Anna
M. Malen(ka) Radi, Achort 52/61, 5310 Mondsee
Arbeitsstand:
17.12.2014/Wullersdorf
Seelenlandschaften
und soziale Prozesse
Mit
dem Begriff 'sozialer Prozess' werden Elemente, Aspekte und Emotionen
betrachtet. Die Autorin M. Radi und die Fotografin Birgit Gronau sind
sich begegnet, weil sie einen ähnlichen Blickwinkel haben. Die
Schreibende versucht, sich unterstützende und gegenläufige
Tendenzen, gleichgeartete oder widerständige System- und
Umweltbedingungen sowie das Handeln von Menschen und
Interessengruppen innerhalb der Machtverteilung in der Verä
Ein
besonderer Dank geht an Birgit Gronau, welche die Bilder gemacht
hat.
Diese
Arbeit widme ich unter anderem Achim von Hirschheydt:
Meinem
Vater, meinem Mann und all meinen guten Freunden.
ZUGVOGEL
Zugvogel,
Deine
Freunde
Sind
Stürme,
Reisende
Über
dem Ozean...
Sie
ist in der Frühe,
Dein
Sehnsuchtsflügel,
die
Mitternachtssonne,
das
Abendstrahlen-
Und
alle Gestirne
Winken
und rufen:
Sei
standhaft!
Eine
Hälfte deines Lebens
Ging
mit ihr fort...
Zugvogel,
sieh den Felsen,
die
weißen Flügel
der
Wiedergefundenen,
Verlorenen,
Geborgenen
Über
dem Seelenozean...
Derzeitiger
Arbeitstitel:
Gone
but not forgotten, einmal in Haft,
...
für immer geprägt!
In
meiner Phantasie entwickle ich einen Roman, der die Geschichte von
zirka zwanzig Frauen erzählt, denen ich hier begegnet bin. Warum sie
das Gesetz gebrochen haben und warum sie zu meist doch unschuldig
verhaftet worden sind. Gründe zu suchen und immer alles sehr
intellektuell zu rechtfertigen, bzw. auch wieder zu negieren, das ist
hier der Versuch! (Hier ist noch Platzt für Briefe, die ich bekommen
habe und die ich geschrieben habe!) Gefängnistagebuchnotizen,
Frühlingsstimmung, Vogelgezwitscher und eine laue Prise. Ich stecke
meinen Kopf in mein Tagebuch, rundum all meine Bücher und
Aufzeichnungen. Finde ich einen Grund meine Geschichten
aufzuschreiben?
Vorwort:
'im
Ringen der Anschauungen für den europäischen Geist und die
humanitäre Gesinnung eine Tribüne zu sein' (Zitat aus den Statuten
des Europa Verlages.)
_________________________
Ich
sitze im Zug, vor mir die Literaturliste, bzw. ein Auszug:
Konrad
Heiden: Adolf Hitler. Das Leben eines Diktators. Das Zeitalter der
Verantwortungslosigkeit. Europa, Zürich 2007, ISBN 3-905811-02-2.
(Vorwort zur Neuauflage 2007, über Oprecht als Verleger.)
Alexander
Hildebrand: Oprecht, Emil Adolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB).
Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S.
581 f. (Digitalisat).
Fritz
Hofer, Sonja Hägeli: Oprecht, Emil. In: Zürcher Personenlexikon.
800 biographische Porträts aus zwei Jahrtausenden. Artemis Verlag,
Zürich 1986.
Ute
Kröger: Emil Oprecht. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der
Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1353.
Manfred
Papst: Zwei Europäer in schwieriger Zeit: Thomas Mann und sein
Zürcher Verleger Emil Oprecht (1895–1952). In: Blätter der
Thomas-Mann-Gesellschaft Zürich., Nr. 30. Thomas-Mann-Gesellschaft,
Zürich 2002.
Peter
Stahlberger: Der Zürcher Verleger Emil Oprecht und die deutsche
politische Emigration, 1933–1945. Europa-Verlag, Zürich 1970.
Dr.
Emil Oprecht. In: Biographisches Lexikon verstorbener Schweizer: in
memoriam. Hrsg. von der Schweizerischen Industrie-Bibliothek.
Schweizerische Industrie-Bibliothek, Zürich 1947–1982, Bd. 4.
Also,
ich sitze mal wieder im Zug von Berlin nach Wien und soll einen Film
machen, über den Europa Verlag. Na, toll.
Mein Kopf ist voll der Texte und Skripte welche ich gerade lese und
bearbeite.
Seelenlandschaften
und soziale Prozesse
Mit
dem Begriff 'sozialer Prozess' werden Elemente, Aspekte und Emotionen
betrachtet. Die Autorin M. Radi und die Fotografin Birgit Gronau sind
sich begegnet, weil sie einen ähnlichen Blickwinkel haben. Die
Schreibende versucht, sich unterstützende und gegenläufige
Tendenzen, gleichgeartete oder widerständige System- und
Umweltbedingungen sowie das Handeln von Menschen und
Interessengruppen innerhalb der Machtverteilung in der Veränderung
in den Blick zu nehmen. B. Gronau versucht das virtuell.
Denke
an das Gedicht:
ABENDHEERE
Kündet
uns,
Ferne
Sonnenwolken,
von
beschwörendem Rosa!
Den
Tränenpalästen,
von
Adlern gehoben,
im
Abendblau...
Lausche
den
Sonnenchören
Der
Abendheere!
Ihre
Stimme
Gewähre
der Frühnacht
Selige
Flügel...
Plötzlich
holt mich die Vergangenheit ein. Ich erinnere mich an so viele Reisen
durch die Zonen und das Gedicht von Achim von Hirschheydt: ZUGVOGEL.
Die ganzen Kontrollen, die ewige Sorge. Die Unsicherheit. Und die
Präsens der Geschichte. Wie soll das
gehen, wie soll gerade ich mich konzentrieren können auf Emil
Oprecht, wer er war, was er wollte und warum. Das einzige was mich
motiviert ist, das meine grundsätzliche Haltung zum Thema: "Würde
der Menschen", "Menschnerechte und Achtung vor anders
Denkenden", auch hier sehr positive Aspekte findet, die man
bündeln könnte. Also, rein ins Vergnügen: Kamera läuft!
In
Memoriam ein Auszug aus Wikipedea:
Der
Europa Verlag (offiziell Europa-Verlag Aktiengesellschaft), ist ein
Schweizer Verlag mit Sitz in Zürich.
Wikipedea
liefert uns die Informationen, aber was machen wir daraus?
LASS
den BLINDENZAUBERSTAB
Lass
deinen
Blindenzauberstab
Meine
Schläfen berühren,
Den
Sehenden
Mich
zu Dir führen...
So
begann ich und
Wußte
nicht weiter
<im
Regen...
Zur
Zeit ist es wirklich lästig, dieser viele Regen. Jeden Tag schüttet
es!
Erkundet
sein
Leise
beflügeltes Eilen
Die
Mauern,
Die
Menschenhindernisse,
Die
Fesseln des Erinnerungsschweren,
Ausgesetzt
auf
Marmonen
Kirchenstufen?
Und
ewig werde ich die Athmosphäre in der Toskana lieben.
Karren,
elende Pferde,
Bärtige
Männer,
Sie
schleppen dich fort
in
das hundertjährige Ringen...
Deine
Abschiedsblicke,
Weiße
Sonne, dein Winken,
Näher
und ferner
Aus
sternlosen Meeren.
Die
Sehnsucht zum Meer zu kommt, jedes Jahr, diese Sehnsucht bleibt
ungebrochen. Weiter mit meinem Thema, welchen Verlag werde ich
finden? Wer wird mich vertreten wollen?
Der
1933 vom Schweizer Verleger und Buchhändler Emil Oprecht gegründete
Verlag veröffentlichte während der Zeit des Nationalsozialismus vor
allem Werke von verfolgten Autoren und galt damit als so genannter
Emigrantenverlag. Auch war der Europa Verlag einer der wichtigsten
Theaterverlage der damaligen Zeit. Emil Oprecht gehört zu den
legendären Verlegern des vergangenen Jahrhunderts, der in täglichem
Kampf für die Unterstützung Verfolgter, gegen zunehmenden Druck
auch der schweizerischen Zensur und gegen alle ökonomischen
Widerstände aufrecht blieb. In dem halben Jahrhundert des Bestehens
seines Verlages standen im Programm Autoren und Bücher im
Vordergrund, die für die Würde und Freiheit des Menschen eintraten.
WOLKENBÄNKE
Wolkenbänke,
Halte
die Winde an,
Daß
sie lauschen
Den
schwarzen
Wellen
des Flusses...
Wolkenbänke,
Schiffe
der Winternacht,
laßt
uns reisen
Mit
getrösteten Stürmen...
Auch
im 80. Jahr seiner Existenz im Jahre 2013 ist der Zürcher Europa
Verlag teilweise noch Verlag von Autoren der Emigration und des
Kampfes gegen den Faschismus wie Curt Riess, Luigi Bartolini, Arthur
Koestler, Carlo Levi, Bertrand Russell, Willy Brandt. Moderne Autoren
sind unter vielen Richard Aschinger, Reinhold Joppich, Angelika
Waldis, Robert Parker, Andreas Gross, Rainer Gross, und Esther
Scheidegger.
In
Memoriam, es ist vorbei und doch nicht!
Ich
habe geträumt, ich mache eine Oper mit T. Schuler aus der Geschichte
der Anuschka Brown. Mit den Liedern, welche wir 2006 in Wien
produziert und mit der Razumovsky Gesellschaft, in deren Palais
uraufgeführt haben.
GEFLÜGELTE
SONNE
Aus
feurigen Dornen
Steigt
die
Geflügelte
Sonne,
Und
erwärmt
Im
Friedensgesang
entrückter
Krieger
Die
vibrierenden Meere.
So
sexy. Mein Körper erschüttert durch und durch, bei diesen Worten.
Die
Bilder erscheinen vor mir. Dann, im Fernsehen die Bilder von Fidelio,
die in einer Gedänkstätte eines ehemaligen Stasigefängnisses,
gerade zur Premiere kommt. Ich habe Recht. Es ist ein wichtiges
Thema und wird es wohl noch einige Zeit
bleiben. Ich bin nicht die einzige, ich bin einen von vielen,
denen Unrecht geschehen ist! Das Machtausüben,
das Wegnehmen, das Enteignen, das Verbannen und Erniedrigen, ebenso,
wie das etwas Verlieren, Weggenommen bekommen haben, Geplündert
werden, Besitz verlieren, Wieder aufbauen müssen, wieder beginnen
müssen, nichts mehr haben, alles verlieren.
Es
schmerzt alles schmerzt, die Erinnerungen alles. Es geht nicht mehr
weg. Strafe. Alles ist Strafe. Es gibt kein Leben mehr ohne Strafe.
Alles tut weh. Nichts geht mehr. Ich versuche auf und ab zu gehen.
Genau 5 Schritte kann ich machen. Mache ich kleine, schaffe ich auch
sechs oder sogar sieben. Ich mache aber lieber einen richtigen
Schritt. Also was soll ich machen. Es tut so weh. Ich bin völlig
zerbrochen. Hätte ich Schmerzmittel. Ich würde sie schlucken. Ohne
Ende. Nur um die Schmerzen zu bekämpfen. Man kann das nicht
beschreiben. Nicht ausdrücken. Diese Schmerzen. Ganz allein. Alles
ist Strafe. Ich bin ernüchtert. Ich bin gefangen. Im Schmerz. Da
komme ich nicht mehr heraus. Die Erinnerungen sind gnadenlos. Es tut
weh. Alles tut weh. Ich kann nicht sitzen. Nicht gehen. Nicht stehen.
Liegen darf ich nicht. So kann ich wenigstens die Zeiten
unterscheiden. Wann ich liegen darf, und wann nicht. Das Licht geht
selten aus. Ich verbinde mir die Augen. Ich kann nicht mehr schlafen.
Ich bin so erschöpft. Aber körperlich? Also mir tut alles weh. Im
Herzen. Mein Körper. Mein Geist, die Seele. Ich kann das nicht
beschreiben. Man kann das aushalten. Es kommt kein fröhlicher
Gedanke mehr. Keine Erinnerung. Es gibt nichts mehr. Ich bin leer.
Ich bin allein. Und es ist meistens Licht. Und immer weine ich
innerlich. Aber keine Träne kommt mir mehr. Ich bin leer und voller
Schmerzen. Kann mich nicht erinnern das jemand mit mir freundlich
gesprochen hat. In den letzten Jahren. Ich bin leer. Ich fühle mich
sterbend. Ich warte auf den Tod. Ich kann nur noch auf und ab gehen.
Ich fühle mich so KO, so geschlagen. Nichts gibt es mehr. Gar
nichts. Kein Funke Lebenslust. Kein Lachen. Ich bin schon lange tot.
Und doch nicht. Ein Häufchen Elend voller Schmerzen. Man nannte mich
mal. Jetzt nennt mich niemand mehr. Ich werde sterben und es wird
mich doch immer geben. Ich bin nicht wie Jesus, aber ich bin wie ein
Märtyrer. Ein Opfer. Ein etwas das bestraft wird. Ich bin etwas
voller Schmerzen. Überall. Ich kann nur sagen soviel Schmerzen gibt
es. Wer kann das ausdrücken, wenn man so einer ist. Einer der Leiden
muss. Einer der das Leid trägt. Ich glaube an Gott und daran das es
Opfer geben muss. Für die Menschen. Für alle. Ich bin es, so ein
Opfer und ich muss büßen. Ich bin so voller Leid und Unwohl. Ich
kann mich nicht erinnern mich einmal wohl gefühlt zu haben. Doch
kleine Moment gibt es jeden Tag. Jeden Tag verfluche ich, das ich sie
überleben muss, um der Nachwelt zu erzählen, wer ich war. Ich kenne
die Strafe, die Folter. Ich kenne das Elend der Bestraften. Braucht
der Mensch das Bestrafen, um zufrieden zu sein? Oder sich sicher zu
fühlen vor wirklichen Mördern und Verbrechern? Aber die findet man
ja nicht im Gefängnis, die wissen sich zu schützen. Braucht es
immer Menschen, die Strafe ertragen müssen. Zu Recht oder Unrecht.
Es ist alles willkürlich. Denn, wer bestraft und verurteilt, der ist
nie ein Opfer gewesen. Der kennt weder das Vergeben noch das falsche
Urteil, der urteilt aus irgendwelchen Gründen. Historisch ist das.
Wann wird es das nicht mehr geben, das Menschen, Menschen
verurteilen dürfen? Ist dem Mensch nicht klar, das Strafen schmerzt
und weder heilt noch Wunder vollbringt? Strafe ist immer ungerecht
und ein politischer Häftling immer ein Opfer der Politik.
Und
ich ich bin so dumm nicht mehr an Flucht zu glauben.(Aber die
Realität holt mich ein, fliehe ich vor Berlin? Vor München? Warum
zieht mich Wien so an? Ist es die Sehnsucht nach der Heimat?) Ich
habe die Hoffnung aufgegeben und begraben. Auch wenn ich mir täglich
kleine Gemeinheiten, erlaube um die Wärter zu ärgern und ihnen ihre
Arbeit schwer zu machen. Das ist meine kleine Freude. Wo kann ich
ihnen weh tun. Wie kann ich sie treffen. Was kann ich tun um ihren
Machtbereich in Frage zu stellen. Ich freue mich dann, ich lache
innerlich. Aber ich zeige ihnen immer meine grinsende Fresse, ob ich
Schmerzen habe, oder nicht. Ich bin stolz. Es vergeht nicht. Meinen
Stolz kann man nicht brechen. Mich kann man nicht zwingen, meine
Schmerzen zu zeigen. Mich kann man nur töten. Ich werde nicht
vergessen, was man mir angetan hat. Meine Schmerzen sind für alle.
Ich habe so fürchterliche Schmerzen und ich werde sie nie heilen
können. Nicht einmal der Tod wird mich erlösen. In der Hölle
sollen alle meine Peiniger schmoren. Ich verfluche sie alle. Mein
Fluch lastet auf dieser Generation. Die Peiniger und
Verantwortlichen, die haben mir nicht nur ein Denkmal gesetzt. Die
haben mir die Macht gegeben sie zu verurteilen, für immer. Durch
mein Opfer. Durch mein Sein.
Meine
Schmerzen, mein Leid und mein Tod, der bleibt. Der brennt sich in die
Geschichte ein. Keiner wird mich vergessen. Keiner soll mich
vergessen. Jeder wird meinen Namen kennen. Jeder wird wissen, ich
stehe für die ungerechte Bestrafung von anders Denkenden. Ich bin
ein Rocker und ich bleibe ein Rebell.
Menschenrechte hin,
Menschenrechte her!
Ich
reiß mir die Augenbinde von den Augen. Gott sei Dank. Kein Albtraum.
Das alles war Wirklichkeit. Ich weiß jetzt, wie ich Dir ein Denkmal
setzen kann. Gott sei Dank bin ich nicht allein. Im Moment. Jetzt
muss ich meine alten Manuskripte herausholen sie wieder durchlesen.
Eine
Story, eines Versuches, das Leben zu bewältigen? Dem Leben etwas
abgewinnen, aus ihm etwas Besonderes zu machen? Sie versucht dem
Dolmetscher zu erklären, dass sie Angst hat in Österreich für
schuldig gesprochen zu werden. Sie hat zwar keine klare Ahnung für
was sie alles angeklagt wurde, aber sie hat Angst. Und sie weiß, ihr
früherer Geschäftspartner hat es ihr angedroht, dass er sie ins
Gefängnis bringen werde, weil sie nicht mit ihm zusammen sein
wollte.
Mit
welcher Geschichte hat es angefangen? Welches Kapitel soll ich
aufschlagen.
Sie
sitzt jetzt ihrer alten Schulfreundin gegenüber und möchte ihr die
Geschichte erklären und die Tagebücher vorlesen. Ihre Freundin
Annette ist krank und muss jetzt lange liegen. Sie hat Zeit zum
Zuhören und sie wollte die Geschichte immer einmal komplett erzählt
bekommen.
Also,
zurück zu Anuschka Brown: „Ok, Sie wollen nicht ausgeliefert
werden, dann bringen wir sie erst einmal in unsere Staatsgefängnis,
dort müssen sie warten, bis entschieden wird, was möglich ist.“
Es ist Anfang März. Sie sollte dort bis in den Juni bleiben.
Die
Szene: Ein Gefängnis aus Ziegelsteinen für gut tausend Häftlinge.
Männer und Frauen, am Stadtrand. Man sieht von manchen Fenstern
entweder über die Hügelkette oder auch über das Stadtpanorama.
