch,
der über eine Herrenmoral verfügt
und bereit ist zur Umwertung
aller Werte.
„Umwerthung aller Werte, das ist meine Formel für einen Akt
höchster Selbstbesinnung für die Menschheit“[147]Nietzsche
beschrieb diesen neuen Menschen auch als „Freigeist“, den
„guten Europäer“ oder die „neuen Philosophen“. Er ist
„das von der Sittlichkeit der Sitte wieder losgekommene, das
autonome übersittliche Individuum“[148] Es
geht nun darum, die „Menschen die Zukunft des Menschen als
seinen Willen, als abhängig von einem Menschen-Willen zu lehren
und grosse Wagnisse und Gesamt-Versuche von Zucht und Züchtigung
vorzubereiten, um damit jener schauerlichen Herrschaft des Unsinns
und Zufall, die bisher ‚Geschichte’ hiess, ein Ende zu
machen“[149]
Max Weber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Politik
als Beruf unterscheidet Max
Weber das
Spannungsfeld, in dem Politiker/innen handeln, durch den
scheinbaren Widerspruch einer "Leidenschaft im Sinne von
Sachlichkeit". Politiker/innen - zumindest solche, die den
"Beruf" zur Politik haben - zeichnen sich durch "Hingabe
an eine Sache" aus. Dazu bedarf es eines Mindestmaßes an
Gesinnung (Gesinnungsethik)
und dazu des nötigen Augenmaßes (Verantwortungsethik).
Politiker dürfen aber auch nicht "steril aufgeregt"
sein - die Gesinnung muss authentisch sein,
muss durch die Verantwortungsethik jedoch eingezäumt werden.
Insofern erscheint die Verantwortung als Widerspruch zu, aber auch
als Voraussetzung für politische Gesinnungshaltungen.
- „Es ist ein abgrundtiefer Gegensatz, ob man unter der gesinnungethischen Maxime handelt - religiös geredet: ‘Der Christ tut recht und stellt den Erfolg Gott anheim’ -, oder unter der verantwortungsethischen: daß man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat.“[150]
- „Denn wenn es in Konsequenz der akosmistischen Liebesethik heißt: ‘dem Übel nicht widerstehen mit Gewalt’, so gilt für den Politiker umgekehrt der Satz: du sollst dem Übel gewaltsam widerstehen, sonst bist du für seine Überhandnahme verantwortlich.“[151]
Schweitzer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Albert
Schweitzer richtete
sein Denken am Ideal der Humanität aus.
„Tiefe Religion und tiefes Denken haben miteinander das
Humanitätsideal geschaffen und verkündet. Von ihnen haben wir es
übernommen. Wir bekennen uns zu ihm und sind überzeugt, daß es
das ethische Grundelement wahrer Kultur ist.“ (GW[152] 5,
169) Das Motto seiner
Ethik, die er auch praktisch versuchte zu leben, lautet „Ehrfurcht
vor dem Leben“. Die Verantwortung für andere Lebewesen ist
begründet durch eine naturhaft vorgegebene Lebensbejahung, wobei
der Mensch eine Sonderstellung einnimmt: „Im ethischen Menschen
kommt das Naturgeschehen in einen Widerspruch mit sich selbst. Die
Natur kennt nur blinde Lebensbejahung. Der in den Kräften und
Lebewesen auftretende Wille zum Leben ist bestrebt, sich
durchzusetzen. Im Menschen aber kommt dieses natürliche Bestreben
in Spannung mit einem geheimnisvollen anderen. Die Lebensbejahung
strengt sich an, die Lebensverneinung in sich aufzunehmen, um
anderen Lebewesen in Hingebung zu dienen und sie, eventuell durch
Selbstaufopferung, vor Schädigung und Vernichtung zu bewahren.“
(GW 2, 355)
Die
Verantwortlichkeit des Menschen kommt in besonderem Maße in
Konfliktsituationen zum Ausdruck. Hier ist der Mensch auf sich
selbst angewiesen und keiner kann ihm die Entscheidung abnehmen.
„Nur subjektive Entscheide kann der Mensch in den ethischen
Konflikten treffen. Niemand kann für ihn bestimmen, wo jedes Mal
die äußerste Grenze der Möglichkeit des Verharrens in der
Erhaltung und Förderung von Leben liegt. Er allein hat es zu
beurteilen, indem er sich dabei von der aufs höchste gesteigerten
Verantwortung gegen das andere Leben leiten läßt.“ (GW 2, 388)
Schweitzer hat dies an einem einfachen Erlebnis deutlich gemacht:
„Ich kaufe Eingeborenen einen jungen Fischadler ab, den sie auf
einer Sandbank gefangen haben, um ihn aus ihren grausamen Händen
zu erretten. Nun aber habe ich zu entscheiden, ob ich ihn
verhungern lasse oder ob ich täglich soundso viele Fischlein
töte, um ihn am Leben zu erhalten. Ich entschließe mich für das
letztere. Aber jeden Tag empfinde ich es als etwas Schweres, daß
auf meine Verantwortung hin dieses Leben dem andern geopfert
wird." (GW 1, 243)
Bonhoeffer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein
außergewöhnliches Beispiel bewusst gelebter Verantwortung aus
dem Glauben war Dietrich
Bonhoeffer,
der sich von Anbeginn öffentlich gegen
den Nationalsozialismus stellte,
aktiv den Widerstand unterstützte
und schließlich kurz vor Ende des Krieges im KZ
Flossenbürg ermordet
wurde. Bonhoeffer verband seinen hohen theoretischen Anspruch mit
einer dem gerecht werdenden Lebenshaltung.
Bonhoeffers
persönliches Leitmotiv war „das Wirklichwerden der
Offenbarungswirklichkeit Gottes in Christus unter seinen
Geschöpfen.“ (DBW 6,[153] 34).
Das Gute war für ihn nicht der Wert eines Seienden oder einer
Handlung, sondern die Wirklichkeit Gottes. „Das Gute ist nichts
ohne dieses Wirkliche, und dieses Wirkliche ist nichts ohne das
Gute.“ (DBW 6, 35) Bonhoeffer vertrat eine Verantwortungsethik,
weil er nur in dieser Glauben und Handeln in Einklang sah. Die
Gesinnungsethik hat keinen unmittelbaren Bezug zur Tat, der Erfolg
einer Erfolgsethik ist gut, benötigt aber nicht den Glauben als
Grundlage und kann deshalb abweichende Werte verfolgen. Beide
bleiben an der Oberfläche. (DBW 6, 37) Den richtigen Weg zur
Verantwortung findet der Mensch, wenn er sein praktisches Leben im
Glauben führt. „Diese echte Verantwortung besteht in der
Ausrichtung der konkreten Gestalt der göttlichen Mandate auf
ihren Ursprung, ihren Bestand und ihr Ziel in Jesus Christus.“
(DBW 6, 57) Christliche Ethik kann für Bonhoeffer nicht in der
Theorie verhaftet bleiben. „Hier kann Entscheidung und Tat nicht
mehr dem Einzelnen in sein Gewissen geschoben werden, sondern hier
gibt es konkrete Gebote und Weisungen, für die Gehorsam gefordert
wird.“ (DBW 6, 89) Die Verantwortung liegt nicht mehr nur beim
Einzelnen, sondern die ganze Kirche ist gefordert. Wer den
Gehorsam nicht leistet, kann sich vor Gott nicht verantworten.
Deshalb sah Bonhoeffer auch die Bekennende
Kirche als
einzig legitime Vertretung der evangelischen Christen in der
Nachfolge Christi in der Zeit
des Nationalsozialismus.
Er betonte, dass „wir durch unsere Geschichte objektiv in einen
bestimmten Erfahrungs-, Verantwortungs- und
Entscheidungszusammenhang gestellt sind, dem wir uns ohne
Abstraktion nicht mehr entziehen können.“ (DBW 6, 88) In diesem
Sinne lässt sich Verantwortung aus Glauben und politische
Verantwortung des Christen nicht trennen.[154] Bonhoeffer
widersprach der teilweise im Lutheranismus verbreiteten
Interpretation der Zwei-Reiche-Lehre,
dass das Glaubensleben und das öffentliche Leben in der Praxis
getrennt werden könnten.
Wie
die Eltern für ihre Kinder so übernimmt der Christ als
Stellvertreter Gottes Verantwortung in der Wirklichkeit (DBW 6,
257) Diese Stellvertretung erfolgt in der „Nachfolge“ Christi.
(1937, DBW 4) Aus dieser Position des Nachfolgers ist der Mensch
zur Zivilcourage aufgefordert
und im Grenzfall in den Konflikt des Widerstandes gegen positive
Gesetze geraten. „Es gibt kein Gesetz, hinter dem der
Verantwortliche hier Deckung suchen könnte. Es gibt auch kein
Gesetz, das den Verantwortlichen angesichts solcher Notwendigkeit
zu dieser oder jener Entscheidung zu zwingen vermöchte. Es gibt
angesichts dieser Situation nur den völligen Verzicht auf jedes
Gesetz, verbunden mit dem Wissen darum, hier in freiem Wagnis
entscheiden zu müssen.“ (DBW 6, 274) Die durch einen
Gesetzesverstoß entstehende Schuld muss ein Christ auf sich
nehmen, wenn er in der Nachfolge Christi steht, der die Schuld der
Menschen ohne Sünde trug. (DBW 6, 276)
Bonhoeffer
betonte die Freiheit des Menschen, verantwortlich zu handeln:
„Verantwortung und Freiheit sind einander korrespondierende
Begriffe. Verantwortung setzt sachlich – nicht zeitlich –
Freiheit voraus, wie Freiheit nur in der Verantwortung bestehen
kann. Verantwortung ist die in der Bindung an Gott und an den
Nächsten allein gegebene Freiheit des Menschen.“ (DBW 6, 283)
Wer um seine Freiheit weiß, weiß auch um seine Verantwortung.