Eigentlich ein ganz schöner Blick hinaus. Der ständig die Lust auf
Fluch auslöst.
Bewölkt,
kein Hauch regt sich. Totale Windstille!
Lieber
Gott, das ist nicht wahr. Ich bin tatsächlich im Gefängnis. Was
soll das, wie lange werde ich hier bleiben. Drei Tage, oder drei
Monate?
Im
Gefängnis angekommen, eingekleidet in die Anstaltskleidung kommt sie
erst einmal für eine Woche in eine Isolierzelle im Erdgeschoss. Sie
wird beobachtet, wie sie sich verhalten wird, so eingesperrt. Sie
starrt die Wand an. Noch gibt es sogar eine bunte Tapete und recht
viel Platz. Später sollte sie feststellen, das zwar das Alleinsein
in den ersten Tagen sehr hart war, aber besser als gleich den
Machtstrukturen in einer winzigen Zelle ausgeliefert zu sein, die
dann nur noch halb so groß sein sollte, wie die, in der sie am
Anfang war.
Am
Ende der ersten Woche hatten Sie dann die ersten Kontakte mit anderen
Neuzugängerinnen, da war sie schon Herrin ihrer Lage und konnte
trösten.
Umsiedelung
in das obere Stockwerk. Endlich wieder etwas Licht! Und Xaver, er
schreibt täglich!
Vorwärts und nicht vergessen.
Vorwärts,
was wird morgen sein. Ich darf nicht immer zurückblicken. Es sind
ewige Albträume, die Erinnerungen. Und
jetzt die Manuskripte. Sie holen mich ein. Die Blätter fliegen um
mich herum, alle durcheinander.
ABENDSONATE
Mit
seinen
Winterlichen
Flügeln
Umarmte
der
Abendwald
Wanderers
Schatten,
Mondes
Eulenauge
Tat
sich auf.
Sanft
erschrockene
Gleichgültigkeit
Zart
eilender Rehe,
Rauhe
Weisheit
Verborgener
Abendkrähe.
(Rauhe
Weisheit,
Kälte
ohne Ende.)
Um
die Geheimnisse
wehenden
Schnees
Wußte
der Zweibeiner
Todesspuren
Belächelnder
Marder,
Ein
Abendhauch
Durchzitterte
Äste
wiegend
die
graue Ödung.
Ganz
still war es um mich, seit ich geschieden bin, suche ich die Ruhe,
die Klausur und die Einsamkeit. Ich habe Angst bekommen, vor den
Menschen. Bereits seit zwei Tagen, oder sind es zwei Wochen, oder
vielleicht zwei Monate, oder Jahre? Die Zeit ist für mich irrelevant
geworden. Seit ich verurteilt wurde. Die Angst ist gewichen, die
Angst vor dem Gefängnis, aber nicht die Sorge, vor Strafe und auch
nicht das Gefühl am Ende zu stehen.
Grimm's
Märchen sind heute mein Thema. Insbesondere das Schneewittchen. Weil
Schneewittchen und Dornröschen, sowie Schneeweißchen und die
Sterntaler immer so eine Mollstimmung in mir aufkommen lassen. Zur
Zeit lebe ich in Moll. Morgens, wenn ich aufwache, dann höre ich
Moll-Klaviersonaten und Konzerte in Moll.
Von
einem einem Moment in den anderen werde ich so melancholisch. Die
anderen Grimm´s Märchen. Brüderlein und Schwesterlein (meine
Schwestern werden wohl nie erfahren wie wichtig mir die
Schwesterliebe ist!), sowie Frau Holle und
Rotkäppchen waren mir auch wichtig. Meine Mutter hat es geliebt sie
mir vorzulesen. Ich lese sie meinen Mädchen aber noch viel zu selten
vor. Hoffentlich finden sie Zeit, sie ihren Kindern einmal
vorzulesen.
Schneewittchen
und die sieben Zwerge. Dieses Märchen habe ich immer und immer
wieder gelesen! IMMER HABE ICH MICH MIT IHR IDENTIFIZIERT: Immer bin
ich in die Rolle dieses schönen Mädchen geschlüpft. Immer wollte
ich Schneewittchen sein.
Es
war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn
vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen
Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. So poetisch finde
ich diese Bild. Noch heute ist es das Madonnenbild in meinem Herzen.
Ich
nähe auch wieder und sitze am Fenster, wenn ich schreibe, nachdenke
und arbeite.
Und
wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit
der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den
Schnee. ….Oh je.
„Ihre
Pässe bitte!“....Schneewittchen muss sich retten!
„Dann
lauf, du armes Kind." „Die wilden Tiere werden dich bald
gefressen haben", dachte der Jäger, und doch fiel ihm ein Stein
vom Herzen, weil er es nicht zu töten brauchte. Und weil gerade ein
junger Frischling daher gesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge
und Leber heraus und brachte sie als Beweis der Königin mit.
Ach,
bitte …schnell! Wie könnte ich fliehen. Ich schau mich um. Viele
Menschen. Warum habe ich nicht trainiert gut laufen zu können. Jetzt
wäre es eine Chance. Hier auf dem Bahnhof. Hier steh ich noch ohne
Handschellen, ohne Gitter ohne eisernen Griff. Später als ich zum
Gericht gefahren wurde, erinnere ich mich. Dort auf dem Bahnhof wäre
es die Beste Chance gewesen um davonzulaufen und sich zu verstecken.
Nun
verschlingt mich die Justiz.
Nun
war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelenallein und hatte
große Angst und wußte nicht, wie es sich helfen sollte.
WARNUNG
Kind,
hüte dich
Vor
den Augen
Des
Märchenbrunnens!
Die
Wiesen
Seines
Spiegels
Tragen
dich nicht,
Auch
nicht
die
wolkenweißen
Abendpferde...
Es
dämmert schon!
Die
klugen Brunnenschlangen
Ringeln
sich um deine
Zögernden
Füße...
Eile!
Besinne
dich nicht!
(
Achim v. Hirschheiydt)
Da
fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die
Domen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten
ihm nichts. (Ganz mutig und kühn, oder?)Gott sei Dank, bin ich nicht
geflohen. Noch heute wäre ich auf der Flucht. Ein Leben im
Untergrund. Immer wieder male ich es mir aus. Was ich weiß von Anne
Frank und anderen. Ich weiß es geht. Es geht unter den schlimmsten
und schwierigsten Umständen. Es gab immer Menschen die das geschafft
hatten, so einer wollte ich sein.
...und
dann endlich bei den sieben Zwergen! Aber wie diese Zetern! Wer hat
von meinem Tellerchen gegessen und so weiter.
Wie
poetisch. Ich muss mir dieses Gezeter immer unter den Kindern
anhören. Das ist meins, Wieso hast Du das? Wieso bekommst Du etwas,
was ich nicht habe?
Dann
sah sich der erste um und sah, daß auf seinem Bettlein kleine
Vertiefung war. Da sprach er: „Wer hat in mein Bett getreten?"
Die anderen kamen gelaufen und riefen: „In meinem hat auch jemand
gelegen." Als der siebente aber in sein Bett sah, erblickte er
Schneewittchen, das lag darin und schlief. Einer der Schönsten
Momente ist es, jemanden im Schlaf zu betrachten, der sich ausruht.
Entspannt ist und gerade keine Sorgen hat.
Da
erzählte es ihnen, daß seine Stiefmutter es hätte umbringen lassen
wollen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wäre
es den ganzen Tag gelaufen, bis es endlich ihr Häuslein gefunden
hätte.
Die
Zwerge sprachen:
„Willst
du unseren Haushalt führen, kochen, Betten machen, waschen, nähen
und stricken, und willst du alles ordentlich und rein halten, so
kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen."
Das versprach Schneewittchen und blieb bei ihnen. Die Gute!
Die
Königin aber, die glaubte, Schneewittchens Lunge und Leber gegessen
zu haben, dachte an nichts anderes, als wieder die Erste und
Allerschönste zu sein, und trat vor ihren Spiegel und sprach:
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen
Land?"
ich
möchte auch immer schön sein und ich möchte es auch meinen
Töchtern bei bringen, den Wunsch immer schön und geliebt zu sein.
AN
EINE DIE FORTGING
Leichter
als Frühwind
Verhauchte
Dein
Abschiedskleid
Rosengolden
Am
westlichen Himmel.
Bald
werden
Die
Gebirge und Hügel
Unter
den
Lichtergedanken
der Sterne
Dunkelheit
sein.
Sieh
das
Abschiedsglühen
der Sonne,
Ihre
Lippen
Berühren
das Herz,
Die
gebeugten Gräser.
Dieses
Märchen wird nie enden und immer so weiter gehen. Gott sei dank kann
ich es auswendig. Satz für Satz. Was bleibt ist eben das, was man im
Kopf hat.
Da
antwortete der Spiegel: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste
hier, aber Schneewittchen über den Bergen, bei den sieben Zwergen,
ist noch tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak sie, denn sie
wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte, daß
der Jäger sie betrogen hatte, und Schneewittchen noch am Leben war.
Meine
Kinder haben jetzt eine Lügendetektor am Handy und probieren das
aus. Wann klingt etwas wahr und wann erkennt man die Lüge und woran
liegt das? Nur am Tonfall?
Und
da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen könnte; denn
solange sie nicht die Schönste war im ganzen Land, ließ ihr der
Neid keine Ruhe.
„Spieglein,
Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land? Da
antwortete er wie vorher: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste
hier, aber Schneewittchen über den Bergen,bei den sieben Zwergen,
ist noch tausendmal schöner als Ihr." Als sie das hörte, lief
ihr alles Blut zum Herzen, so erschrak sie, denn sie erkannte wohl,
daß Schneewittchen wieder lebendig geworden war.
„Nun
aber", sprach sie, „will ich etwas aussinnen, das dich
zugrunde richten soll." Und mit Hexenkünsten, die sie verstand,
machte sie einen giftigen Kamm. Dann verkleidete sie sich und nahm
die Gestalt einer anderen alten Frau an. So ging sie hin über die
sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe und rief:
„Gute Waren anzubieten!" Schneewittchen schaute hinaus und
sagte: „Geht nur weiter, ich darf niemand hereinlassen." „Das
Ansehen wird dir doch erlaubt sein", sprach die Alte, zog den
giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dem
Kinde so gut, daß es sich bereden ließ und die Türe öffnete. Als
es den Kamm erhandelt hatte, sprach die Alte: „Nun will ich dich
einmal ordentlich kämmen." Das arme Schneewittchen dachte an
nichts Böses und ließ die Alte gewähren; aber kaum hatte sie den
Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte und das Mädchen
ohne Besinnung niederfiel. „Du Ausbund von Schönheit", rief
die boshafte Frau, „jetzt ist's um dich geschehen" und ging
fort.
Zum
Glück aber war es bald Abend und die sieben Zwerglein kamen nach
Hause. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde liegen sahen,
hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach und
fanden den giftigen Kamm. Und kaum hatten sie ihn herausgezogen, kam
Schneewittchen wieder zu sich und erzählte, was vorgegangen war. Da
warnten sie es noch einmal, auf der Hut zu sein, und niemandem die
Tür zu öffnen.
…...Wir
kennen ja alle ihre Versuche das Schöne Schneewittchen umzubringen.
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land."
Da
hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben
kann.
Als
die Zwerglein abends nach Hause kamen, fanden sie Schneewittchen auf
der Erde liegen. „Laßt mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr
dafür haben wollt." kam ein Prinz daher, der das Schneewittchen
liebte. Aber die Zwerge antworteten: „Wir geben ihn nicht um alles
Gold der Welt." Da bat er: „So schenkt mir ihn, denn ich kann
nicht leben, ohne Schneewittchen zu sehen. Ich will es ehren und
hochachten wie mein Liebstes." Wie er so sprach, empfanden die
guten Zwerglein Mitleid mit ihm und gaben ihm den Sarg.Und es dauerte
nicht lange, da schlug es die Augen auf, richtete sich in die Höhe
und war wieder lebendig. „Ach Gott, wo bin ich?" rief es. Der
Königssohn sagte voll Freude: „Du bist bei mir", und
erzählte, was sich zugetragen hatte und sprach: „Ich habe dich
lieber als alles auf der Welt; komm mit mir in meines Vaters Schloß,
du sollst meine Gemahlin werden." Da war ihm Schneewittchen gut
und ging mit ihm, und ihre Hochzeit wurde mit großer Pracht und
Herrlichkeit vorbereitet. Die Königin mußte fort und die junge
Königin sehen. Und wie sie in den Ballsaal trat, erkannte sie
Schneewittchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte
sich nicht regen. Es waren schon eiserne Pantoffeln auf ein
Kohlenfeuer gestellt; die wurden mit Zangen hereingebracht. Da
mußte sie die rotglühenden Schuhe anziehen und darin tanzen, daß
ihre Füße jämmerlich verbrannten, und sie durfte nicht aufhören
zu tanzen, bis sie tot zu Boden fiel.
Wie
beeindruckt war ich als von einem Seminar gehört habe, bei dem man
lernt über glühende Kohlen zu gehen, ohne sich zu verbrennen.
Ist
Einbildung auch eine Bildung, oder kann man doch über Wasser gehen.
Ich denke es ist möglich unmögliches wahr zu machen. Und ich glaube
an Selbstheilung und die Visionen Berge zu versetzen. Auch das man
mit dem Kopf durch die Wand laufen kann, mag schmerzhaft sein. Aber
auch erfolgreich. FluchSehnsucht nach einem
Stillstand.
Still
war es um sie geworden, bereits seit zwei
Tagen. Kaum Schritte, kaum ein Geräusch. Sie war im Keller eines
sehr alten Gefängnisses. Das Fenster war zugeklebt. Sie konnte
sich nicht orientieren. Draußen war sie auch noch nicht gewesen. An
den ersten drei Tagen in Haft, bekommt man noch keinen Hofgang.
Man soll sich erst einmal beruhigen. Außerdem war Wochenende.
Nichts.
Stundenlang nichts. Sie starrt das Waschbecken an und die WC
Schüssel, gleich neben der Tür. Sie hat nichts zu tun, als auf und
ab zu gehen und nachzudenken. Sich selbst zu fühlen. Wie es sich
anfühlt, eingesperrt zu sein. Nun es fühlt sich leer an. Am Montag
dann endlich geht die Zellentür auf. In den letzten zweiundsechzig
Stunden ist nur die Klappe aufgegangen für das Essen, die Knödel
und das Brot, am Morgen und am Abend. Morgens mit Butter, abends mit
Streichwurst. Nun bekommt sie endlich Gesellschaft. Ein Neuzugang.
Wer ist das. Sie weint die ganze Zeit. Ja, es ist nicht leicht
verhaftet worden zu sein. Sie ist leer und still geworden und hofft
auf die kleinste Veränderung. Auf die Veränderung von
Lichtverhältnissen und Geräuschen im Raum und vom Gang her. Dann,
sie kann nichts tun und nichts anfangen, mit diesem neuen Mädchen.
Außer ihm zu sagen, das jetzt sehr lange gar nichts passieren wird.
Das Nichts zu ertragen ist am Schwersten. Nichts tun zu können,
außer seinen eigenen Kopf zu gebrauchen. Die Gedanken schwirren
herum. Warum musste ihr das passieren. Was war geschehen? Was hat sie
falsch gemacht. Wer wollte sie im Gefängnis sehen und wer hat sie
und warum überhaupt angezeigt? Also, alles dreht sich im Kreis. Sie
macht sich vorwürfe, nimmt die neu Angekommene in den Arm. Sie
sprechen nicht die gleiche Sprache. Sie kann ihr nur sanft über das
Haar streicheln. Sie weiß, das tut gut. Bei ihr war niemand da, in
den ersten Tagen. Niemand, der sie getröstet hätte, niemand, der
ihr beigestanden wäre. Einfach nichts und niemand. Gar nichts. Kein
Stück Papier, kein Stift, kein Mensch, kein Hauch, kein
Sonnenstrahl, keine Worte, keine Stimmen, einfach nichts. So ruhig,
als wenn sie alleine wäre, in diesem riesigem Gefängnis. Nun sollt
sich das ändern.
Die
Tür ging noch einmal auf, noch eine andere Frau! Jubel, ein weiterer
Mensch. Aber auch wieder Stille, weil keine gemeinsame Sprache
vorhanden war und keine Worte für die einfachst Kommunikation
gefunden werden konnte. Nur ein Hallo, dann schlief sie auch schon,
später weinte sie still und leise stundenlang vor sich hin. Dann der
erste Hofgang, zu dritt. Wie aufregend! Also, da gab es endlich etwas
zu sehen. Auf der linken Seite scheinbar der Männertrakt. An den
Fenstern hingen einige Jungs und winkten. Dann auf der anderen Seite
der Frauentrakt, dort waren aber die meisten Fenster geschlossen.
Eigenartig. Aber die Fenster dort waren auch alle viel kleiner und
eher nur so kleine Luken. Wir wurden gefragt, wie wir heißen, wie
lange wir schon da sind und woher wir kommen. Die Jungs wollten alles
wissen. Wir hatten Angst zu plaudern und schauten eher nur auf den
Boden. Dann flog ihr ein Zettelchen vor die Füße! Wie wunderbar,
mit Herzchen darauf, was für ein Glück, ein Verehrer!
Blickwinkel verschieben sich.
Der
Erste, der Beste, der Liebste, Valerie! Nun war die Welt gerettet.
Die Sonne strahlte. Eine frische Priese zog durch den Hof. Valerie
schickte ihr seine Zellenadresse und eine Briefmarke und schrieb, sie
solle ihm schreiben. Man dürfe sich untereinander Post schicken, von
Häftling zu Häftling, über den Briefträger und die Post. Es
dauert nur einen Tag! Wie glücklich war ich. Endlich jemand, mit dem
ich sprechen konnte. Endlich jemand, mit dem ich schreiben könnte.
Ich war der glücklichste Mensch auf der Wellt, dachte sie! Dann am
nächsten Tag hatte sie Besuch von einer Anwältin und wurde in eine
andere Zelle verlegt. Außerdem durfte sie aus ihrem Koffer ein paar
Dinge, ein Buch etwas zum Schreiben und ein Foto herausnehmen.
Sie
kam in eine kleine Zelle, aber mit offenem Fenster. Alles ganz
desolat und heruntergekommen, aber sehr sauber! Später sollte sie
den Putzrhythmus kennenlernen. Jeden Tag wurde zweimal gefegt und
alles gewischt. Außerdem mussten sie wirklich alles gut aufgeräumt
halten. Einmal im Monat, kam ein Kammerjäger, der sprühte alles mit
Gift ein, so daß keine Läuse und Kakerlaken auf die Idee kommen
konnten sich hier einzunisten. Kamen sie auch nicht. Sie sollte nie
eine Spinne, Mücke, Flieg, oder sonst ein Tier sehen. Es gab hier
nichts. Keine Grashalme und keine Tiere, kaum Luft und nur vier
andere traurige Frauen. Recht anonym war alles, weil sie fast keine
der Sprachen konnte, die hier gesprochen wurden. Abschiebehaft im
Ausland. Super, was für eine Abgeschiedenheit. Nun, nach fast einer
Woche konnte sie endlich den ersten Brief schreiben. Und ihr Tagebuch
beginnen.
Sie
wollte noch einmal zurückblicken auf diese ersten Tage und was sie
dann doch von den zwei Frauen gelernt und erfahren hat, die mit ihr
waren. Zuerst einmal deren Namen, die waren sehr exotisch und sehr
fremd, dann deren Erscheinungen, die eine sehr klein, aber Mutter von
drei Kindern. Die andere sehr groß und sehr hässlich, auch Mutter
von zwei Töchtern. Beide sahen sehr unschuldig und sehr verzweifelt
aus. Und auch sehr fremd! Beide weinten viel, fluchten und manchmal
standen sie einfach verzweifelt und sehr still herum. Sie versuchte
herauszufinden, was geschehen sein konnte. Selber dachte sie bei
sich, das es gut sei, das sie nicht vermisst wurde. Es war still,
aber nun, in dieser neuen Zelle, gab es viele neue Ereignisse. Zuerst
einmal eine ganz andere Geräuschkulisse vom Gang, viel mehr
Schritte, viel öfters Bewegung und großes Geschrei. Bald lernte ich
die Wärterinnen zu unterscheiden und das Fauchen von Charlotte
kennen. Dann, in der Zelle durften wir morgens und abends jeweils ein
paar Stunden das Fenstern öffnen, schrieb sie in ihr Tagebuch.
Draußen konnte man auf die Hofzellen sehen, von oben. Und Valeries
Fenster war keine fünf Meter entfernt, was für ein Glück. Ihr Herz
jubelte und so bekam die erste Briefpost durchs Fenster!
Pläne
braucht man immer.
Wieder
Wochenende, Sonne und Einsamkeit. Keine
Sicherheiten und keine Geborgenheit, sondern ständig das Gefühl, es
wird sich etwas ändern müssen und die
Oh
Valerie, Du wurdest sofort dafür geliebt.
Die unglaubliche Geschichte
einer Verführung.
Heute
lernte sie Nina Brown kennen. Nach einigen Tagen beginnt diese auch,
Ihr, Ihre Geschicht zu erzählen. Sie hatte einen langweiligen Job
und vertrieb sich die Stunden mit chatten im Internet. Am Liebsten
war sie in Partnerbörsen unterwegs. So zum Beispiel academic
partners. Dort wurde ganz gut ausgewertet und eines Tages wurde sie
von einem Morando angeschrieben. Er gefiel ihr schon auf dem Foto.
Ein Pilot, und gut gebaut und mit einem strahlendem Gesicht. Nun er
fragte sie ober er sie nicht einmal besuchen dürfte. Er würde sich
ein ganzes Wochenende Zeit nehmen. Sie könnten sich kennenlernen. Es
dauerte ziemlich lange bis sie einem freien Termin in Ihren
Arbeitskalender gefunden hatten, der übereinstimmte. Dann stellte
sie plötzlich fest, das dies aufgerechnet ihr Geburtstag war. Da sie
sonst noch nichts geplant hatte, sagte sie ja. Aber wie sollte sie
ihn empfangen? Wie aufnehmen. Er kam spät am Abend an und beide
waren sie eigentlich zu müde für ein Rendezvous. Also beschlossen
sie, das er erst einmal im Gästezimmer schlafen sollte und sie sich
dann am nächsten Tag in Ruhe kennenlernen würden. Er gefiel ihr
aber sofort und so fiel der Gutenachtkuß bereits recht zärtlich
aus. Am nächsten Morgen machte sie wirklich ein königliches
Frühstück und brachen danach auf. Es war geplant eine Reise zu
machen, da er zwei Termine in der Gegend hatte und so könnten sie
dann gemeinsam in Richtung Meer aufbrechen um dort noch einen schönen
Tag zusammen verbringen. Schon während der Autofahrt flirteten sie
immer heftiger miteinander und konnten es kaum erwarten im Hotel
anzukommen. Dort war es dann auch keine Frage mehr, ob getrennt
Zimmer, nein sie waren bereits ein Paar. Schlüpften schnell unter
die Deck, es war erst Nachmittag, aber sie hatte es eilig. Die
Paarung vollzog sich zügig und voller Begehren. Anschließen fuhren
sie auf den ersten der zwei Termin, hatten ein tolle Abendessen und
gute Gespräche, sehnten sich aber bereits wieder sehr nach den
Federn. Es wurde eine ziemlich beglückende Liebesnacht. Am folgenden
Tag machten sie eine herrlichen Ausflug zu einem der kleinen
Flughäfen, direkt am See und anschließend landeten sie schon wieder
im Bett. Auf der Fahrt zum Meer hatten sie nur noch das gemeinsame
Fliegen und diverse Begegnungen im Kopf, wie sie sich sie vorstellen
konnten eine längere Liebschaft zu beginnen. Er zeigt Ihr dann
seinen Flieger und noch einiges mehr. Sie war ziemlich verliebt. Sei
speisten nun öfters zusammen und trafen sich an den unmöglichsten
geheimen Orten. Er wollte das sie für ihn arbeiten sollte und
verschaffte ihr einen kleinen Auftrag. Doch plötzlich kühlte er ab.
Es gab viele Schwierigkeiten die Lovestory geheim zu halten und sie
verstrickten sich beide immer mehr in Lügen. Letztendlich beschloss
er mit ihr Schluss zu machen. Für sie begann einen Zeit der
Traurigkeit. Etwas hing sie ihm noch hinterher und versucht ihn zu
treffen, aber irgendwann gab sie auch das auf. Nur online blieben sie
zusammen und begegneten sich noch manchmal virtuell. Eines Tages
bekam sie einen Anruf, sie solle zum Flughafen kommen, er wolle sie
mitnehmen, auf eine kleine Reise. Im Flieger stellte sich heraus, das
noch ein zweiter Freund dabei war. Sie sollte daher hinten sitzen,
was sie nur ungern tat, weil sie so nicht übernehmen konnte, aber
sie doch so irre gerne selber flog. „On Komand“ zu sein, ist
einfach das Beste.
Als
sie landeten, war die Stimmung recht gut, als sie ausstiegen, half
ihr der neue Bekannte und griff sie recht keck an. Plötzlich wußte
sie, daß die zwei eigentlich einen Sexausflug mit ihr vorbereitet
hatten. Sie gingen in den Hanger und gratulierten sich für den
schönen Flug, dann wurde ein Sekt geöffnet und plötzlich begannen
beide sie auszuziehen. Da sie sehr überrascht war, war sie
gleichzeitig auch recht erotisiert. Es ging dann alles recht zügig
und unromantisch, aber danach hatten sie die Idee noch ins Dorf zum
Essen zu gehen und eventuell sogar dort zu übernachten. Natürlich
mit weiterem Grinsen im Gesicht. Nina war überrumpelt und wusste
nicht, wie sie aus der Situation herauskommen sollte. Sie hatte
einfach nur noch das Bedürfnis nach Hause zu fliegen.
Der
Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, heute meist Simplicius
Simplicissimus, ist ein Schelmenroman und das Hauptwerk von Hans
Jakob Christoffel von Grimmelshausen, erschienen 1668, datiert auf
1669.[1] Er gilt als der erste Abenteuerroman und als das wichtigste
Prosawerk des Barocks in deutscher Sprache.
Grimmelshausen
veröffentlichte den Roman unter dem Pseudonym German Schleifheim von
Sulsfort, einem Anagramm seines richtigen Namens Christoffel von
Grimmelshausen. Das Werk beschreibt den Lebensweg von Melchior
Sternfels von Fuchshaim (ebenfalls ein Anagramm des Autors), der im
Dreißigjährigen Krieg als Kind von Soldaten verschleppt wird, es
zum Offizier bringt, mehrfach die Seiten wechselt und schließlich
der Welt entsagt und Einsiedler wird. Der Simplicissimus hat zwar
stark autobiographische Züge, ist jedoch kein Schlüsselroman.
In
der Nacht geschah es dann, dieser blöde zweite Typ bekam einen
Herzanfall und starb. Die Polizei verdächtigte sie sofort des Mordes
und so kam sie in Haft. Dumm gelaufen. Nun sitzt sie hier und weint
und keiner von uns weiß, wie man sie trösten kann. Es sieht auch
nicht so gut aus, weil scheinbar ein Motiv konstruiert wurde, welches
gegen sie spricht. Aber das war heute einfach noch gar nicht
herauszubekommen.
Weine
nicht, Anuschka, weine nicht Nina, auch die Zeit im Gefängnis ist
irgendwann vorbei, dachten wir damals!
WINTERNACHT
Winternacht,
Schneelichter
Reiter
Über
den Wieten.
Weiße
Windfrauen
Leuchten
dem Fliegendem Heer.
Eisnebels
Tücher
Verhüllen
Kapelle
und Eiche.
Fuchses
lauschen,
Traumworte
Plaudert
die Quelle.
Es
stürmt, hagelt regnet und schneit, ein echtes Aprilwetter. Ganz
still war es um mich, bereits seit vier Tagen. Ich war hier in dieser
Zelle ganz allein. Es war das Wochenende nun endlich vorbei und sie
hatten zum ersten Mal Hofgang. Seit damals nennt sie sich Brown, denn
ihr hätte dasselbe passieren können.
Liebe
Anuschka! Grüß Dich, ich habe gestern mehrmals Deinen Namen
gerufen, aber Dein Zellenfenster blieb immer verschlossen. Hast Du
mich gehört? Ich möchte dass Du immer weißt, dass ich jede Minute
des Tages an Dich denke. All meine Gedanken sind immer bei Dir.
Morgen bekommst Du das erste Mal Post über den Briefträger von mir.
Gäbe es doch einen Spalt in den Wänden, immerzu würde ich mit Dir
flüstern wollen. Wird das überhaupt Deine erste Post hier sein? Wie
lange bist Du schon hier? Zehn Tage? Oder sind es schon mehr. Ich
habe Dich, von der ersten Minute an, geliebt! Als ich Dich zum ersten
Mal gesehen habe Du hast mir so gut gefallen, bist hübsch und so
nett anzusehen. Du bist hier in der Knasthölle angekommen und
trotzdem lachst Du und schaust fröhlich aus, das ist erstaunlich und
bewundernswert. Ich habe wirklich begonnen Dich zu lieben. Viel Glück
wünsche ich Dir, möchtest Du meine Brieffreundin sein? Dein Valerie
Und
so existiert sie, obwohl ich wirklich nicht begreifen kann, was hier
passiert und wo ich mich jetzt eigentlich befinde. Liege ich auf
einer schönen Wiese unter Apfelbäumen oder bin ich dort in der
Vergangenheit, oder in einem Albtraum? Aber eines ist sicher, ich
existiere, ich werde geliebt und ich erlebe jeden Tag etwas dass mein
Sein rechtfertigt. Schlimmes, gutes und reales. Innerhalb von
vierundzwanzig Stunden sind sicher ein paar auch gute und glückliche
dabei. Gerade fühle ich mich nicht gut. Aber ich weiß es, diese
Regel von den guten und schlechten Stunden des Tages. Die stimmt fast
immer. Deswegen kann der Mensch überall überleben, sogar im
Konzentrationslager, weil er immer etwas findet, was ihn auch freut.
Und wenn es nur ein Grashalm ist, an den er sein Herz hängt. Aber
die zweite Welt, die irreale, in der ich mich befinde, die besteht
aus dem was ich denke, aus meiner Vergangenheit, die mich hier
scheinbar eingeholt hat und aus meinen Träumen. Ich sollte
gleichzeitig mehrere Bücher schreiben. Habe ich ja schon immer
gemacht.
Die
Phantasien und Erzählungen des Tages, welche aus der Begegnung mit
den Tragödien der Mithäftlinge besteht, belastet mich ungemein.
Fertig möchte ich damit sein und es abschließen. Mich reinigen und
einen Schlussstrich ziehen können. Aber das geht nicht. Alles kommt
immer wieder zurück am Häufigsten in meinen Träumen. Ein Traumbuch
mit Reflexionen und eben ein Tagebuch. Eines, welche die Ereignisse
hier ganz atmosphärisch beschreibt. Eines, welches meinen
Sinneseindrücke reflektiert, wie z.B. meine Erinnerungen an Goethe;
„Über allen Gipfeln ist Ruh!“ Ruhig ist es hier, fast den ganzen
Tag lang. So viel Ruhe hatte ich noch nie. Gestern habe ich die
gesamten Goethezitate entdeckt, die hätte ich wirklich große Lust
auswendig zu lernen. Erinnere mich an meine Versuche als
Schauspielerin. Mir käme es fast vor wie eine gute Therapie oder
eine Kur, bzw. ein Sanatorium, wenn nicht diese irre Armut, der
Befehlston und die Strenge wären Dann könnte ich meine
Beobachtungen aufschreiben und die Gegenstände, weiterhin die
anderen Mithäftlinge beschreiben, sowie, wie man mit uns umgeht. Das
sollte ich ganz neutral beschreiben. Es ist ungeheuerlich und sehr
schwer zu ertragen. Die Physiognomie aller Dinge, bzw. das Wesen
aller Objekte in einer Haftanstalt, ist interessant. Wie der Hof
aussieht, in dem die Gefangenen spazieren gehen dürfen, wie die
Zellen, die Gänge. Und auch die Duschen. Der Bewegungsraum ist
klein, viel Neues gibt es nicht. Die Tage vergehen, wie in Thomas
Manns Zauberberg die Jahre vergehen. Die Zeit bekommt einen
gleichmäßigen Gang. Förmlich einen Fluss wie der Flusslauf eben
eines solchen. Er plätschert dahin, so, wie die Ereignisse
gemächlich dahin plätschern in einem sanften Moll. Spannend ist
eventuell noch der öffentliche Trakt, in den man nur darf, wenn man
zum Beispiel eine Aussprache mit dem Pfarrer hat. Das war es. Sonst
gibt es noch den Tag, den bedeutenden Gerichtstag. Und dieser wird
tagelang erwartet, wochenlang herbei gesehnt und dann besteht er nur
aus warten. Und ausharren. Die Mahlzeiten fallen aus. Die Zeit wird
abgesessen in kleine Räumen und Fenstern, den Schleusen. Stundenlang
sitzt man dort drinnen und wartet. Man wartet, das sich die Tür
öffnet. Größer ist ja der Radius gar nicht mehr, denn alles spielt
sich im Kopf auf. Die Überlegungen, wie man fliehen könnte und
entkommen. Aber das gibt es nicht mehr das entkommen vor der
Realität. Das ist aufgehoben, die Möglichkeit etwas selber zu
bestimmen. Das wird jetzt vielleicht die Realität für zehn Jahre.
Wirklich, zehn Jahre Haft steht auf das, wofür sie angeklagt ist.
Gott sei dank steht sie nicht unter Mordverdacht, sondern nur Untreue
al Geschäftsführerin. Das ist ja wenigstens ein Kavaliersdelikt.
Nun gut, wenn man schreiben darf, kann man diese Klausur ja
vielleicht aushalten. Sie denkt an Ulrike Meinhof und andere
Berühmtheiten, die durch die Bücher, welche sie in Haft geschrieben
haben, bekannt wurden. Den das ist ihr das Wichtigste Bekannt zu
werden. Eine Legende und eine Besonderheit zu sein. Das ist der Sinn
des Lebens. Etwas besonderes gemacht zu haben und wenn es nur ein
besonders ungewöhnliches Leben sein wird. Die Blüten sind das
Schönste. Die Apfelblüten.
Abendbrot im Abendrot.
Abendbrot!
Endlich. Abendrot, die Sonne geht jetzt langsam wieder später unter.
Die Idee ist es ein Tagebuch zu schreiben, ist schon lange gegeben.
Sie tut das natürlich erst recht, in so einer Situation. Und ihr
Freund hat ihr auch ein hübsches, leeres Buch geschickt. Er weiß
dass sie es füllen wird. Aber was ist interessant und was nicht? Und
welche Struktur soll das haben, ihr Buch? So könnte ich das tun, wie
Ludwig Tieck:
Tieck
schmückt jedes der 18 Kapitel mit einem Lied, das meist von Peter
gesungen wird. Die erste Hälfte führt das Paar zusammen (nach drei
Kapiteln ist er von daheim weg, nach sechs hat er ihr den Ring
geschenkt, nach neun ist klar, dass sie fliehen), die zweite Hälfte
auseinander und wieder zusammen (nach zwölf Kapiteln sind sie
getrennt, nach 15 kommt er wieder zu Christen, im letzten finden sie
sich). Das wiedergefundene Glück am Schluss korrespondiert mit der
Eingangsrede des Autors, die das erste Kapitel ausmacht, über die
Vergänglichkeit allen Glücks, das doch wiederkehrt, was der Autor
auch auf seine Wiederbelebung des Märchens bezieht. Sie liebt die
Vermischung von realem und irrealem, von Wirklichkeit, erträumten
und ausgedachtem.Thomas Mann hat acht Romane sehr unterschiedlichen
Umfangs geschrieben:
Schon
mit seinem ersten Roman, Buddenbrooks, schuf er ein Werk der
Weltliteratur, für das ihm 1929 der Nobelpreis verliehen wurde; er
verarbeitete darin seine Familiengeschichte als Verfallsgeschichte
des Bürgertums und verewigte seine Heimatstadt Lübeck, ohne sie
beim Namen zu nennen.
Der
Roman Königliche Hoheit ist als ein autobiographisches Märchen
konzipiert.
Der
Roman Der Zauberberg, der bei der Nobelpreisverleihung nicht genannt
wurde, obwohl seine Publikation schon fünf Jahre zurücklag, war
geplant als humoristisches Gegenstück zum Tod in Venedig, mit der
Faszination von Liebe und Tod. Ähnlich wie in den Buddenbrooks wird
darin, gegenläufig zu einem klassischen Bildungsroman, eine
Verfallsgeschichte künstlerisch gestaltet; aber jetzt nicht mehr aus
einer Einstellung romantisch-nostalgischer Ironie heraus, sondern aus
einer Haltung kritischer Ironie. In den Dialogen und Streitgesprächen
der Romanfiguren findet sich eine scharfsichtige Zeitdiagnostik.