Im
Anschluss an Bonhoeffer forderte die Vollversammlung
des Ökumenischen
Rates der Kirchen 1948
in Amsterdam eine „verantwortliche Gesellschaft“, die sich an
Freiheit und Gerechtigkeit ausrichtet.[155] Martin
Honecker definierte
hierzu: „eine verantwortliche Gesellschaft ist eine solche, in
der Freiheit Freiheit von Menschen ist, die sich für
Gerechtigkeit und öffentliche Ordnung verantwortlich wissen, und
in der jene, die politische Autorität oder wirtschaftliche Macht
besitzen, Gott und den Menschen, deren Wohlfahrt davon abhängt,
für ihre Ausübung verantwortlich sind.“[156]
Sartre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Existenzialismus Jean-Paul
Sartres wird
das Verhältnis von Freiheit und Verantwortung radikalisiert. Der
Mensch ist verurteilt zur Freiheit und trägt deshalb die
Verantwortung für alle Handlungen in der Welt. (SN[157] 950)
Der Mensch ist das Subjekt, das Für-sich, das den Zustand der
Welt als sein eigenes Produkt hinnehmen muss. Die Übernahme der
absoluten Verantwortlichkeit ist die Konsequenz der totalen
Freiheit. „Was mir zustößt, stößt mir durch mich zu, und ich
kann weder darüber bekümmert sein, noch mich dagegen auflehnen,
noch mich abfinden.“ (SN 951) Der Mensch kann sich seinem
Schicksal nicht entziehen, „sofern letztlich meine Geworfenheit,
das heißt meine Faktizität,
lediglich darin besteht, dass ich verurteilt bin, vollständig für
mich selbst verantwortlich zu sein.“ (SN 955)
Indem
der Mensch seine Freiheit und Verantwortung anerkennt, wählt der
Mensch sich selbst. Er schafft einen Entwurf des Lebens und dieser
ist sein Bild des Menschen. Er wird zum allgemeinen Gesetzgeber.
„Wenn wir sagen, der Mensch wählt sich, verstehen wir darunter,
jeder von uns wählt sich, doch damit wollen wir auch sagen, sich
wählend wählt er alle Menschen.“ (EH[158] 151)
Wer sich selbst als frei und verantwortlich betrachtet, gesteht
auch allen anderen diese Freiheit zu und fordert von ihm
Verantwortung. Die Freiheit des anderen ist die Grenze der eigenen
Freiheit. Dies bedeutet, dass die Einsicht in seine Geworfenheit
den Menschen nicht isoliert, sondern ihm die Zugewandtheit auf
andere Menschen, eine Humanität erst ermöglicht. Andererseits
ist Verantwortung eine Bürde.[159]
Jaspers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein
Schlüsselbegriff im philosophischen Denken von Karl
Jaspers ist
der der Grenzsituation.[160] Die
Grundsituation des Menschen ist, dass er sich als jemand bewusst
ist, der in einem Leben steht, das er bewältigen muss. Hierzu
gehört auch das Wissen, dass er krank sein kann oder sterben
muss. Eine Grenzsituation entsteht immer dann, wenn er in seinem
Schicksal mit grundlegenden krisenhaften Situationen konfrontiert
ist, denen er ausgeliefert ist, ohne sie abwenden zu können und
ohne über ein Mittel zu verfügen, wie er sie bewältigen kann;
„sie sind wie eine Wand, an die wir stoßen, an der wir
scheitern.“[161]
Um
Grenzsituationen wie die Begegnung mit dem Tod, der
unabweisbaren Geschichtlichkeit oder
der nicht mehr umkehrbaren Schuld zu bewältigen, muss sich der
Mensch ihnen nach Jaspers stellen. „Auf Grenzsituationen
reagieren wir darum sinnvoll nicht durch Plan und Berechnung, um
sie zu überwinden, sondern durch eine ganz andere Aktivität, das
Werden der in uns möglichen Existenz; wir werden selbst, indem
wir in die Grenzsituation offenen Auges eintreten. […]
Grenzsituationen erfahren und Existieren ist dasselbe.“[162]
Wenn
der Mensch im Scheitern Schuld auf sich geladen hat, muss er sich
dieser stellen und die Verantwortung übernehmen. Nur so tritt er
in die Grenzsituation ein. Mit dem Annehmen der Verantwortung
entspricht der Mensch der „nicht aufhörenden Forderung zum
Anderswerden“.[162] Jaspers
hat diese Auffassung in einer Vielzahl politischer Stellungnahmen
nach dem Zweiten Weltkrieg für sich persönlich umgesetzt.