Die
Tetralogie Joseph und seine Brüder hielt Thomas Mann selbst für
sein bedeutendstes Werk. Sie entstand in den Jahren 1926 bis 1943,
also zum größten Teil während der Nazi-Zeit. Mann wollte mit ihr
ein auf der alttestamentlichen Josephserzählung (Gen 37–50)
beruhendes orientalisch-heiteres Gegenepos zu dem nordisch-düsteren
Nibelungenmythos Richard Wagners schaffen. Zugleich setzt er in der
Figur des in Ägypten zur Herrschaft gelangten Joseph der Politik des
von ihm bewunderten US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ein
Denkmal.
Lotte
in Weimar. Der Goethe-Roman entstand zwischen dem dritten und vierten
Band der Joseph-Tetralogie. Er gestaltet eine späte Wiederbegegnung
(1816) zwischen Goethe und Charlotte Kestner, geb. Buff (Werthers
Lotte) aus unterschiedlichen Perspektiven, nicht zuletzt aus der
Sicht Goethes, in dessen inneren Monolog gegen Ende des Romans Thomas
Mann Aspekte der eigenen Sicht von Kunst und Leben, Liebe und Geist
einfließen lässt.
Der
Roman Doktor Faustus entstand zwischen 1943 und 1947. In ihm
schildert der Erzähler Serenus Zeitblom vor dem Hintergrund des
Zweiten Weltkrieges die Lebensgeschichte des Tonsetzers Adrian
Leverkühn, die er symbolisch in Bezug zur deutschen Geschichte
setzt. Die Biographie Nietzsches lieferte den Stoff und Theodor W.
Adorno die musikalischen Grundlagen, insbesondere die zur
Beschreibung der modernen Zwölftonmusik.
Das
Alterswerk Der Erwählte ist Thomas Manns kürzester Roman und lebt
aus der Spannung zwischen einer mittelalterlichen Legende, die von
Hartmann von Aue in einem Versepos gestaltet worden ist, und ihrer
modernen Wiedergabe.
Der
Fragment gebliebene Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
ist eine Art Schelmenroman und nimmt eine Ausnahmerolle im Opus des
Dichters ein.
Und
werde ich es einmal veröffentlichen.Über die 47-jährige Tony
Buddenbrooks heißt es: Alles, jedes Glück und jeden Kummer, hatte
sie in einer Flut von banalen und kindisch wichtigen Worten, die
ihrem Mitteilungsbedürfnis vollkommen genügten, wieder von sich
gegeben. […] Nichts Unausgesprochnes zehrte an ihr; kein stummes
Erlebnis belastete sie. Und darum hatte sie auch gar nichts an ihrer
Vergangenheit zu tragen. [34] Das soll mir nicht passieren. Dann sind
nicht nur meine Gedanken wichtig, sondern auch die Ereignisse in
Zusammenhängen. Die Geschichte beruht ja auf einem tatsächlichen
Ereignis. Die Namen der Beteiligten sind besser zu ändern, oder
nicht!? Soll ich sie auf die erste Letter mit Punkt reduziert.
Weitere Namen werde ich zur Poesie der Geschichte verändern, wenn
die dadurch Betroffenen einverstanden sind lasse ich einige auch
real, damit es ihnen dient, als direktem Dank für die Ereignisse.
Heute bin ich sehr betroffen, ob es gut ist diese Geschichte zu
publizieren, oder ob sie nicht besser noch zwanzig Jahre liegen
bleiben sollte, bzw. einfach nur für meine Nachkommen da ist: Die
Geste, des Dankes ist mir wichtig.Nach Thomas Mann schließen sich
Lebenstüchtigkeit und seelisch-geistige Differenzierung aus. Diese
Annahme folgt einer literarischen Strömung des ausgehenden 19.
Jahrhunderts, für die Nietzsche den Begriff Décadence in den
deutschen Sprachgebrauch eingeführt hat. Wie sehr sich die Lehre vom
pathologisch degenerativen Ursprung der Genialität damals
verbreitete und bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zum Modethema
wurde, beweist u. a. die Bibliographie, die der Psychiater Wilhelm
Lange-Eichbaum 1927 in seinem Bestseller Genie und Wahnsinn
veröffentlichte. Denn über fünfzig Freunde und Bekannte haben mich
in dieser Zeit mit dem Nötigsten und vor allem mit Literatur und
Post versorgt. Aber auch ganz simple Dinge, wie Seife, Shampoo und
Neskaffee waren wichtig, um diese Zeit zu überstehen. Der Mangel an
Bewegung war schlimm zu ertragen. Und dann gilt mein Dank natürlich
auch: Frances Decang, Ilse Sommer, Suzanna Zuep, Marietta Brown,
Beatrice Bankmann,
Elena Licht, Jacquline Hagebuch, Rose-Marie Zeppelin, Gisele Anders,
Charlotte Fink, Kathrin Gruen, Lilli Blau, Winnie Buchbaum, Angela
Carlos, Anuschka Gordon, Valentina Philipp, Zoe Hochegger, Lisbeth
Muni, Paulina Kraus, Sophia Mühlbach, meine Leidensgenossinnen, die
mir Ihre Geschichten erzählt haben und mit denen ich so viele
Stunden und Tage zusammen gelebt habe. Die Namen möchte ich zu
Romanfiguren entwickeln. Das ist mein Plan. Die Briefe, die ich
später an sie geschrieben habe füge ich später in die Texte ein.
Am Meisten bewegen mich aber die Antworten und die Geschichten, was
aus all meinen Leidensgenossinnen geworden ist. Ich bin erschüttert,
wie schwer das Leben für viele Frauen immer noch ist und wie wenig
die Emanzipation gerade für die Frauen aus dem Ostblockländern
schon Realität ist. Wir kämpfen immer noch gegen Armut, gegen die
Macht der Männer für unsere Kinder, für die Liebe.
SPIELMANN
RACHE
„Vergeßene
perlen
Leihe
ich
Meinem
Kleid“,
Meintes
Du noch-
Und
entschloßene
Hornissen
Streichelnd
dein
kicherndes
Klavichord,
Zum
Gardinengesang
Aus
papierner Blüte
Großmütterlichen
Mandolinengetändels:
Vom
todesbalken
Tropft
es-
Tapetengetriller...
Meine
Phantasie kennt keine Grenzen. Was sind eigentlich
Bewegungsanmutungen? Ludwig Klages habe ich gerne gelesen. Ich freue
mich, wenn ich mehr von ihm lesen kann. Die Autorin, sprich Penelope,
übernimmt die persönliche Verantwortung für alles Geschriebene in
Bezug auf Wahrheit und Authentizität. Zusammenhänge und Orte sind
absichtlich verändert, um keine Autobiografie zu schreiben.
März,
ca. 15 Jahre später. „Weine nicht, Prinzessin Zuckerbrot im
Abendrot!“ Meine nunmehrige Freundin meint, so solle ich da, ab
jetzt heißen. In Bezug auf diese Geschichte.
Mitte
März, 15 Jahre früher. Valerie beginnt mich seine Prinzessin zu
nennen. Er ist sehr poetisch! „Beautyful girl, vergiss die Gitter,
die Vögel zwitschern, und es wird Frühling!“ „Glück im Knast;
oder Gefühle und Emotionen, eingesperrt und ausgeliefert!“
„Untertitel 5 Monate Abschiebehaft und Untersuchungshaft, prägend
für das restliche Leben!“ So könnte später der Titel für diesen
Roman heißen. Oder wird es ein Film, oder ein Theaterstück. Szenen:
1. Im Zug, 2. auf der Wache, 3.die Fahrt zum Gefängnis, 4. in
Gewahrsam, 5. Isolationszelle, 6. Hofgang, 7. Duschen, 8. die gute
Zelle in den Hof, 9. die Höllenzellen mit Blick auf die Hügel, 10.
Arztvisite, 11. Beichte, 12. Gerichtstermin, 13. Auslieferung. Ich
fantasiere und arbeite, im Leben muss man ja doch alles zu Geld
machen, oder?
Liebste
Anuschka, meine geliebte Brieffreundin, danke für Deine Antwort, ich
habe mich sehr gefreut auch von Dir Post zu bekommen. Ich weiß, ich
bin der einzige der hier deutsch spricht und daher hast Du keine
Wahl, aber mir ist das recht! Ich liebe Dich! Schön, dass Du meine
Freundin bist, ich werde Dir jeden Tag schreiben! Du wirst sehen,
dadurch vergeht die Zeit schneller, Dein Valerie! Valerie und Alesch,
sowie Milan und Matthias, die Brieffreunde
Ein
besonderer Jahreswechsel, eine besondere Fastenzeit! Weitere
Darsteller: Anuschka Brown, ich!
Tanja
Kirchberg, Mutter von zwei Kindern.
Miriam
Ludomirkovic, ebenfalls Mami, eine Tochter, aus MoldaZürich.
Palovina Zettel, eine blondhaarige Zigeunerin, deutschsprachig. Petra
und Bianca Kumasic, aus Bulgarien, beide sehr schweigsam Paula Nusic,
aus Polen, ganz lustig und recht jung. Nathalie Kempinski, 15 Jahre,
eine Mörderin? Sowie: Frances Decang, soll eine
Kreditkartenbetrügerin sein, Ilse Sommer, hat gestohlen, Suzanna
Zuep, behauptet Urkunden gefälscht zu haben, Marietta Brown, ist der
Geldwäsche angeklagt, Beatrice Bancelier, hat sich mit einem Gauner
eingelassen, Elena Licht, hat Blüten gedruckt und ist sehr stolz
darauf, Jacquline Hagebuch, fälschte Ihre Lohnzettel und betrog
Ihren Arbeitgeber, Rose-Marie Zeppelin, ist wegen Mordversuch
angeklagt worden, ist aber unschuldig, Gisele Anders, hat einen
falschen Pass benutzt, und ist wegen Grenzkontrollverstoß und
illegalem Grenzübergang angeklagt, Charlotte Fink, hat ständig die
Unterschrift Ihres Mannes gefälscht, und dadurch viel Chaos
angerichtet, Kathrin Gruen, hat sich falsche Pässe machen lassen,
Lilli Blau, hat versucht ein Auto zu stehlen, Winne Buchbaum, hat
ebenfalls Dokumente gefälscht, Angela Carlos, hat sich prostituiert,
Anuschka Gordon, war in einer Spielhalle verdächtigt worden wegen
Falschspielerein, Valentina Philipp, ist Hehlerin, Zoe Hochegger,
eine Diebin, angeblich aber eher unschuldig, Lisbeth Muni, ist wegen
einem fehlendem Visum da, Paulina Kraus, hat auch einen falschen
Pass, Sophia Mühlbach, ist wegen einer Schlägerei verhaftet worden.
Soweit ein Überblick über alle weiteren Mithäftlinge, welche ich
in meiner gesamten Haftzeit kennenlernen sollte.
Ich
bin nun in einer Fünfer Zelle. Es ist sehr eng und meisten sogar zu
wenig Luft zum Atmen. Es sind vier sehr gute Frauen, mit denen ich
jetzt zusammen bin. Eine ganz junge, ein 15 jähriges Mädchen,
welches beschuldigt wird seine Großmutter umgebracht zu haben. Zwei
ganz kriminelle Bordellchefinnen. Eine ältere Lehrerin. Eine
Historikerin. Verschiedene Neuzugänge und Abgänge. Eine sehr
strenge Wärterin Charlotte und eine sehr gute, die anderen ohne
Namen. Ein Pfarrer. Eine Richterin, eine Staatsanwältin, ein
Dolmetscher. Verschiedene Transportwärter, Aufpasser und Wächter.
Weiterhin verschiedene Polizisten. Wenn wir uns in einem Film
befinden würden. Dann säßen wir jetzt im Zug, hätten gerade die
Hauptstadt verlassen. Die letzten Stadtbilder zögen an uns vorbei.
Das Abteil, recht voll, keine freien Plätze mehr. Sechs Personen.
Auf dem Gang auch viele Menschen. Ein Gedränge, Polizeikontrolle.
Suchen Sie jemanden? „Bitte Ihre Pässe!“ Unter anderen wird auch
Deutsche wird kontrolliert, alle Pässe werden mit Blaulicht
eingescannt. Wen suchen Sie? Eine ungewöhnlich scharfe
Personenkontrolle. „Bitte, Sie müssen mitkommen, Ihr Pass ist
nicht in Ordnung!“
Das
Mädchen muss mit den Polizisten aussteigen. Sie wird durch die ganze
Stadt gefahren zu einer Wache. Dort geht alles ganz schnell, es wird
bereits Abend. „Sie sind verhaftet! Morgen kommen Sie vor einen
Richter, jetzt müssen sie erst einmal bis auf die Wäsche Ihre
Kleider ausziehen und mitkommen.“ Alle Sachen kommen in ein
Schließfach, dann geht es in den Keller. Eine Metalltür wird
aufgestoßen, eine Zelle mit zwei Pritschen übereinander, ohne
Decken, kein Fenster, kein Wasserhahn, kein WC. Kein Abendbrot, gar
nichts. „Dort hinein!“ Sie ist alleine, dunkel. Es wird kalt. Sie
versucht zu schlafen. Was für ein Alptraum. Was ihr bleibt ist die N
verbale Kommunikation mit Gott.
Lieber
Gott, bitte mach das das nicht wahr ist. Bitte hilf mir! Bitte
beschütze mich und bitte sende mir Hilfe. Ich habe Angst. Lieber
Gott, verlass mich nicht, ich verspreche ich bete jeden Tag
mindestens dreimal zu Dir und ich werde ganz fest an Dich glauben.
Bitte Hilf mir, dieses Unheil von mir abzuwenden!
Danke,
lieber Gott! Danke! Für alles, im Voraus!
Es
wird immer kälter, sie klopft an der Tür. Sie bittet um Wasser und
darum einmal auf eine Toilette zu dürfen. Es gibt am Gang ein
Pissoir. Man muss stehen. Der Wärter schaut zu. Dann ein schlechter
Tee. Sie weint sich in den Schlaf. Es wird Nacht. Sie ist bereits vor
Kälte völlig verstört, kann doch nicht schlafen. Später wird eine
sehr schmutzige Frau zu ihr hineingestoßen. Völlig durcheinander,
irre heulend und verzweifelt. Sie tobt den Rest der Nacht. Keine
Möglichkeit ein Auge zuzudrücken. Was wird sein? Was, morgen? Die
Angst ins Gefängnis zu kommen, oder die Sorge vor dem Bösen, ein
Kampf gegen das Gemeine? Was werden sie ihr antun? Fakten! Sie hatte
einmal mit einem Amerikaner ein Geschäft, welches sie aber nach
einem Jahr wieder schließen musste, weil ihr das Kapital ausgegangen
ist. Die Sinnesphänomenologie hat mich schon immer begeistert. Und
das der Mensch nicht nur über Wasser gehen kann, sondern auch in der
Lage ist, Berge zu versetzen. So werde ich es auch schaffen hier
heraus zu kommen. Wie könnte ich den fliehen?
Handschellen,
Polizisten und dann dieses angepackt werden. Diese Daumenschrauben,
dieser harte Griff! Keine Chance zu entkommen. Immer wird man
festgehalten. Ich müsste etwas Kampfsport gelernt haben. Habe ich
aber nicht. Warum nicht? Ich werde das sofort beginnen, wenn ich
wieder frei bin!
Dieses
nächste Kapitel soll der Romantik gewidmet sein und sehr poetisch.
„Spürst Du, kaum ein Hauch!“
"Spürst Du, kaum ein
Hauch!" Draußen ist es Windstill. Gefängnismauern halten
dicht.
Hagel,
draußen stürmt es wenig später. Dann ein schöner Regenbogen,
Sonne und endlich kein Wind mehr. Wie die Ruhe nach dem Sturm, war
das. Bringen Sie mich erst einmal auf den Stand, was war damals
eigentlich los? Warum wurden Sie verhaftet und wie ist es dazu
gekommen. Fragen die aufkommen. Anuschka erzählt: „In Kürze,
wegen einem Mann, den ich stehen gelassen habe. Weil ich nicht mehr
wollte, wie er wollte? Oder, weil ich zu mutig war?“ Anuschka
versucht einen Rückblick, aber vieles hat sie schon vergessen.
„Zuerst verbrachte ich einige Wochen auf dem Rücken der Pferde,
dann ein Sturz der alles verändert hat.“
Ich
konnte nicht mehr gerade gehen, alles hat sich gedreht, ein
Gehirnschädeltrauma. Ein Trauma, begann damit ein großes
Trauma?1976 inszenierte Hans Hollmann am Basler Theater „Die
Buddenbrooks“ an zwei Abenden. 2005 wurde der Roman für die
Theaterbühne vom Dramaturgen und Schriftsteller John von Düffel
dramatisiert (ein Abend, etwa drei Stunden). Das Stück stellt die
unterschiedlichen Lebenswege und Schicksale Thomas’, Christians und
Tonys in den Mittelpunkt. Die Uraufführung wurde am Thalia-Theater
(Hamburg) von Stephan Kimmig inszeniert und hatte am 3. Dezember 2005
Premiere. 1 ½ Jahre hatte von Düffel an der
Bearbeitung
gearbeitet. Die österreichische Erstaufführung fand am 25.
September 2008 im Theater in der Josefstadt statt.
Am
12. Mai 2007 hatte das Stück im Düsseldorfer Schauspielhaus
Premiere.
Am
Theater Lübeck hatte die Düffel’sche Fassung der Buddenbrooks am
29. September 2007 ihre Premiere, inszeniert vom neuen
Schauspieldirektor Pit Holzwarth. Die „Rückkehr“ der
Buddenbrooks in ihren Handlungsort brachte ausnahmslos ausverkaufte
Aufführungen und mehrere Zusatzvorstellungen.
Also,
wir befinden uns jetzt auf einem Holzstuhl in einem größeren Raum,
auf der Wache. Drei Personen sind da, außer der gerade
verhafteten Frau, Anuschka Brown. Eine Story, eines Versuches das
Leben zu bewältigen? Dem Leben etwas abgewinnen, aus ihm etwas
Besonderes zu machen? Sie versucht dem Dolmetscher zu erklären, dass
sie Angst hat für schuldig gesprochen zu werden. Sie hat zwar keine
klare Ahnung für was sie alles angeklagt wurde, aber sie hat Angst.
Und sie hat Angst vor der Macht des Bösen. Mit welcher Geschichte
hat es angefangen? Welches Kapitel soll ich aufschlagen. Bücher,
Bücher verfolgen sie, sie beginnt Listen anzulegen, was sie gerne
alles lesen würde. z.B. Von Thomas Mann und Mitgliedern der Familie
Mann über die Familie Mann
Thomas
Mann: Über mich selbst. Fischer, Frankfurt 1994, ISBN 3-596-12389-5.
Thomas
Mann: Selbstkommentare: Buddenbrooks. Fischer, Frankfurt 1989.
Viktor
Mann: Wir waren fünf. Fischer, Frankfurt 2001, ISBN 3-596-12275-9.
Von
anderen Verfassern über die Familie Mann
Klaus
Harpprecht: Thomas Mann – Eine Biographie. Rowohlt, Reinbek 1996,
ISBN 3-498-02873-1, als Taschenbuch ISBN 3-499-13988-X.
Niemals mehr allein sein
wollen.
Meine
Angst, vor dem „alleine Leben“, habe ich aus dem Weg geräumt, in
dem ich mich dazu entschlossen habe, Nathalie und ihre Familie, mit
ihrem zwei Kindern aufzunehmen und mit ihnen zu leben. Für sie
irgendwie auch zu sorgen. Habe sie so sehr ins Herz geschlossen.
Hoffentlich
ist ihr Mann nett. Aber sie ist so clever, so arbeitswütig, so
sauber, dass ich mich schon sehr darauf freue. Bin gespannt, was sie
mir auf meinen Brief antwortet. Unsere Paketfeste hier waren immer so
super.
In
meiner Phantasie entwickle ich einen Roman, der die Geschichte von
zirka zwanzig Frauen erzählt, denen ich hier begegnet bin. Warum sie
das Gesetz gebrochen haben und warum sie zu meist doch unschuldig
verhaftet worden sind. Gründe zu suchen und immer alles sehr
intellektuell zu rechtfertigen, bzw. auch wieder zu negieren, das ist
hier der Versuch! (Hier ist noch Platzt für Briefe, die ich bekommen
habe und die ich geschrieben habe!) Gefängnistagebuchnotizen,
Frühlingsstimmung, Vogelgezwitscher und eine laue Prise. Ich stecke
meinen Kopf in mein Tagebuch, rundum all meine Bücher und
Aufzeichnungen. Finde ich einen Grund meine Geschichten
aufzuschreiben? Ja! Ich finde einen Grund, die Geschichte von
mir aufzuschreiben, oder doch nicht!? Doch ich möchte darüber
berichten und zwar nicht nur mir zuliebe,
sondern
als Zeitzeugendokumentation. Meine ganz persönliche Geschichte lasse
ich hier im Moment noch aus, weil sie gut durchdacht gehört! Es gibt
auch so viele Gründe sie für sich zu behalten. Nur die Phantasie
der meisten Menschen geht mit ihnen durch, wenn sie nicht die wahre
Geschichte kennen. Ich habe Angst, alles was ich schreibe, kann auch
beschlagnahmt werden und gegen mich verwendet werden. Daher schreibe
ich besser nichts über die Vergangenheit, denke ich. Ich mache
besser keinen Bericht, über all die unglücklichen Ereignisse und
Geschehnisse, warum ich nun hier in dieser Lage bin, warum ich zur
Haft ausgeschrieben wurde. Besser berichte ich es nur meinem Anwalt.
Aber ich versäume nichts. Aber ich sorge mich, dass auch alles in
die richtigen Hände kommt und nichts kopiert wird und dann direkt an
die Richterin geschickt wird, welche mein Urteil sprechen wird.
Ich fürchte mich vor der
Justiz und vor dem Urteil.
„Antena
Camino del sol“, tröstet mich nur wenig.
Viel
denke ich an meine Eltern. Wie groß meine Distanz zu ihnen ist, ist
fast erschreckend. Meine Mutter wird sich sehr schwer tun. Was wird
sie sagen, wenn sie die Nachricht erfährt! Ich, im Gefängnis, und
schon so lange. Ich will mich endlich einmal mit den bedeutendsten
Schriftstellern befassen:
Bisher
erhielten 13 deutschsprachige Autoren den Literaturnobelpreis.[10]
1902, bei der zweiten Verleihung, wurde der Historiker Theodor
Mommsen ausgezeichnet. Es folgten der Philosoph Rudolf Eucken (1908),
die Schriftsteller Paul Heyse (1910), Gerhart Hauptmann (1912),
Thomas Mann (1929), Heinrich Böll (1972), Günter Grass (1999) und
Herta Müller (2009). 1966 erhielt die im schwedischen Exil lebende
Dichterin Nelly Sachs die Auszeichnung, die sie sich mit Samuel Agnon
teilen musste. Neben dem lange Zeit in der Schweiz lebenden
gebürtigen Deutschen Hermann Hesse (1946) war der bisher einzige
Schweizer Preisträger Carl Spitteler (1919). Der ebenfalls häufig
in der Schweiz lebende Elias Canetti (1981) und Elfriede Jelinek
(2004) waren bisher die einzigen Preisträger der österreichischen
Literatur.
Anna
Martha Wainerwrught machte Ihren Vater zum Thema eines Songs, sie
sagt im Rück blick über Ihre Eltern: "wir waren schließlich
nicht die Familie Von Trapp! Aber die Probleme, die ich mit meiner
Mutter und meinem Dad habe, sind wahrscheinlich bei Weitem nicht so
groß wie die meiner Freunde und deren Eltern - weil wir keine
Geheimnisse voreinander haben."
Ich
hatte immer Geheimnisse. Ich kann mir sowieso gar nicht vorstellen
keine Geheimnisse, und kein eigenes Leben zu haben. Ich finde
Privatheit wichtig! Aber in der Liebe sollte man sich natürlich
vertrauen.
"This
is not amerika!" David Bowie liebe ich sehr. Die
Radioberieselung aus dem Hof tut mir gut.
Liebe
Anuschka,
ich
warte immer, Dich zu sehen. Wenn Du spazieren gehst und zu mir
hinaufschaust und mir winkst, dann bin ich so glücklich. So viele
Briefe schreibe ich Dir jeden Tag und danke Dir auch sehr für all
Deine lieben Antworten. Spüre Deine Freundschaft und Deine Nähe,
sind es ja nur 5 Meter durch die Luft, die uns trennen. Liebe, ich
liebe Dich, für immer Deine Valerie!
Ich wollte immer eine Famme
Fatale sein!
"She
is a model and she is looking good..."
Eine
geheimnisvolle Frau, welcher die Männer in Scharen zu Füßen
liegen!
Andere
Freuen und Freundinnen werden auf einmal so unwichtig. Hier aber hier
zählen die Frauenbegegnungen. Diese Situation, jetzt, hier im
Gefängnis, sie ist ja sowieso schlechter als in einem richtigem
Spielfilm. Alles ist zu ungeheuerlich und so unglaublich schlecht.
Aber ich bin schnell prominent geworden, als einzige Deutsche und
„schön“ finden mich alle. Das ist Öl für meine Haut. Fühle
mich, zurückgebeamt, mindestens um fünfzig Jahre Weltgeschehen,
wenn nicht sogar um hundert. Wie werden sie sich verhalten, was wird
mein Stiefvater dazu sagen? Wie meine Ex-Freunde und Geliebten
reagieren?
Macht
es mich spannend? Werden sie neugierig, was sich alles hinter mir
versteckt? Aber ich bin gut. Mit Kriminellen möchte ich gar nichts
zu tun haben. Ich hasse es, wenn man mich mit ihnen in einen Topf
wirft. Ich mag auch kein schlechtes Gerede über mich. Ich finde das
wirklich fürchterlich. Was mich interessiert sind eben all die
unschuldigen Gefangenen, all denen welchen das Leben so schlecht
mitgespielt hat.
Hier
ist alles so, als wäre man wirklich in eine Zeitmaschine gesteckt
worden, retour. Alle werden jetzt irgendwie getestet werden. Die
Wahrheit über Freundschaft und Zuneigung kommt jetzt ans Licht. So,
wie sich meine Freundin, die Gitti bereits als echte Freundin
erweist!
So
tolle Post! Am Meisten schreibt mir im Moment aber Sonja. Auch von
Alexandra und Ulla bekomme ich sehr liebe Briefe. Die Nasseh´s
halten ebenfalls richtig zu mir.
"Das
Mädchen aus dem Song", ich lese es bereits seit zwei Tagen
diese Buch haben es mir angetan. Ich werde ganz sentimental.
Die
Rolling Stones, die Beatles, Bob Dylan und Suze Rotolo; Paul
McCartney und Elton John, The Velvet Underground und Pink Floyd,...
alles die Musik meiner Jugend. Lieder und Songs die mein Herz
bewegen. Die Suche nach der großen und einzigen Liebe.
Anuschka,
weine nicht. Bitte ich will das nicht. Was macht Deine Stimmung?
Bitte, ich möchte nicht, dass Du traurig bist. Hast Du schon genug
vom Gefängnis, stimmt´s!?
Wenn
man lustig ist vergeht die Zeit schneller. Gleich werden wir
spazieren gehen. Ich werde aber hier bleiben, um Dir zu schreiben und
Luftküsse schicken zu können. Ich liebe Dich, Du wirst sehen,
unsere Zukunft wird sehr schön. Valerie
Ob
ich gerne mit ihm ins Bett gehen würde?
Marianne
Faithfull schreibt dazu auf Seit 21 dieses poetischen Buchs, "
Wenn man ein gutes Gefühl hatte, machte es man einfach; es wäre die
reinste Heuchelei gewesen, nicht mit jemandem zu schlafen, nur weil
er oder sie mit jemand anderem zusammen war."
Das
kenne ich, dieses Gefühl von Unverbindlichkeit in der Liebe. Sex ist
eine Laune des Augenblickes und es verpflichtet weder, noch bringt es
andere Verhältnisse durcheinander. Es ist schön, aber nicht so
wichtig. Man macht es einfach aus einer Stimmung und einer Laune
heraus. Hier könnte ich sogar Lust haben mit mehreren Jungs zugleich
eingesperrt zu sein. Wie toll ist die Phantasie in eine Zelle von den
Jungs hineingelassen zu werden. Aber ich verbiete mir diese Auswüchse
der Erotik. Ich habe natürlich Rapunzel dabei im Kopf und
Dornröschen. Die Prinzessin, die warten kann auf den einen, den
einzigen und den richtigen, diese Prinzessin möchte ich natürlich
gerne sein. Man macht nicht, was man Lust hat und ist nicht irre
aufgedreht und hypersexy auf die Jungs erstrecht nicht, wenn man
angeklagt wird. Ein, zwei Wärter schauen auch noch zu und sind auch
noch elektrisiert, so etwas Verbotenes und Verrücktes zu tun, soweit
käme es noch. Aber es ist süß und sehr sexy, solche Spielereinen
im Kopf zu haben, weil wir alle so irre ausgehungert sind nach Liebe
und so sehr bestraft, weil eingesperrt. Diese Phantasie ist mir eine
der liebsten geworden. Dieser Brief von Valerie hat mich im Hof
erreicht, heute früh! Suzanne hat immer Sex mit einem Wärter in der
Schleuse. Ich aber habe Sehnsucht nach den Küssen von Zsolt aus
Budapest, obwohl ich davon träume Felix zu heiraten und nun diese
Liebesbriefe hier, mit immer mehr Herzklopfen, fast täglich erhalte.
Haben wir uns zwar nur einmal geliebt, so ist er doch tief in meinem
Herzen gelandet. Wie sicher er war, dass ich ihn mit offenen Armen
empfangen werde. Er hat meine erotische Zuneigung zu ihm sofort
gespürt.
Was
ist los bei ihm? Wen liebt er? Was macht sein Herz und wie sind sein
Gefühle? Will er mit mir einen Film machen? Denkt er an mich? Geht
er viel spazieren? Liebt er mich ein wenig? „You told me again
...you prefered. Some men! But for me you would make an exception.“
Heute
ganz liebe und sehr lange Briefe aus Arad erhalten! Sehne mich so
sehr nach Literatur. Klassische und alte habe ich am liebsten. Die
griechischen Tragödien, die machen mich stark. Ob draußen noch ein
Paket auf mich wartet. Habe die Sorge, ob es meinem Vater gelingt
eine Verteidigung für mich aufzubauen? Nun schwimme ich wirklich in
einem großen Chaos an Emotionen. Wenn ich zurückdenke, dann ist
alles wirr. Habe meinem Anwalt alles bis ins Detail genau erklärt
und geschrieben. Diese Briefe sind wirklich eine große Beichte. Ob
ich das jemals jemanden lesen lassen werde? Ob er sie aus der Hand
gibt?
Meine
Freundin Gitti und Angst vor der Auslieferung
Am
Meisten freue ich mich über Gitti und das sie sich als so tolle
Freundin entwickelt. So ein nett zusammengestelltes Paket. Mit ganz
viel Neskaffee kam hier an und so viele richtige ganzen Tafeln
Schokolade, die den Aufenthalt in den letzten Wochen so versüßt
hat. Ich, Anuschka Brown, lerne zu horten und zu sparen, obwohl ich
auch gerne mit vollen Händen austeile und verschenke! Regenwetter.
Udo Lindenberg und Nina Hagen singen; "Romeo und Julia".
Bin
aber auch sehr neugierig, wie sich nächste Woche alles entwickeln
wird. Ob ich am kommenden Wochenende noch hier sein werde? Lieber
wäre es mir natürlich, dann schon "frei" zu sein und in
Zürich. Gleich frei gelassen zu werden, auf Kaution, direkt nach der
Abschiebung, davon träume ich.
Aber
eventuell lerne ich auch noch die anderen Gefängnismauern von innen
zu betrachten. Dort soll alles viel toller, besser und
fortschrittlicher sein. (Später musste sie feststellen, dass aber
der viel Beton und die modernere Ausstattung viel weniger Raum zum
Atmen lassen. Nur das man natürlich eine viel besser Disziplin
gelernt hat und sich dadurch dann auch besser fügen und benehmen
konnte war sofort zu spüren. So z.B. der Umgang mit Wärtern. Wie
man sich zu bewegen hat, wo man stehen und gehen durfte. Das hatte
sie tief im Blut und dadurch hatte sie gleich das Wohlwollen der
Wärterinnen auf ihrer Seite.) Die Wirklichkeit einer niederen
Dimension, wird durch eine Höhere nicht aufgehoben, sondern nur
relativiert.
Liebe
Anuschka, schau nicht traurig, mein Herz ist bei Dir. Einmal möchte
ich Dir meine Heimat zeigen. Einmal möchte ich, dass Du bitte mit
mir kommst. Du hast einen schönen Gang und so eine tolle Haltung,
bitte lächle. Heute ist das Wetter schön. Ich wünsche Dir einen
schönen Tag, bis morgen, Küsse, Dein Valerie. Drüben, sind 10
Personen in einer Zelle wird berichtet. 1 x pro Woche Kino. Das hat
nicht gestimmt, stattdessen Luxuszellen mit Fernsehen, wenn man es
sich leisten konnte. Soll ich schweigend beginnen, wenn ich vor dem
Richter stehe? Oder so: „Ich bin Katholikin, ich bete um ein gutes
Urteil. Ich bitte das Gericht, mir eine Chance zur Wiedergutmachung
meiner Schuld zu geben. Dazu brauche ich meine Freiheit und die
Möglichkeit wieder arbeiten zu können. Bitte geben sie mir keine
Gefängnisstrafe!“ Unglaublich, was ich alles für Phantasien
entwickeln kann, wieder arbeiten zu können und wie viel Geld,
wirklich viel Geld, ich verdienen könnte, das male ich mir aus.
Keine Wurstfabrik, aber eine Kleider- und Modeindustrie schwebt mir
vor. Anuschkas träume sollen wahr werden. So viele Fragen. Wenn man
in einen Hungerstreik tritt, wie lange braucht man zum Sterben? Ich
denke wieder am meine Freundin Gitti in Arad und Ihre Arbeit beim
Bayerischen Rundfunk. Wie sie sich durchbeißt um ihre zwei Mädchen
großzuziehen und ihnen alles bieten zu können, was man so braucht.
Die
morgige Wirklichkeit holt Anuschka ein: „Anwältin, Staatsanwalt,
Richter, ein Dolmetscher und eine Tippse... ich, ein Stuhl, in der
Mitte! Werde ich alles richtig machen? Soll ich mich ausliefern
lassen? Was habe ich für eine Wahl und was für Möglichkeiten?
Streik? Hungerstreik? Danach, leere und Angst. Unsicherheit und
Panik. Mein Puls geht schneller!“
Ich fühle mich so vieler Dinge
schuldig.
Schuldig, nicht auf mich aufgepasst zu haben. Keine Vorsichtmaßnahmen
und Regelungen getroffen zu haben. Nicht gekämpft zu haben. Keine
klare Position bezogen zu haben. Nicht kleine Schritte unternommen zu
haben, um mich zu retten.
Was
wird alles auf mich zukommen? Was ist mit meiner Liebe zum Zsolt und
einem Leben in Prag, oder eine Ehe mit Felix? Will er vielleicht doch
mehr? Wie er mir gefallen hat! Was ich für ein Bauchkribbeln spüre,
wenn ich an ihn denke. Wann bekomme ich wieder Post von ihm?
Liebe
Anuschka, jeden Tag habe ich jetzt Post von Dir und Du bekommst immer
auch zwei-drei Brieflein, stimmst. Gut funktioniert unsere heimliche
Luftpost! Tausend Luftküsse, Dein Valerie. Wer wird mir nächste
Woche überhaupt alles schreiben? Post! Das Warten auf Post ist eines
der wichtigsten Momente hier, im Zellen leben."
Post,
das freut mich ganz besondere! Post von all meinen Freunden. Die sind
alle treu und halten zu mir! Das ist toll! Hätte nie gedacht so gute
Freunde zu haben. Danke Gitti, Du bist wirklich eine tolle Freundin,
danke, danke, danke...
Wenn
ich aus diesem Teil meiner Geschichte einen Film machen müsste, dann
wäre das ein Songtitel. Danke, danke für die Schokolade in den
Knast. Danke Anuschka, für die Schokolade, Du bist lieb, Du teilst
sogar Deine Geschenke. Ich hatte keine Schokolade für sechs Monate.
Das ist wie ein Fest, Du bist sehr lieb. Dein Valerie .„The clouds
will be a daisy chain, so let me see you smile again...“ Sehr mag
ich zwar Songs wie, Danke, danke für die Blumen von der Tanke von
der Barbara Schöneberger, aber auch das; „Ich will keine
Schokolade, ich will einen Mann, ...“ von diesen Blue Velvet Jungs,
deren Konzerte ich so sehr mag. Danke, danke Gitti, für die
Schokolade, den Kaffee und das Shampoo in den Knast. Danke, Deine
Pakete waren immer die wundervollsten. Immer eine neue Lektüre und
immer Schokolade und Kaffee. Danke, Danke für das Horten lernen und
die Menge an Schokolade, die mir viele Wochen versüßt haben, die
ich teilen konnte und mir wie Gold vorkamen, danke Gitti, ich werde
mich immer daran erinnern.