Levinas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Programmatisch
stellt Emmanuel
Lévinas fest,
es sei „nicht ganz unwichtig zu wissen, ob der egalitäre und
gerechte Staat, in dem der Mensch seine Erfüllung findet (und den
es einzurichten und vor allem durchzuhalten gilt), aus einem Krieg
aller gegen alle hervorgeht oder aus der irreduziblen
Verantwortung des Einen für alle und ob er auf Freundschaften und
Gesichter verzichten kann."[163] Für
Lévinas ist es die Begegnung mit dem anderen Menschen
von-Angesicht-zu-Angesicht, aus der Verantwortung
entsteht.[164] Der
Andere begegnet dem Subjekt, ohne dass es darauf Einfluss nehmen
kann. Er ist ein Widerfahrnis für das Subjekt.[165] Der
Andere erhält hierdurch den Anspruch als ein Eigenes anerkannt zu
werden. Dies ist die Verantwortung des Subjektes gegenüber dem
Anderen.
Dem
Subjekt ist es existenziell unmöglich, „sich der Verantwortung,
der Sorge und des Einstehens für den Anderen zu
entziehen.“[166] Durch
diese unabweisbare Forderung des Anderen wird so die Freiheit und
Spontaneität des Subjektes infrage gestellt. Der Arzt erhält die
Verantwortung für seinen Patienten, indem dieser sich den Arzt
als Verantwortlichen erwählt.[167] Im
Vollzug seiner Verantwortung ist der Arzt dem Patienten
ausgesetzt.[168] Es
entsteht eine besondere Intimität und Nähe, die Levinas mit
einer Liebesbeziehung vergleicht. Der Verantwortliche muss sich
mit Rolle des Anderen, dem er nicht ausweichen kann,
identifizieren. Bestimmend ist die „Nicht-Indifferenz der
Verantwortung bis hin zur Stellvertretung für den Nächsten.“[169]
Aus
dem Verhältnis zum Anderen ergibt sich bei Levinas ähnlich wie
bei Schweitzer oder Sartre eine Ethik des Humanismus, die jedem
eine Mitverantwortung für die schrecklichen Handlungen wie
im Holocaust,
für die Zerstörungen der Natur oder für die Ungerechtigkeit und
den Hunger aufgrund der Armut in der Welt zuweist. „Der Mensch
gehört nicht zu einer Gesellschaft, die ihren Mitgliedern eine
begrenzte Verantwortung überträgt. Er ist Mitglied einer
Gesellschaft mit unbeschränkter
Verantwortung.“[170] Verantwortung
realisiert sich in Gerechtigkeit. „Von selbst findet nun die
Verantwortung eine Grenze, entsteht die Frage: 'Was habe ich
gerechterweise zu tun?' Gewissensfrage. Es braucht die
Gerechtigkeit, das heißt den Vergleich, die Koexistenz, die
Gleichzeitigkeit, das Versammeln, die Ordnung, das Thematisieren,
die Sichtbarkeit der Gesichter und deshalb die Intentionalität
und den Intellekt der Intentionalität und dem Intellekt die
Verstehbarkeit des Systems und insofern auch eine gemeinsame
Gegenwart auf gleicher Ebene, der der Gleichheit, wie vor einem
Gericht.“[171]
Etzioni[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für Amitai
Etzioni ist
Verantwortung ein wesentliches Element
einer kommunitaristisch orientierten
Gemeinschaft. In seinem Buch Die
Verantwortungsgesellschaft entwickelt
er Kriterien, die eine gute Gesellschaft ausmachen. Anzustreben
ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ordnung und
Autonomie.[172] Er
vertritt die These „daß der Ruf nach mehr sozialer
Verantwortung [...] nicht auf die Einschränkung individueller
Rechte zielt, daß vielmehr starke Rechte und ein hohes Maß an
Verantwortung zusammengehören.“[173] Durch
eine in der Gegenwart immer mehr ausgeweitete individuelle
Freiheit gehen moralische Werte verloren und es werden die
„ohnehin schon geschwächten Fundamente der sozialen Tugenden
weiter ausgehöhlt.“[172] Etzioni
appelliert stattdessen für die Ausbildung eines Gemeinsinns, der
der Stimme der Moral folgt, eine freiwillige Übernahme von
Verantwortung anstrebt und als Wert die goldene Mitte ähnlich
der Tugendethik bei
Aristoteles setzt. „Gemeinschaften verfügen oft über starke
moralische Stimmen und können darum hilfreich sein, eine soziale
Ordnung zu bewahren, die sich maßgeblich auf Wertverpflichtungen
stützt und von freiwilliger Natur ist, anstatt erkauft oder
erzwungen zu sein.“[174] Hiermit
wendet er sich sowohl gegen den ungezügelten Kapitalismus als
auch gegen einen paternalistischen Staat.