Nun
habe ich aber Angst, Angst vor der Abschiebung und das Wissen, das
ich dann wieder ohne Hab und Gut dastehen werde. Man wird mir wieder
alles wegnehmen. Die ersten Tage ohne Pakete im neuen Gefängnis,
ohne Post, die werden wieder die kältesten sein. Ohne Schokolade und
Lektüre im Gefängnis, aber danke Gitti, "Danke, danke für die
Schokoladen in den Knast". Nun betrachten wir einmal die
Realitäten. Jetzt könnte ich eine Mediation gebrauchen.
Lieber
Gott, hilf mir bitte, ich drehe durch ohne Deinen Segen. Keine Messe,
kein Pfarrer. Jetzt habe ich schon wochenlang darum gebeten. Wann ich
endlich einen Priester zu sehen bekomme. Ich will beichten. Ich
brauche eine Erlösung. Fühle mich für so irre viele Dinge schuldig
und so gemein angeklagt. Bitte lieber Gott, mach dass ich bald beim
Priester einen Beichttermin bekomme. Anuschka:
„Morgen
ist mein Prozess hier, hoffe dann bald nach Zürich transportiert zu
werden. Werde meine Bücher der Bibliothek hier stiften, oder
mitnehmen, ich weiß es noch nicht. Es gibt keine deutschen Bücher.
Das werden die ersten sein. Also lasse ich einige da und andere
nicht!“ Im Angesicht des Feindes, der Vorleser: „Mein Herz so
weiß.“
Kein
deutschsprachiger Mensch soll hier je wieder eine solche langweilige
und schwierige Anfangszeit haben, wie ich! Hoffe sie lassen die
Bücher auch im Bestand und geben sie nicht weg. „Man spürt immer
noch diese Feindlichkeit gegen alles Deutsche.“ Endlich holt mich
ein Pfarrer ab. Es wird behauptet, mit ihm kann und soll man Sex
haben. Es ist der einzige Mann, mit dem man einmal ungestört und
unbeobachtet länger in einem Raum ist. Ich bin nervös, habe Sorge
und Angst genötigt, oder sogar vergewaltigt zu werden. Irgendwie
scheinen mir diese Geschichten aber auch so ungeheuerlich und
grauslig, eben damit man nicht mitgeht mit ihm. Er wird angeprangert,
wie der Teufel. Nun ist so viel Zeit vergangen, nun will ich auch mit
ihm sprechen. Er nimmt mich bei der Hand, wir gehen ewig lange Gänge
entlang. Dann werden Türen aufgeschlossen und plötzlich sind wir in
einem Trakt, der sich total vom den für Häftlinge unterscheidet.
Wir sind in einem Zimmer alleine. Fast eine Stunde. Pavlina erzählt
uns gerade, wie schlimm Ihre Mutter ist und war. Sie heult sich
richtig aus. Wir halten es kaum aus und haben alle eigentlich gar
keine Lust Ihre Seelentröster zu sein. Uns ist sie sehr anstrengend.
Andererseits ist sie auch etwas sympathisch, wie sie so beginnt
darüber nachzudenken, warum sie hier gelandet ist. Aber das ihre
Mutter schuld sein soll. Das mögen wir nicht.
Liebe
Anuschka, wie lange wirst Du noch hier sein, hast Du eine Idee, weißt
Du schon etwas? Dein Valerie. Ich wollte noch erzählen, wie meine
Beichte zu Ende ging. Große Hoffnungen habe ich in ihn gesetzt und
darin, dass er mir hilft Unterstützung zu bekommen und von all den
wichtigen Menschen die ich kenne. Ganz persönliche Sachen und
Traumata, habe ich berichtet. Aber auch das so schlecht über ihn
gesprochen wird. Er hat mich nicht angerührt, aber mir auch nicht
geholfen. Er hat gar nichts für mich getan. Hätte ich mich anbieten
müssen? Nun, jedenfalls war es ein Highlight meiner Tage und eine
enorme Abwechslung und Aufregung! Meine Freundin Sabrina trifft mich
mitten ins Herz. Sie schreibt mir von einem Telefonat mit meiner
Mutter. Diese ist sehr traurig und sehr deprimiert. Sabrina meint,
sie wäre kaum zu trösten. Es tut mir leid, wie schön wäre es,
wenn sie zu Besuch käme, dann könnte ich sie sicher trösten. Mir
geht es hier nämlich jetzt ganz gut. Fühle mich stabil und
erwachsen. Habe nicht einmal so große Angst vor einer langen
Gefängnisstrafe. Die soziale Sicherheit und das Versorgt sein sind
nicht schlecht. Das gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit. Draußen
habe ich das nicht. Der Kampf um das tägliche Überleben ist zu
groß. Ich schwimme da draußen nicht nur in einem Haifischbecken,
wie man so sagt, sondern fühle mich oft sehr verlassen und einsam.
Das Leben außerhalb der Zelle ist einfach viel härter. Mein Tempo,
welches ich immer zulege ist aber wohl mein Hauptproblem. Bin fast
ein Nerd im Internet geworden. Du machst mir wirklich Angst und
Sorge. Wie komme ich jetzt darauf? Lese den Roman von Henning Mankell
„Die weiße Löwin“. Was ist, wenn man verschwindet. Ich komme
mir auch so verschwunden vor. Träumte heute Nacht davon zu heiraten.
Aber vorher habe ich selbst aus mir eine Ritterin gemacht und mich
zum Adel geschlagen. Ganz simpel mit einem Plastikschwert. Ein
komischer Traum. Vom meinem Ex-Freund, dem Gartenarchitekten
geträumt. Habe im Traum unsere Wohnung wieder betreten dürfen. Es
war schön. Ich habe das Zusammenleben in Prag mit ihm wirklich
geliebt. Dann, als ich aufgewacht bin, war es noch da, dieses Gefühl
einen lieben Menschen geliebt zu haben. Mir ist ganz warm ums Herz.
Was heute auf mich zukommt. Frühlingswetter. Ständig wechselnde
Stimmungen. Von wem ich heute Post bekommen werde? Bin fertig mit dem
Strindberg. Brauch dringend wieder Literatur. Theaterleben ist doch
sehr anstrengend. Immer diese neuen Engagements und dann wieder neue
Städte, neue Mitspieler und Kollegen. Das Theater fordert viel. Bin
ich froh, dass ich keine Schauspielerin geworden bin. Schreibe Briefe
in Massen. Versuche alle Freunde zu aktivieren und alle Kräfte zu
mobilisieren. Hole mir von überall Hilfe. Erzähle jedem mein Leid.
Habe Gott sei Dank ein sehr volles Adressbuch. „Protection“. Der
Name der Rose von Umberto Eco, über ein verschollenes Lachen. Der
Teufel ist die Anmaßung des Geistes. Ich tauche ein, in die Welt der
Benedektiner Mönche. Und fühle mich recht glücklich. Wieder gutes
Wetter. Viel Wind. Nathalie erzählt uns ihre Geschichte. Ich werde
traurig. Die Tage ziehen jetzt rasend schnell vorbei. Alles dreht
sich immer schneller. Ich schreibe und schreibe und habe Gott sei
Dank auch genug Briefmarken. Manchmal muss ich haushalten und mir
überlegen, an wen ich die aktuellen Briefe zuerst abschicke. Aber
dann werden sie nur dicker und länger, wenn sie länger bei mir
liegen. Meine Briefe. Bin ängstlich, unruhig und nervös!
…hier
fehlen mehrere Seiten, die sind unleserlich und zerknüllt! Große
Verzweiflung macht sich in meinem Herzen breit! Figuren des Romans
4.1
Johann Buddenbrook der Ältere
4.2
Konsul Johann (Jean) Buddenbrook (ca. 1800–1855)
4.3
Senator Thomas Buddenbrook (1826–1875)
4.4
Tony (Antonie) Buddenbrook, geschiedene Grünlich, geschiedene
Permaneder (geb. 1827)
4.5
Christian Buddenbrook (geb. 1828)
4.6
Gerda Buddenbrook, geb. Arnoldsen (geb. 1829)
4.7
Hanno (Justus Johann Kaspar) Buddenbrook (1861–1877)
4.8
Antoinette Buddenbrook, geb. Duchamps († 1842)
4.9
Bethsy (Elisabeth) Buddenbrook, geb. Kröger (1803–1871)
4.10
Clara Tiburtius, geb. Buddenbrook (1838–1864)
4.11
Gotthold Buddenbrook (1796–1856)
4.12
Klothilde Buddenbrook
4.13
Familie Kröger
4.14
Familie Hagenström
4.15
Morten Schwarzkopf
4.16
Bendix Grünlich
4.17
Alois Permaneder
4.18
Kai Graf Mölln
4.19
Ida Jungmann
4.20
Therese (Sesemi) Weichbrodt
4.21
Anna (Iwersen)
4.22
Edmund Pfühl
4.23
Leutnant René Maria von Throta
4.24
Konsul Peter Döhlmann
4.25
Sigismund Gosch
Denke über all diese Figuren
ziemlich viel nach. Besonders über die Herzoge Berry.
Heute
habe ich mich endlich getraut Abel B. zu schreiben. Irgendwann muss
ich das einmal in einer Erzählung zusammenfassen. Diese Begegnung.
Diese Reise nach Mallorca. Diese Aufenthalte in Cannes und Nizza. Das
große Leben welches ich geführt habe. First Class Flüge, Hotels,
Dinners, Gesellschaften und lauter irre reiche Leute! Aber mein Brief
ist dann doch erst heute losgegangen. Meine Geheimnisse, mein Leben.
Das ist eigentlich ein Luxus, dass ich bereits so viel erlebt habe.
Romane könnte ich füllen und nicht nur von amourösen Abenteuern
und tollen Liebesgeschichten, sondern auch politische Ereignisse und
historische Zusammenhänge. Fühle mich wie eine Zeitzeugin des 20.
Jahrhunderts bzw. des 21., welches jetzt gerade begonnen hat. Lese
Stefan Zweig.
Wie
gerne hätte ich einmal einen Hund!
Und
einige Reisen muss ich machen: Mit der Transsibirischen Eisenbahn
möchte ich einmal bis Wladiwostok fahren und retour. Und dann
natürlich die Chinesische Mauer sehen und auf der alten Seidenstraße
unterwegs ist. Außerdem nach Timbuktu und in die Südsee. Grönland
lockt mich auch und selber zu fliegen. Wie gerne hätte ich damals
auf Mallorca meinen Pilotenschein gemacht. Ist die Idee gut? Fliegen
ist auch gefährlich, es gibt viele Todesfälle. Mein Traumtagebuch
hält mich ganz schön auf Trab. Es belastet mich, was ich alles so
träume. Aber es fühlt sich auch etwas so an, als wenn ich meine
Vergangenheit verarbeite. Also, wie war das Boot fahren und Rudern
gehen, in meiner Kindheit? Das hatte ich heute zum Thema. Den Traum
ein Versteck zu bauen, mitten unter einer recht öffentlichen aber
sehr romantischen Brücke, haben wir nie realisiert. Ein
Geheimversteck für uns Mädchen, das wäre schön gewesen. Heute
läuft:
Buddenbrooks
Regie:
Heinrich Breloer. Mit: Armin Mueller-Stahl, Iris Berben, Jessica
Schwarz, Mark Waschke und August Diehl.
BRD
2008
Fünf
Freundinnen, die Abenteuer erleben wollen. Und von einem eigenen Hund
träumen. Einem Gefährten. Ständig haben wir all die bekannten
Jugendbücher gelesen, von Tim und Struppi, Hanni und Nanni und
natürlich den fünf Freunden. Welche Ideen gab es noch? Was wird
passieren? Jetzt bleib mal auf dem Teppich und schweif nicht immer
ab! ...ein Hund hier? Auf dem Flur, hab ich einen gehört? Das kann
nicht sein? Wirklichkeit, Traum, Visionen und Fiktion beginnen sich
zu vermischen. Werde ich verrückt? Muss ich fliehen? Ja, langsam
drehe ich durch. Ich entwickle eine Fata Morgana.
Ich
erfinde wieder Fluchtträume. Über die Dächer. Ein Sprung ins Tiefe
und dann ab die Post. "Der Tote Tag" von Ernst Barlach.
Post von meinem Vater, die mich wirklich sehr traurig macht.
Interessant, das ich mich hier im Zellenleben so geborgen und so gut
aufgehoben fühle. Das liegt bestimmt an den vier super netten
Mädchen, mit denen ich hier zusammen lebe. Deren Geschichten, die
gehören auch erzählt. Dieser genaue Rhythmus hier und die vielen
Regeln, die geben mir ein Korsett, in dem ich mich recht gut bewegen
kann. Und so viel Zeit zum Arbeiten, zum Schreiben. Habe ein Buch
begonnen mit kleinen Erzählungen. Es geht dabei um die Orte meines
Lebens. Im Moment bin ich in New York und berichte, was mir dort
alles so passiert ist. Eine große ungeheuerliche Stadt, in der man
wirklich täglich sehr viel erlebt, wenn man sich frei und
ungezwungen bewegt und neugierig und mutig!
Ein
Kind verirrt sich im Dschungel der Großstadt und braucht ewig, bis
es wieder nach Hause findet. Kein Problem, kein Ärger, niemand hat
sie vermisst. Sie darf sich alleine und sehr frei bewegen, sie ist
noch keine acht Jahre alt. Mitten in der Woche. Die Wochentage
verschwimmen, aber die Sonne scheint warm und sehr hell. „Darling,
where are you, I miss you! Milan. Mein Milan, danke, wieder ein
Zettelchen von Dir, beim Hofgang. Habe es bereits irre vermisst!
Alles hat hier seine Ordnung. Auch die Liebe. Die Jungs sind ziemlich
treu und konstant in Ihren Zuneigungsbeweisen. Ich habe eine Vision.
Denke mir aus, dass das hier alles nur ein Film ist und wir am Abend
ins Hotel gehen und dann alle wild durcheinander, jeder mit jedem Sex
hat. Da alle so nervös sind vom Haftleben, in das sie sich
hineinversetzen müssen tagsüber, während gedreht wird. Gerät
abends alles ziemlich außer Kontrolle. Das ist eines meiner
Lieblingsphantasien. Es ist kaum zu glauben, wie einem die Enge der
Zelle nach einigen Monaten auf die Nerven geht! Also ich habe das
Buch Quergelesen und sofort begonnen eine eigen To do Liste zu machen
und einen Plan. Soll ich mit der Scientology Kirche zuwenden? Das
Buch zu dem ich Kommentare und Aufsätze schreiben soll heißt,
„Arbeit“! Was mir Arbeit bedeutet? Kaum zu glauben, ein Freund
aus Zürich schreibt mir, dass ich mein Schicksal absitzen muss. Das
ich sicher schuldig bin und halt dazu stehen muss. Er wünscht mir
eine gute Bekehrung und eine besinnliche Zeit der Einkehr und Stille.
So ein ... A.! Wie gerne ich arbeite. Mein Dasein hier empfinde ich
auch als Job. Und ich schreibe fast mehr als dreizehn Stunden
täglich. Soviel könnte man in einem anderen Leben ja gar nicht
schaffen. Aber ich habe ja auch wirklich gar nichts zu tun, außer zu
schreiben. Also, ist das mein Job. Wenn ich nur endlich eine ganz
richtig und normale Arbeit hätte, eine Festanstellung, ein
regelmäßiges Gehalt. Frauenarmut ohne Verdienst, das bringt einen
um!
Adelig
sein oder sich als Monarchistin zu begreifen und die Aristokratie als
Sozialisierung gut zu finden ist ja heute ein sehr spezielles Thema.
Ich will es sein, in meiner Haltung und in allem, was ich tue! Habe
mich ja vor ein paar Tagen im Traum erst zum Ritter geschlagen. „My
baby took my heart from me, she packed it all up in a suitcase. Lord,
she took it away to Italy, Italy
Ein
Rückblick in meine Vergangenheit, meine Liebe zu Italien, gestern
und heute. Träume schon immer von einem Leben in Italien. Ich liebe
die Kunst und das Lebensgefühl dort. Aber auch den Lebensstil und
eben das gute Leben. Else Lasker-Schüler begleitet mich in diesen
Tagen. Das hat sie schon früher. Ich liebe Ihr gesamtes Werk. Meine
Fragestellung in der letzten Woche war, was mache ich falsch um eine
Arbeit zu finden und zu halten. Warum behalte ich nie lange eine
Stellung? Da sich das nicht nur auf mein Berufsleben bezieht, sondern
auch auf meine familiäre Situation und auf mein Privatleben, möchte
ich herausfinden, was ich falsch mache. Da ich in Bezug auf meinen
Glauben an die katholische Kirche gerade eine sehr große
Fragestellung erlebe, habe ich mich der Scientology Kirche zugewandt
in der Hoffnung dort Lösungen und Antworten für meine Themen zu
finde. Heute Nacht geträumt, ich bin in einer Kirche, die abbrennt.
Die Türen waren von außen verriegelt. Keiner konnte hinaus, wir
sind fast alle verbrannt und beinahe gestorben, bis wie durch ein
Wunder der Brand von einem Gewitter gelöscht wurde. Es gab über
dreihundert Tote. Ich habe überlebt und geholfen die Leichen zu
vergraben.
Liebe
Miriam Ludomirkovic, kannst Du Dich an mich erinnern? Wir waren
damals zusammen in Abschiebehaft. Wir haben gerne beim Hofgang
miteinander geredet. Ich wüßte gerne, was aus Dir geworden ist und
würde mich sehr über ein Lebenszeichen von Dir freuen. Deine
Anuschka.
Alle Erinnerungen holen mich immer wieder ein.
Ein
Horror, aber zurück, zu meinem Thema. So interessiert es mich zum
Beispiel dafür, in einer Gemeinschaft von Menschen zu erleben, die
sich und die Welt verbessern wollen. Dass das Gute siegt und siegen
kann, wenn es sich aufmacht, das Böse zu begreifen und zu schwächen,
daran glaube ich. Der Traum wird wahr. Ich erinnere mich an einen
Film, in dem waren Juden so eingesperrt, in England, aber es hat
keiner überlebt.
Liebe
Paulina Kraus, Dir ist es gelungen, Du lebst in Berlin! Gratuliere.
So hat es doch noch geklappt und Du konntest in den Westen. Super,
ich freue mich für Dich. Schreib mir, ja, ich freue mich auf eine
Antwort, Deine Anuschka.