Verantwortung als Thema der Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine
kritische Auseinandersetzung mit der Verantwortung im Zweiten
Weltkrieg ist
das Drama Draußen
vor der Tür vonWolfgang
Borchert.
Die Verantwortung der Wissenschaften thematisiert Friedrich
Dürrenmatt in Die
Physiker.
Ähnlich verhandelt Heinar
Kipphardt im
Theaterstück In
der Sache J. Robert Oppenheimer die
Verantwortung des Physikers für die Verwendung seiner Erfindung
aus dem Manhattan-Projekt.
Auch der Komponist John
Adams greift
das Thema in seiner Oper Doctor
Atomic auf.
Zitate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
- von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ (Erster Satz desGrundgesetzes)
- Unsere Würde unterscheidet uns von allen anderen innerweltlichen Wesen; in ihr erfahren wir unsere Verantwortung; wir tragen Verantwortung für uns selbst und für andere. - Deutsche Bischofskonferenz
- „Unser Handeln ist immer in gewissem Maße von Verantwortung durchleuchtet. Das Wesen dieser Verantwortung bildet die dauernde Spannung zwischen unserem ‚ich’ als dem Subjekt unseres Handelns und der Erfahrung von etwas außerhalb von uns – irgendeines ‚Gesetzes’ oder eines Richterstuhls, die unser Handeln richten, irgendeines ‚untersuchenden Auges’, das man nicht belügen kann, weil es alles sieht und sich alles gut merkt, einer unendlich weisen und gerechten Instanz, die imstande ist, die allersubtilsten unserer Entscheidungen und Motivationen zu verfolgen, die allein sie völlig verstehen und endgültig beurteilen kann und deren ‚unwiderrufliche’ Haltung für uns aus irgendeinem Grunde größere Bedeutung hat als alles andere auf der Welt. Die menschliche Verantwortung ist also, wie übrigens schon aus dem Wort hervorgeht, die Verantwortung zu etwas. Wozu aber? Was ist diese allgegenwärtige, allmächtige und nicht zu täuschende Instanz und wo hat sie ihren Sitz?“ (Václav Havel)
- „Das Wort Verantwortung hat nur da einen deutlichen Sinn, wo jemand die Folgen seines Handelns öffentlich abgerechnet bekommt, und das weiß; so der Politiker am Erfolg, der Fabrikant am Markt, der Beamte an der Kritik der Vorgesetzten.“ (Arnold Gehlen)
Siehe auch:
- RACI (RACI-Matrix)
Fahrlässigkeit ist
ein vor allem in der Rechtssprache geläufiger
Fachausdruck. Gemeinsam mit dem Vorsatz beschreibt
die Fahrlässigkeit die innere Einstellung des Täters gegenüber dem
von ihm verwirklichten Tatbestand.
Sowohl
das Zivilrecht als
auch das Strafrecht verwenden
den Begriff, wobei die Bedeutung nicht deckungsgleich sein muss.
Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zivilrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das
deutsche Zivilrecht verwendet den Begriff der Fahrlässigkeit
hinsichtlich des Verschuldens bzw. Vertretenmüssens.
Es geht dort um den Haftungsmaßstab für
das Einstehenmüssen für eigenes oder fremdes Verhalten.
Nach § 276 Abs. 2BGB ist
Fahrlässigkeit das Außer-Acht-Lassen „der
im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“.
Die Fahrlässigkeit grenzt sich vomVorsatz dadurch
ab, dass die Folge der Handlung nicht willensmäßig herbeigeführt
worden ist. Damit Fahrlässigkeit überhaupt vorliegen kann, bedarf
es der Vermeidbarkeit, der Voraussehbarkeit
des rechts- beziehungsweise
pflichtwidrigen Handelns und der sich daraus ergebenden Folge.
Darüber hinaus muss ein alternatives Verhalten in der jeweiligen
Situation zumutbar sein. Der Fahrlässigkeitsmaßstab ist die
objektive erforderliche Sorgfalt, nicht die übliche Sorgfalt. Wer am
Rechtsverkehr teilnimmt, muss sich darauf verlassen können, dass der
andere Teilnehmer mit der für seine Tätigkeit erforderlichen
Sorgfalt agiert. Kann der andere Rechtsverkehrsteilnehmer dies aus
Alters-, Krankheits- oder Wissensdefizitgründen etc. nicht, verletzt
er die erforderliche Sorgfalt. Jeder muss sich beispielsweise darauf
verlassen können, dass ein Berufsfahrer sein Fahrzeug sicher
beherrschen kann. Hat der Fahrer aber ein Reaktionsdefizit,
so kann er nicht die erforderliche Sorgfalt an den Tag legen. In
Bezug auf das Verschulden aber kann ihm diese persönliche
Erschwernis nicht haftungsmildernd zugutegehalten werden. Der
Berufsfahrer muss, sofern er seine Tätigkeit ausübt, sich gewahr
sein, dass er die erforderliche Sorgfalt auch tatsächlich und
jederzeit an den Tag legen kann.
Einfache und grobe Fahrlässigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das
Zivilrecht unterscheidet zwei Arten der
Fahrlässigkeit. Einfache Fahrlässigkeit
i. S. d. § 276 Abs. 2 BGB liegt vor, wenndie
im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen
wird.[1] Grobe Fahrlässigkeit
ist gesetzlich nicht definiert. Sie wird angenommen, wenn die im
rechtlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem
Maße verletzt wurde oder wenn naheliegende Überlegungen nicht
angestellt wurden.[2]
Einen
Sonderfall kennt das Arbeitsrecht:
Dort unterscheidet die Rechtsprechung bei einfacher Fahrlässigkeit
noch zwischenmittlerer
Fahrlässigkeit und leichtester
Fahrlässigkeit.
Strafrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das
Strafrecht sieht eine Strafbarkeit für fahrlässiges Handeln
nach § 15 StGB nur
vor, wenn dies ausdrücklich mit Strafe bedroht wird.
Das
deutsche Strafrecht übernimmt die Einteilung und Definition der
unbewussten und bewussten Fahrlässigkeit nicht ausdrücklich vom
Zivilrecht; die herrschende Meinung und vor allem die Rechtsprechung
lehnen sich aber an den § 276Abs. 2
BGB an, der die Fahrlässigkeit als Außerachtlassung der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt definiert: essentielle Bestandteile der
Fahrlässigkeitsprüfung sind daher die Verletzung einer objektiven
Sorgfaltspflicht und deren Erkennbarkeit. Ein fahrlässig Handelnder
will nicht bewusst gegen die Rechtsordnung verstoßen. Bei Anspannung
aller seiner seelischen Kräfte hätte er aber erkennen können, dass
sein Handeln für ein geschütztes Rechtsgut hätte gefährlich
werden können. Das Tat- und damit das Unrechtsbewusstsein hätten in
der konkreten Tatsituation somit für den Täter erlangbar sein
müssen. Im Rahmen der Schuld ist
weiterhin nach der subjektiven Seite der Fahrlässigkeit zu fragen:
handelte der Täter auch subjektiv pflichtwidrig, obwohl der Erfolg
gerade auch für ihn voraussehbar war? Eine im Vordringen befindliche
von u. a. Schmidhäuser begründete
Auffassung lehnt jedoch diese strikte Anlehnung der strafrechtlichen
Fahrlässigkeit an das Zivilrecht ab und definiert die Fahrlässigkeit
bedeutend einfacher als zwar nicht aktuell vorhandenes, aber dem
Täter in der konkreten Situation gleichwohl potenziell erlangbares
nicht nur Tat-, sondern auch Unrechtsbewusstsein.
Problematisch ist im Strafrecht die Abgrenzung der strafbaren
Fahrlässigkeit von der bloßen straflosen Unachtsamkeit sowie
dieUnterscheidung
von Eventualvorsatz (dolus eventualis) und bewusster Fahrlässigkeit
(luxuria).
Täterschaft und Fahrlässigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Umstritten
ist, ob es bei den Fahrlässigkeitstaten eine Differenzierung
zwischen Täterschaft und Teilnahme gibt. Die herrschende Meinung
vertrat bisher das Einheitstäterprinzip, das eine solche
Differenzierung verneint. Nach dem Einheitsprinzip haftet jeder aus
einem etwaigen fahrlässigen Erfolgsdelikt, der den Erfolg fahrlässig
verursacht hat. Allerdings wurde dies nicht gänzlich durchgehalten.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Lehre vom Regressverbot.