Gott
hat kein Gewitter geschickt. Das war mein Traum. Ich hoffe aber, dass
ich diese Hoffnung niemals aufgeben muss. Und das Gute wirklich
siegt, eben im Kampf gegen das Böse. Wie schwer mein Herz ist!
Nachtwachen! Bonaventura macht mich sehr nachdenklich. Ich komme
immer wieder auf verschieden Tollheiten. Schreibe die süßesten
Liebesbriefe an Zsolt. Bin so verliebt. Alle anderen Verehrer können
mir wirklich gestohlen bleiben. Sein Foto drück ich an mein Herz.
Jede Nacht vorm Einschlafen küsse ich es und träume, träume dass
er mein wirklicher Geliebter wird. Der geliebte Mann meines Lebens.
Sein Briefe sind mir das Liebste und das H
eiligste,
was ich hier besitze! Von Tag zu Tag wird meine Laune schlechter.
Alles geht mir hier auf die Nerven! Es ist so eng, so eng hier. Die
Zellen sie geben jedem nicht einmal zwei Quadratmeter Platz. Ich
drehe durch! Da muss man ja Klaustrophobie bekommen. Heute scheint
die Sonne! Denke immer wieder an Mutter Courage. Frauen können
wirklich stark sein. Als meine erste Herangehensweise war es
herauszufinden, wie ich mir eine berufliche Zukunft erträumen würde.
Also was sind meine Träume heute? Ich will hier raus! Freiheit! Frei
sein, ich will nur noch frei sein. Gefängnis, das ist doch wirklich
eine Sackgasse. Endstation Sehnsucht! Die Antwort ist eigentlich neu
und doch alt. Also ich würde gerne in die Lehre und Forschung gehen
können und universitär einen Fuß hineinbekommen in das Getriebe
derer, die denkend die Schüler von morgen dahin bringen können sich
besser zu entfalten und weniger Fehler zu machen, als wir bzw. meine
Generation es noch getan hat. Dahinter steht auch eine
Genderthematik. Als nächstes schaue ich wieder einmal auf die
Realität. Und dann bin ich wieder bei Brecht und bei der Arbeit von
Peter Zadek am Deutschen Schauspielhaus. Ich bin wirklich eine
Zeitzeugin, dieser Zeit. Lulu mit Susanne Lothar und Andi, und all
die Gastspiele. Reineke Fuchs von Bogdanov und, und, und wie ich
diese Zeit dort geliebt haben. Minks und seine Bühnenbilder. Das
Ensemble und die Routine der täglichen Abendvorstellungen. Die
Stimmung im Haus mit Paulus Manker und all den anderen wie Uwe Bohm
und die Heldinnen, die Frauen. Heute Nacht war ich in der
Kunstakademie in Prag, wie wir hinten bei den Bildhauern fotografiert
haben und wie ich mich entspannt habe, angelehnt an die Objekte mit
der Sonne zu schmusen. Mich unter dem Auge der Kamera zu rekeln. Ich
liebe es Model zu stehen. „I am a model..., forever?“
Liebe
Anuschka, ich weiß Du träumst genauso von Flucht, wie ich. Aber wir
müssen hier durchhalten. Mein Traum Dich zu heiraten ist das Beste.
Ich liebe Dich und freue mich so Dich getroffen zu haben. Geh nicht
weg ohne mir weiter zu schreiben. Ich muss sicherlich noch zwei
Monate oder drei hier bleiben. Bitte bleib meine Freundin, ja. Dein
Valerie P.S. ich bin sehr eifersüchtig, wegen dem Jungen vom anderen
Trakt, der immer sagt wie schön Du bist! Also, in der Schweiz habe
ich eine sogenannte ruinierte Position. Meine Karten auch schlecht.
So ein schöner Tag. Die Sonne scheint richtig in mein Herz. Ich
hatte sehr viel Aufmerksamkeit und Scheinwerferlicht. Alle mögen
mich. Wie beliebt ich bin. Das ist wirklich erstaunlich. Und dort ist
das Niveau so hoch, dass ich kaum mithalten kann, auf der Uni. Dann
blicke ich über meinen Tellerrand hinaus und sehe Chancen. Nur diese
gehören gut vorbereitet. Und dann sehe ich mein privates und
familiäres Leben an und weiß genau, dass ich meine Bindungen
erhalten will. Zurück zu den Grundlagen und Daten aus „Probleme
der Arbeit!“ Franz Kafkas, Prozess und Amerika sind die Werke die
gerade meinen Alltag füllen. Heute Nacht habe ich dann davon
geträumt, dass ich einen Wald durchqueren muss, ganz allein, der
fürchterlich wild und gefährlich ist. Zum Schlafen suche ich mir
immer einen großen Laubhaufen und buddle mich ein. Ich vermisse den
Wald. Es wäre schön, wenn ich mit dem Job als Dozentin beginnen
könnte. Auf dem Land zu leben. das wird mir gefallen. Der Wald am
Stadtrand, war ja lange ein wichtiger Bestandteil meines täglichen
Lebens. Bäume, Natur, freie Tiere. Ich möchte wieder frei sein. Ich
fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes eingesperrt!
Liebe
Sophia Mühlbach, wie geht es DIr? Was ist geschehen in den letzten
Jahren, in Deinem Leben? Ich freue mich von Dir zu hören, melde Dich
bald, ja! Deine Anuschka. Erst einmal die Lernsystematik und
Stundenplangestaltung, was mir sofort Probleme macht, weil ich im
Moment meinen Tagesablauf nicht wirklich steuern kann. Dann stolpere
ich über das Wort „Beingness!” Also, ich zitiere hier erst
einmal die Bedeutung laut dem Buch von Seite 147:
Der
Zustand des Seins ist als das Ergebnis davon definiert, eine
Identität angenommen zu haben. (Aber wer bin ich?) Zum Beispiel den
eigenen Namen, der eigene Beruf, die eigenen körperlichen Merkmale.
(Wie sind meine?) Blaue Augen, braune Haare, ein hübsches Lachen und
sonst? Jedes oder alle könnten die eigene Beingness genannt werden.
Eine Beingness wird von einem selbst angenommen, wird einem gegeben
oder erreicht. Also wen gibt es dann heute? Da benutze ich einmal das
ARK Dreieck: Eine Frau die, die Affinität hat zu glauben sie könne
die Sterne vom Himmel holen. Eine erwachsene Frau, eine
abenteuerlustige Visionärin, die sich auch als Kampagnenentwicklerin
für die Theaterszene sehen könnte und als Propagandistin und
Sprachrohr für Menschen und deren Meinungen, die zu kurz kommen. So
habe ich z.B. heute einmal einen Leserbrief wie folgt entwickelt.
(Der ist scheinbar verloren gegangen!)
„Just
yesterday morning they let me know you where gone. Suzanne the plans
they made put an end to you! I dream a dream!“ Ich träume davon
einen Förderer zu finden, der es mir ermöglicht alle Bilder meines
Lebens zu malen und alle Geschichte zu erzählen, die, welche ich
bereits erlebt habe und jene, welche ich noch erleben werde!
Die ewige Frage nach der
Identität, die ständig verloren geht.
Zurück
zum Thema, wie finde ich mich, wer ich bin und wer ich sein werde?
Heute, an einem Märztag, grau und ernst habe ich mir vorgenommen
einmal die Geschichte meiner Ehe der schönen Seite zu betrachten.
Eigentlich möchte ich für Maria und Sophia Erinnerungen festhalten,
warum es sie gibt und warum sie die Eltern haben, die sie eben haben
und warum es auch keine anderen hätten sein können, aber das habe
ich bereits erzählt! Also, ich bin die Tochter einer sehr
verträumten Frau. Meine Mutter hat immer erzählt, dass die Rehe in
Ihre Wiege geschaut haben und wie sie über den Berg laufen musste,
um in die Schule zu kommen. Dazu kommt noch Ihr starker Glaube an die
Liebe und an eine Familie mit vielen Kindern. Überhaupt das Glück
Kinder mit einem Mann zu haben, den man über alles liebt, das ist
der Grundpfeiler ihrer Überzeugung. Und so ist es eine ewige
Tragödie gewesen, dass Ihr erster Mann, Ihre erste Liebe, mein Vater
eben nicht dieser Mann war. Sondern Ihr zweiter. Kunst und Musik,
sowie die schönen Dinge, vor allem der schöne Gedanke und der
Glaube an eine gute Gesellschaft, das hat sie als wesentliche Inhalte
und tägliche wichtige Beschäftigungsfelder geprägt. Wir waren zu
Hause fünf Kinder. Ich war die Älteste und meine Geschichte beginnt
eigentlich an der Akademie der bildenden Künste. Meiner ersten
Erinnerungen sind der dortige Garten und ein Esel, der darin lebte,
dann kommt gleich Felix mit seinen Marionetten und dem Holzbein. Sein
Atelier hat mich am Meisten beeindruckt. Danach kommen Erinnerungen
an diese irren langen Gänge und diese Hausfassade mit der Treppe.
Die Akademie hat mich als Gebäude sehr beeindruckt. Später war ich
sehr glücklich dort studieren zu dürfen. Wenn ich durch die Gänge
gelaufen bin, fühlte ich mich wieder, wie das kleine Mädchen von
damals. Heute lese ich mal wieder Iphigenie. Diesmal die Fassung von
Gerhart Hauptmann, „Iphigenie in Delphi“. Zwist und Unglück das
ist auch der Inhalt meines Lebens geworden. Wie kann man ein Unheil
abwenden? Wie kann man seine Hoffnung auf das Menschliche wieder
finden?Liebe Petra und Bianca Kumasic, ihr zwei Schestern, ihr habt
nie viel gerdet, damals in der Abschiebehaft. Ihr seid sehr unter
Schock gestanden und habt so sehr Eure Familien vermisst. Habe ich
recht? Habt Ihr noch Erinnerungen? Ich schreibe gerade ein Buch und
würde gerne etwas über Euch erzählen. Gibt es Schäden aus dieser
Zeit. Etwas, was ihr nie vergessen konntet und was bis heute Eurer
Leben prägt? Freue mich von Euch zu hören, Eure Anuschka.
Die
Liebe zu meinen Töchtern und meinem jetzigen Schatz, sind mein
größter Halt. Meine Töchter, die mir so sehr fehlen und die ich so
vermisse, die versuche ich mir herzuholen und ihnen nah zu sein,
durch meine Erzählung, damit sie weiß, wie sehr ich sie liebe. Als
ich acht Jahre alt war, heiratete meine Mutter dann noch einmal, das
kam mir aber eher vor wie Joko Ono und John Lennons Hochzeit, wenn
ich daran heute zurück denke. Sehr exotisch waren sie, mit langen
Haaren und Vollbart auch sehr extravagant. Nun, Tanja und ich waren
glücklich mit dieser neuen Welt einer eigenen und richtigen Familie.
Mittags aßen wir oft in der Mensa und wir waren so richtige
Unikinder, mit Kinderladen und vielen Freiheiten.Liebe Nathalie
Kempinski, was ist aus Dir geworden? Bist Du verurteilt worden, oder
konntest Du Deine Unschuld beweisenß Du hast uns so leid getan. Du
warst noch so jung. Was hat das GEfängnis mit Dir gemacht? Schreibst
Du mir? Deine Anuschka
Damals
entwickelte ich eine etwas spießige und elitäre Vorstellung von
einer feinen Welt in der ich leben wollte. Denke an den Roman von
Ernst Jünger: „Auf den Marmorklippen“! Was bedeutet uns heute
die abendländische Idylle. Und die Haltung der Adeligen, meiner
Großeltern? „Einsamkeit ist besser, als schlechte Gesellschaft!“
Nur habe ich nie begriffen, warum sie so wenige Freunde hatten und
kein gesellschaftliches Leben pflegten.
„Das
Sinnreich der Erde!“ von Konrad Weiß, ein Buch aus der Bibliothek
meiner Großmutter. Sie war sehr belesen. Ich glaube sie hatte
mindestens 12 Meter Bücherregale in allen Salons und Fluren. Das
Ringen um das Lyrische ich und um Gotteszusammenhänge und das
persönliche Weltverständnis, das war ihr Leben. Ihre Biografie
sollte man irgendwann veröffentlichen. Ich habe sie sehr bewundert.
„Zeugen sind besser als Urkunden.“ Darum lieb ich es jetzt auch
so beim Urliopa Gerlach, es ist als würde ich mir meine Großeltern
zurückholen, nur dass bei ihm alles ganz eng ist und
zusammengerückt. Aber das Harendy Porzellan und all das Silber
genauso, wie die ganzen Vitrinen voll mit Erinnerungsstücken sind
für mich die Schätze der Großeltern, die irgendwann auch einem
einmal gehören sollten. „Stille des Herbstes und Haus des Lebens“,
von Albin Zollinger lese ich gerade. Liebe Frances Decang, wie geht
es Dir heute? Wieviele Monate hast Du bekommen. Was hast Du für
Erinnerungen an Deine Zeit im Gefängnis? Schreibst Du mir? Lieber
Grüße Deine Anuschka
Der
Einfluss von Hölderlin und Rilke ist spürbar. Ich nehme ihn als
Vorbild. Erinnerungen, Träume, Landschaften und Ereignisse
miteinander zu einem Zeitzeugendokument zu verflechten.
„Wer
anderen hilft wird nicht arm sein, wenn er stirbt!“
Denke
an den Tag, als, mein Vater mich wegbrachte. Dieser Wintertag an dem
er mich in die Fremde brachte war der traurigste Moment meines
Lebens. Ich werde nie vergessen wie ungern ich ihn verließ und was
es für mich für eine Katastrophe war, zu meiner Mutter, die ich
zwei Jahre nicht gesehen hatte und gar nicht mehr kannte zu kommen.
„...eine Katastrophe!“ Ich liebe es Nina Hagen dieses Wort
verzerrt in dem Song: „Romeo und Julia“ mit Udo Lindenberg.
Überhaupt zwei Sänger und Stars, die ich total liebe. Ich kam mir
vor wie ein Aschenputtel und habe jahrelang darüber geweint, dass
ich meinen Vater nicht mehr sah. „Weine nicht, Anuschka!" Zwar
war es nett plötzlich eine Schwester zu haben aber ansonsten habe
ich gar keine gute Erinnerung. Ich fühlte mich sehr hässlich, sehr
im Stich gelassen und sehr verlassen. Dieses Gefühl holt mich immer
wieder ein und passiert mir immer wieder in meinem Leben. Wobei ich
zwar versuche etwas selbst zu analysieren um mir zu erklären, warum
mir was passiert im Leben, aber ich glaube nicht wirklich zu
begreifen was eigentlich wie zu begründen ist. Es kann auch sein,
dass ich indirekt meiner Mutter einen ewigen Vorwurf mache, dass sie
mich bei meinem Vater gelassen hat bzw., dass sie sich von ihm
getrennt hat.
Liebe
Ilse Sommer, nun ist viel Zeit vergangen. Inzischen ist die Mauer
gefallen. Japan ist fast untergegangen und China wird immer
mächtiger. Und Du? Was machst Du? Was sit aus Dir geworden. Magst
Du, wenn ich über Dich schreibe? Wenn ich berichte, wie traurig und
zugleich schön Du immer warst? Schreib mir, es würde mich sehr
freuen, Deine Anuschka
Mich
mit anderen Rollen und Personen zu identifizieren, das hätte
eigentlich auch eine gute Schauspielerin aus mir gemacht. Aber ich
wollte ein größeres Leben.
„Liebesgeschichten,
die gut ausgehen“, von Isabel Allende, Doris Dörrie und anderen,
die brauche ich immer wieder und an ein Happy End glauben zu können.
Scheidung der Eltern das ist immer ein Drama, für jedes Kind. Ich
habe es auch besonders schlimm empfunden. Wenn dem so ist, das ich
damit auch noch heute meine Familie vor den Kopf stoße, dann tut mir
das leid. Weil ich meiner Mutter ihre Liebe und ihre Ehe wirklich
gönne und denke, dass sie sehr glücklich ist. Perspektiven, wie man
etwas betrachtet und in welchen Zusammenhängen vergangene Ereignisse
bewertet werden haben immer auch eine Bedeutung für das Heute. Daher
möchte ich klug sein und niemanden verletzten und schon gar nicht
die Zukunft meiner Kinder irgendwie negativ beeinflussen.
Es bleibt immer ein Thema, wer
war der blaue Reiter?
Mut
zur Wahrheit, bedeutet eben auch sich nicht zu scheuen vor der Kritik
und den Gemeinheiten der Allgemeinheit. Dem hässlichen Gerede zum
Beispiel. Ich liebe es, wenn ein zartes Band gesponnen wird, zwischen
Ereignissen, Gedanken und dem Wollen und Träumen. Was das für
schöne Namen sind: Isamu, Reiko, Goro, Nomi, Shidzue. Was ist das,
ein japanische Identität? Denke immer an den Kimono, den meine
Mutter getragen hat. Das muss doch eigentlich ein Geschenk meines
Vaters gewesen sein. Die Bilder, das Wörterbuch und all die Pakete
und Geschenke, wie ich sie mochte. Wie ich mich nach einem Leben mit
ihm gesehnt habe. So gerne hätte ich meinen Vater begleitet, so
gerne wäre ich bei ihm gewesen. Julie Shigekuni, die die Brücken
der Sehnsucht geschrieben hat, berührt mich sehr. Ein neues Leben in
San Francisco zu leben, als Japanerinnen. Das ist bestimmt schwer
gewesen. Ich identifiziere mich immer mit den Kirschblüten und dem
Sushi-Essen.Liebe Suzanna Zuep, Du bist wieder zurück in Moldawien?
Es scheint so, als wenn Dein Wunsch die Kluft zwischen Arm und Reich
zu bewältigen und in den Westen zu kommen und dort ein eigenes
Modegeschäft zu besitzen nicht gelungen ist. Bist Du jetzt reich?
Lebst Du in einem schönen Haus, oder bist Du arm geblieben? Du bist
so unglücklich gewesen, weil es Dir nicht gelungen ist, in den
Westen zu kommen. Schon damals nicht. Es tut mir leid, das Dein Traum
gestorben ist. Deine Anuschka, schick mir doch bitte ein paar Bilder,
wie Du jetzt aussiehst, ja, für mein Buch.
Vielleicht
liebe ich daher den Frühling hier so sehr. Das Schreiben gehört zu
meiner Lieblingsbeschäftigung. Daran gefällt mir alles. Das Layout
zu machen und die Auswahl der Texte und Geschichten, die klassische
Präsentation und die Qualität, eines Verlages sind mir wichtig.