In jüngerer Zeit wird eine fahrlässige Mittäterschaft zunehmend
akzeptiert. Diese Konstruktion beruht auf dem Bedürfnis, in den
Fällen, in denen Kausalität nicht nachweisbar ist, durch
mittäterschaftliche Zurechnung von Tatbeiträgen zu einer einfachen
und sicheren Begründung der Strafbarkeit zu kommen. Dabei ist
zweifelhaft, inwiefern eine fahrlässige Mittäterschaft einen
gemeinsamen Tatentschluss voraussetzt. Die herrschende Meinung
verlangt eine solche gegenseitige Zusage von wechselseitigen
Beiträgen. Nach anderer Auffassung ist es bereits ausreichend, wenn
mehrere Personen zu einem unerlaubten Werk beitragen.
Bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Strafrechtlich
wird zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit
unterschieden. Bei der bewussten
Fahrlässigkeit(lat. luxuria[3])
rechnet der Handelnde mit dem möglichen Eintritt, vertraut aber
pflichtwidrig und vorwerfbar darauf, dass der Schaden nicht eintreten
wird. Der Handelnde darf den Erfolg aber nicht billigend in Kauf
genommen haben, sonst liegt bedingter Vorsatz (dolus
eventualis)
vor. Die unbewusste
Fahrlässigkeit (lat. negligentia)
ist dadurch gekennzeichnet, dass der Handelnde den Erfolg nicht
voraussieht, aber ihn doch bei der im Verkehr erforderlichen und ihm
zumutbaren Sorgfalt hätte voraussehen und verhindern können.
Sonderprobleme und -fälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Die Leichtfertigkeit (Merkmal mehrerer erfolgsqualifizierter Delikte) entspricht dem Begriff der groben Fahrlässigkeit des BGB, es wird dabei jedoch auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abgestellt. Die Leichtfertigkeit stellt somit eine Steigerung der Fahrlässigkeit dar.
- Unterdurchschnittliches Wissen oder Fähigkeiten führen nach h. M. nicht zu einem herabgesetzten Maßstab der Sorgfaltspflichten auf der Tatbestandsebene. Diese führen allenfalls zu einem Schuldausschluss, wobei dann aber an einÜbernahmeverschulden zu denken ist.
- Überdurchschnittliches Wissen ist nach h. M. beachtlich. Beispiel: Ein als Aushilfskellner angestellter Biologe erkennt beim Servieren eine giftige Frucht im Essen für den Gast und ist daher verpflichtet, dieses Spezialwissen zu nutzen und auf die Gefahr hinzuweisen.
- Die Berücksichtigung überdurchschnittlicher Fähigkeiten bei der Beurteilung des Vorliegens einer Fahrlässigkeit bzw. der Sorgfaltspflichten ist sehr umstritten. Einerseits wird argumentiert, dass der "tüchtigere Täter" (z. B. ein Facharzt soll sich der fahrlässigen Körperverletzung durch einen Behandlungsfehler schuldig gemacht haben) nicht mehr bestraft werden soll als ein "einfacher" Nicht-Facharzt. Anderseits wird angeführt, dass für einen optimalen Rechtsschutz eine optimale Anstrengung erwartet werden soll; dies soll insbesondere dann gelten, wenn die Fähigkeiten des Täters bekannt sind und gerade deshalb z. B. dieser als Arzt beauftragt wurde.
Entkriminalisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Entkriminalisierung von
Fahrlässigkeitsdelikten ist immer wieder in der Diskussion. Gegen
die Entkriminalisierung von
fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger
Tötung spricht
allerdings die Schutzwirkung der Grundrechte aus Art. 2Abs. 2
S. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.
Jedoch ist auch unter der Beachtung der Grundrechte eine Begrenzung
der Strafe nötig, weil das Strafrecht erst das letzte Mittel (lat.:
ultima ratio) der staatlichen Sanktion sein soll. Angesichts der sich
immer weiter entwickelnden Risiken in einer Technologiegesellschaft
dürfe es daher nicht ein immer ausufernderes Strafrecht geben, da
ansonsten die Begehung von Straftaten zum Normalfall werde und nicht
eine Ausnahme bleibe.
Beispiele für fahrlässig verursachte Straftaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern (§ 328 Abs. 5 StGB)
Daneben
werden noch Erfolgsqualifikationen i.S.d. § 18 StGB
eines vorsätzlichen Grunddelikts bezüglich der strafschärfenden
Folgen bereits bei Fahrlässigkeit bestraft, z. B.:
- Freiheitsberaubung, wenn der Täter das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB) (nach Mindermeinung keine Erfolgsqualifikation, sondern (vorsatzbedingende) selbständige Qualifikation)
- Freiheitsberaubung mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung oder Tod (§ 239 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 StGB)
- Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung (§ 308 Abs. 2 StGB)
- Mißbrauch ionisierender Strahlen mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung (§ 309 Abs. 3 StGB)
- Fehlerhafte Herstellung einer kerntechnischen Anlage mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung (§ 312Abs. 3 StGB)
- Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung (§ 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB)
- Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr mit der Folge einer schweren Gesundheitsbeschädigung (§ 315b Abs. 3 StGB)
Leichtfertige
Delikte: (oft auch als Erfolgsqualifikation zu einem
vorsätzlichen Grunddelikt)
Ökonomischer Fahrlässigkeitsbegriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der
bekannteste Fahrlässigkeitsbegriff der ökonomischen
Analyse des Rechts geht
auf den US-amerikanischen RichterLearned
Hand zurück.
Die nach ihm benannte Learned-Hand-Formel besagt,
dass fahrlässig handelt, wer sich scheut, Risikovermeidungskosten zu
investieren, die geringer sind als der Erwartungswert entsprechender
Schäden.[4]
Risikovermeidungskosten
(V) bezeichnen den Aufwand zur Verhinderung des möglichen Schadens;
der Erwartungswert des Schadens stellt vereinfacht die Höhe des
möglichen Schaden (S) bei seinem Eintritt multipliziert mit der
Wahrscheinlichkeit (q) seines Eintritts dar.
Fahrlässigkeit
ist demnach zu bejahen, wenn gilt:
-
Entkriminalisierung ist ein in der rechtspolitischen Diskussion und der Strafrechtsreform gebrauchter Begriff.
Entkriminalisierung
setzt logischerweise voraus, dass eine
Verhaltensweise kriminalisiert ist.
Der Vorgang der Kriminalisierung stellt das Gegenstück zur
Entkriminalisierung dar.[1] Die
Forderung nach Entkriminalisierung geht
dahin, bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr mit Strafe (und der
damit verbundenen besonderen Missbilligung durch die
Rechtsgemeinschaft) zu belegen. Ein Beispiel für Entkriminalisierung
ist die Herausnahme der Übertretungen aus
dem Strafgesetzbuch 1974 und die damit verbundene Schaffung des
Begriffs der Ordnungswidrigkeiten.
Ein
weiteres Anliegen der Strafrechtsreformer war die Entkriminalisierung
der Prostitution,
die gegenwärtig nur noch insoweit strafrechtlich verfolgt werden
soll, als sie mit Zwang oder anderweitiger Ausnutzung der
Prostituierten, in jugendgefährdender Weise (zum Beispiel in der
Nähe von Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen) oder
inSperrbezirken erfolgt.
Diskutiert
wird die Entkriminalisierung schließlich im Bereich der
Drogenpolitik sowie im Kontext der Migrationspolitik.
Im Zusammenhang mit illegalen Drogen geht es überwiegend um die
Frage, ob das Strafrecht das geeignete Mittel ist, um die Gefahren
des Drogenkonsums zu bekämpfen und den Jugendschutz zu
gewährleisten (siehe Legalisierung
von Drogen).
Im Zusammenhang mit dem irregulären
Aufenthalt von Ausländern in
Deutschland geht es darum, ob dieser weiterhin als Straftat bewertet
werden soll.
Im
Gespräch sind auch Vorschläge, weniger schwerwiegende Straftaten
wie Ladendiebstähle,
leichte Sachbeschädigungenoder Schwarzfahrten zu
entkriminalisieren.[2][3] Bei
diesen Vorschlägen geht es nicht darum, den Unrechts-Charakter der
Taten zu bestreiten, sondern die „kostbare Ressource Recht“
effizienter zu nutzen, indem Polizei und Justiz entlastet werden.
Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beispiele
für gesellschaftliche Bereiche, die z.B. in Deutschland
entkriminalisiert wurden:
- Ehebruch: Abschaffung der Strafbarkeit 1969
- Homosexualität; Rücknahme des Straftatbestandes des § 175 StGB (männliche Homosexualität) in den Reformen von 1969 und 1973.
- Prostitution: Änderung der §§ 180a I, 181a II StGB schafft die Möglichkeit, sichere, hygienische und komfortable Arbeitsbedingungen sowie den Abschluss von Arbeitsverträgen straffrei anzubieten.[4]
Am
14. Oktober 2015 legte die Bundestagsfraktion
Bündnis 90/Die Grünen dem Deutschen
Bundestag einen
Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung von Menschen
ohne Aufenthaltsstatus vor.[5]