Jahre später, ich sitze über der Überarbeitung und in Erinnerung
an meine Zeit im Gefängnis und was es heute aus mir gemacht hat, ein
Häufchen Elend, welche immer wieder Angst davor hat wieder ins
Gefängnis zu kommen. Ein neuer Tag, Franz Leslie arbeitet an den
drei Beethoven Sonaten Nr. 1 A-Dur, Nr. 9 A-Dur und Nr. 10 G-Dur für
das Konzert am 17. Januar in der Münchner Residenz im Max-Joseph
Saal mit Andrea Gajic. Katja schreibt und ich sitze nach einem
schönen Frühstück in dieser kreativen Atmosphäre und denke an
meine Mädchen in Kirchdorf, die jetzt aus der Kirche kommend
glücklich mit der Gerlach-Cousinage spielen. Zu mindestens hoffe ich
das. Ob sie im großen Haus sind, oder bei den Großeltern? Dietrich
Dörner, „Die Logik des Misslingens“, strategisches Denken in
komplexen Situationen. Das beschäftigt mich immer und immer wieder.
Liebe
Marietta Brown, na, hat es geklappt, beim nächsten Mal? Ich freue
mich für Dich, das Du jetzt in Paris lebst. Bist Du glücklich?
Schreib mir doch ein paar Zeilen, wie es Dir jetzt geht, Deine
Anuschka.
Es
ist schon eigenartig gewesen, wie sich alle aus dem Gutshaus
zurückgezogen haben, als ich dort das Revier übernommen habe. Weil
ich so viel verändert habe, weil ich alle Erinnerungen zerstört
habe und neue Räume und Welten entstanden sind. War es Rivalität
oder Ablehnung, ich mochte sie im Grunde alle gleich gern, meine
Schwägerinnen. Und haben auch jetzt noch so schwesterliche Gefühle,
geprägt jetzt von negativen Erinnerungen und auch wirklichen
Verwunderungen und Schmerzen. Nun gut, das ist ein anderes Kapitel.
Liebe
Beatrice Bancelier, hast Du die große Liebe gefunden? Bist Du
glücklich? Was macht Dein Leben jetzt aus? Hast Du eigene Kinder,
vielleicht einn schönes Haus? Erzähl mir ein bischen, was aus Dir
geworden ist. Es interessiert mich sehr. Deine Anuschka Soviele
Briefe habe ich inzwischen geschrieben und so enorm viele Anworten
bekommen.
...Wie
das weitergehen wird, ob es mich ewig verfolgen wird, dieses Kapitel
meines Lebens?
Man
soll eben keine Experimente machen. Es braucht immer eine
Situationsanalyse, um eine Realität zu begreifen. Fern- und
Nebenwirkungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Negative
Reaktionen werden falsch interpretiert und dann scheitert man an der
Realität. Hier geht es um meine Erinnerungen an den Vater meiner
Töchter und unsere gemeinsame Zeit. Wie es begann. Nun es begann an
einem Szecheny–Cocktail im Johanns Club in Zürich. Ich lerne
damals meine Schwiegermutter kennen, eine geboren Szecheny, Veronika
F. Irgendwie gefiel ich ihr. Liebe Elena Licht, wie hast Du Dein
Leben nach der Zeit im Gefängnis verbracht? Musstest Du lange
sitzen? War es schlimm. Hast Du danach wieder weitergemacht mit all
Deiner kriminellen Energie? Oder bist Du in der Kreativ Wirtschaft
gelandet? Ich stelle mir vor, dass Du fleißig und klug wie Du bist
sicher Karriere gemacht hast, oder nicht? Schreib mir, Deine
Anuschka.
Also,
sie lud mich ein, einmal auf Besuch in das Dorf und ihr Gutshaus zu
kommen. In der Folge wurde ich zu einem Sommerfest von Vanessa,
meiner späteren Schwägerin eingeladen, die nach England zum
Studieren ging. Auf diesem Fest sahen wir uns zum ersten Mal. „Mir
träumt von einer Liebe sogar, einer schweigsam schönen und reinen,
wie jene erste, heilige war, und ich kann noch um sie weinen.“
Gedichte von Hesse, habe ich in der Hand. Jedenfalls erinnere ich
mich kaum mehr an dieses Sommerfest. Liebe Jacquline Hagebuch, wie
geht es Dir? Hast Du inzwischen eine gerechte Arbeit mit einem
gerechtem Lohn? Ich fand Dich immer so umwerfend anspruchsvoll und
strak. Was ist aus Dir geworden. Schreibst Du mir? Liebe Grüße,
Deine Anuschka.
Blume,
Baum, Vogel. Heute kommt soviel Post. Es wird ein dicker Roman werden
müssen, wenn ich alle Berichte hineinbekommen will.
Und
ein großartiger Film. Hab mich schon in eine Schauspielerin
verguckt, die Irene Jakob, aus Frankreich, die wäre sehr geeignet
für die Hauptrolle, hier in diesem Film und den Felix Dünnemann
oder den Lars von Trier würde ich mir als Regisseur wünschen. Oder
besser eine Frau?
Liebe
Rose-Marie Zeppelin, konntest Du Deine Unschuld beweisen? Was ist aus
Dir geworden, wie ging Deine Geschichte nach der Abschiebung weiter?
Bitte schreib mir, ich mache gerade ein Buch und würde gerne ein
paar Zeilen zu Dir und unserer Begegnung hineinschreiben. Bist Du
damit einverstanden, melde Dich! Deine Anuschka
Oder
doch besser eine Frau? Ja, also das Freuenthema ist hier ja ein
großes. Es sollte ein wirklicher Frauenfilm werden. Meiner? Soll ich
selber Regie machen? Oh, ich bin müde. Außerdem diese ewige Angst
wieder ins Gefängnis zu kommen. Die geht nie weg. Die bleibt für
immer.
„Bist
allein im Leeren, glühst einsam, Herz, Grüß Dich am Abgrund dunkle
Blume, Schmerz. Reckt seine Äste, der hohe Baum, Leid. Singt in den
Zweigen, Vogel, Ewigkeit. Blume, Schmerz ist schweigsam, findet kein
Wort, der Baum wächst bin in die Wolken, und der Vogel singt
immerfort.“
Ich
habe eine große Affinität zu Landschaften. Die Liebe zu der Ruhe in
der Natur und dem Blick über die Felder geprägt. Fontane ist auch
einer meiner liebsten Schriftsteller. Ich lese sie immer und immer
wieder seine Werke. Besonders der Stechlin hat es mir angetan. Die
Herzenskonflikte und das Nachdenken, sind alles nur Plaudereien und
Dialoge, in denen verschiedene Charaktere irgendwie gemalt werden. Es
gibt kaum eine Geschichte, kaum eine Handlung und doch so viel Poesie
und Sprache und was alles zwischen den Zeilen steht!Liebe Gisele
Anders, schade das Du nicht erst jetzt geboren wurdest. Siehst Du,
Europa hat sich doch ziemlich gewandelt und viele Grenzen sind
gefallen. Ist das nicht schön? Schade, dass Du soviel Ärger
deswegen hattest. Schreibst Du mir, wie es Dir ergangen ist, in den
letzten Jahren? Deine Anuschka.
Wenn
man so z.B. Wand an Wand wohnt, wie ein Häftling und den auf der
anderen Seite nur beim Hofgang sieht, dann mag man das. Man klagt
seine Not und das reicht um sein Dasein als Figur in einem Buch zu
rechtfertigen. Im Theater ist das anders, da braucht es den
Widersacher! Weiter in meiner Geschichte: Später wurde ich zur
Hochzeit von der älteren Schwester Theodora mit dem Anton Fugger
eingeladen. Von damals gibt es bereits ein schönes Foto von mir im
Park und bei den Sonnenblumenfeldern, ebenso Bilder wo Konrad und ich
an einem Tisch sitzen. Wir sind uns aber nur freundlich begegnet,
weiter nichts. Im Jahr x haben wir uns dann auf einem großen Fest in
Zürich wieder getroffen. Damals bat ich ihn spontan, weil er so
verloren in der Gegend stand, ob er nicht mein Tischherr sein möchte.
Wir saßen dann an einem Tisch, an dem uns keiner kannte und wurden
gefragt, ob wir ein Ehepaar seien. Wir lachten, schauten uns an und
er meinte, was nicht ist kann ja noch werden. Damit begann unsere
Romanze.
Wilhelm
Schmid steht in meinem Regal zu der damaligen Zeit: was jeder
einzelne für das Leben auf dem Planeten tun kann, „Ökologische
Lebenskunst“. Ich bin begeistert. Wir haben eine neue
Lebenserwartung. Ich liebe offen Grenzen und
Beziehungen.Conrad-Ferdinand-Meyer Preis
Seit
1938 verleiht die Stadt Zürich im Gedenken an Conrad Ferdinand Meyer
den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis.
Werke
Prosa
Das
Amulett, Novelle, 1873
Jürg
Jenatsch, Roman, 1876 (Digitalisat und Volltext im Deutschen
Textarchiv)
Der
Schuß von der Kanzel, Novelle, 1878
Der
Heilige, Novelle, 1880
Plautus
im Nonnenkloster, Novelle, 1882
Gustav
Adolfs Page, Novelle, 1882
Das
Leiden eines Knaben, Novelle, 1883
Die
Hochzeit des Mönchs, Novelle, 1884
Die
Richterin, Novelle, 1885
Die
Versuchung des Pescara, Novelle, 1887
Angela
Borgia, Novelle, 1891
Versepen
Huttens
letzte Tage, 1872 (über den Humanisten Ulrich von Hutten)
Engelberg,
1872
Lese
und lese und lese soviel ich kann. Zum Glück senden mir meine
Freunde alles, was ich brauche um gut arbeiten zu können und meinen
Geist einzudecken.
Liebe
Charlotte Fink, hat es geklappt mit Deiner Scheidung? Und was ist aus
den Kindern geworden? Hast Du Dich frei und unabhägig machen
könnnen. Bist Du glücklcih geworden? Schreibst Du mir? Ich freue
mich sehr von Dir zu hören, Deine Anuschka.
Die
Unsterblichkeit wird zum Thema und das sich verewigen. Der imperativ
lautet: Handle so, dass Du die Grundlagen Deiner eigenen Existenz
nicht ruinierst. Dazu brauchen wir aber Analysen und
Zusammenhänge.Die Binnenhandlung erzählt, dass der Mönch Astorre
von seinem sterbenden Vater genötigt wird, sein Glaubensgelübde zu
widerrufen und zu versprechen, Diana, die Frau seines gestorbenen
Bruders, zu heiraten, da sonst die Familie nicht mehr weiter
existieren könne. Diana verliebt sich zwar in Astorre, dieser
erwidert ihre Liebe jedoch nicht. Astorre hadert erst mit seinem
Schicksal, denn er sieht sich um sein Lebensziel betrogen, verliebt
sich dann aber unerwartet in die schöne Antiope. Zur Bestürzung
aller vermählt er sich mit dieser am Tag nach der Verlobung mit
Diana. Der Vorfall gerät zum allgemeinen Skandal und mündet
schließlich in einem dreifachen Mord: Diana rächt den an ihr
begangenen Treubruch und ermordet Antiope. Daraufhin ersticht Astorre
den Bruder Dianas, seinen Jugendfreund Germano, und wird schließlich
selber vom Schwert des Sterbenden tödlich getroffen.
Charaktere
Astorre
– Mönch, der heiratet
Ezzelin
– der Tyrann von Padua
Diana
– die Verlobte des Mönchs
Germano
– Dianas Bruder
Antiope
- Tochter einer (verrückten) Gräfin und Astorres Vermählte
Ascanio
- Freund Astorres und Neffe von Ezzelin
Weblinks
Die
Hochzeit des Mönchs
Also
weiter, was ist aus meinem Leben geworden? Wir verbrachten einen sehr
schönen Abend und ich trennte mich mit dem Versprechen ihn einmal im
Sommer zu besuchen, meinen zukünftigen Ehemann. Ich liebte den Blick
aus dem Fenster auf die Kastanie in seinem Haus und hatte lauter
schöne Gefühle und Emotionen, wenn ich dort hinaus blickte.
Franz
de Montaigne, Tagebuch einer Reise nach Italien war damals meine
Lektüre. Man reist um sich frei zu machen. Das stimmt. Ich reise
schon lange immer von Prag nach Zürich und dann über München
wieder zurück. Ich kenne ganz Deutschland und ziemlich viel von
Europa. Mit meinem Vater war ich öfters in der Toskana. Die habe zu
lieben begonnen, seit wir unsere Maturareise dorthin unternommen
haben. Florenz und die Uffizien sind fest eingeprägt in mein Herz.
Alle berühmten Gemäldegalerien auf der Welt möchte ich gerne
einmal bereisen. Ich beschäftige mich mit dem Bewältigen von Krisen
und mit Eduard Mörike.
Mörike
wurde zu Lebzeiten als bedeutendster deutscher Lyriker nach Goethe
bezeichnet.[EK 1] Trotz der späten Ehrungen erkannten aber nur
wenige seine literarische Bedeutung. Jakob Burckhardt gehörte zu
ihnen, oder Theodor Storm und Iwan Turgenew. Mörike galt lange Zeit
als ein typischer Vertreter des Biedermeier, der die vertraute und
enge Heimat besingt, Georg Lukács tat ihn ab als einen der
„niedlichen Zwerge“ unter den Dichtern des 19. Jahrhunderts.[P 1]
Heute erkennt man das Abgründige in Mörikes Werk und die Modernität
seiner radikalen Weltflucht.
Gedichte
(1838, erweitert 1848 und 1864).[D 1][L 1] Aus der Phase während des
Vikariats, in der er versuchte, als freier Schriftsteller zu
arbeiten, stammen u.a. Die traurige Krönung (1828), Septembermorgen
und Er ist's (1829). Vertont wurden seine Gedichte u.a. von Hugo
Distler, Othmar Schoeck und Peter Schindler sowie von Hugo Wolf, zu
dessen Mörikeliedern auch eine Vertonung des frühen Der Feuerreiter
(1823 oder 1824) gehört.
Das
sogenannte „Wirtshaus zur Stadt Rom“ im Schlosspark Hohenheim,
1830 von Mörike gemietet. Hier vollendete er den Roman Maler Nolten.
Maler
Nolten (1832).[D 2] Roman, in dessen von Intrigen bestimmter Handlung
Mörike seine eigenen Verstrickungen verarbeitet, so z.B. seine
Begegnung mit Maria Meyer (Peregrina) in der Figur der Elisabeth.
Darin enthalten ist das Puppenspiel Der letzte König von Orplid. Von
1853 bis zu seinem Tod arbeitete Mörike an einer zweiten Fassung,
die mehr dem Realismus als der Romantik zuzuschreiben ist und als
fast beendetes Fragment postum 1877 erschien. Maler Nolten gilt mit
seiner Handlung als einer der düstersten deutschen Romane.
Insbesondere durch seine kapitellose, komplizierte Struktur tut sich
die Interpretation schwer, Licht in sein Dunkel zu bringen.[L 2]
Lucie
Gelmeroth (1839). Die Novelle ist bis auf die Namensänderung der
Hauptfigur und die Verlegung der Handlung von England nach
Deutschland identisch mit der 1833 im Urania-Taschenbuch abgedruckten
„Skizze“ Miß Jenny Harrower. Diese war von Mörike als Einschub
in seinen zweiten Roman geplant, den er aber wegen privater
Schwierigkeiten (Trennung von Luise Rau, Verhaftung des Bruders Karl)
nicht fertigstellte, sondern nur diesen Einschub beim Verleger
ablieferte. Die als Rückblick erzählte Handlung der Novelle dreht
sich um die Begegnung eines Studenten mit einer Kinderfreundin in
seiner Geburtsstadt, die eines Mordes bezichtigt wird, und die er
nach Erweis ihrer Unschuld heiratet. Auch hierin sind Anklänge an
Maria Meyer zu finden.[BM 2]
Der
Schatz (1835). Diese Erzählung war ebenfalls als Einschub in Mörikes
zweiten Roman vorgesehen.
Der
Bauer und sein Sohn (Märchen, 1839)
Die
Regenbrüder (Oper, von Ignaz Lachner komponiert, 1839)
Idylle
vom Bodensee oder Fischer Martin (Sieben Gesänge, 1846). Das
Hexameter-Gedicht entstand in der Mergentheimer Zeit und machte
Mörike über seine Heimat hinaus bekannt.[Q 10] Bei den
Zeitgenossen, allen voran Jacob Grimm und Ludwig Uhland, fand es eine
positive Aufnahme. Das Werk traf offensichtlich ein Grundgefühl der
Epoche, die Flucht in eine harmonische Welt.[L 3]
Das
Stuttgarter Hutzelmännlein (1853)
darin:
Die Historie von der schönen Lau (die auch thematisiert wurde im
Tatort-Krimi: Bienzle und die schöne Lau, SWR)
Mozart
auf der Reise nach Prag (Novelle, Erstveröffentlichung Juli und
August 1855 im Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 30–33,
selbständig als Buch dann 1856).[D 3] „Die berühmteste
Künstlernovelle des 19. Jahrhunderts“[K 1].
Nach
1856 entstanden keine großen Prosawerke mehr, und bis zu seinem Tode
verfasste Mörike, abgesehen von wenigen Widmungs- und
Gelegenheitsgedichten, kaum mehr Verse.
Übersetzungen
Mörike
war ein exzellenter Kenner der griechischen und römischen Poesie und
veröffentlichte mehrere Übersetzungen. Er übersetzte unter anderem
Kallinos, Tyrtaios, Theognis und einige Homerische Hymnen.
Erstausgaben der Übersetzungen Mörikes:
Classische
Blumenlese (Stuttgart 1840)
Theokrit,
Bion und Moschos (Stuttgart 1855, gemeinsam mit Friedrich Notter)
Anakreon
und die sogenannten Anakreontischen Lieder (Stuttgart 1864), wiederum
– wie in der Classischen Blumenlese – als Bearbeitung bereits
vorliegender Übersetzungen
Widmungsgedicht
(1838)
Ist’s
der Dichter,
Ist’s
der Richter,
Ist’s
der leichtbestochne Freund,
dem
ich diese Lieder schenke? –
Wenn
ich es genau bedenke,
Sind
sie alle drei gemeint.
Der
Deinige E. Mörike
Titelblatt
der Erstausgabe von Mörikes Gedichten (1838)
Zeitgenössischer
Einband der Gedichte von 1838 mit „Romantik-Buchschmuck“ des
Rückens
Mörikes
Sofa, auf dem viele seiner Dichtungen entstanden, heute im
Städtischen Museum Ludwigsburg
Werkausgaben
Werke
und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe in 28 Bänden.
Klett-Cotta, Stuttgart 1967ff.
Werke
in einem Band. Hrsg. v. Herbert G. Göpfert. Hanser, München 1993
(dtv 1995).
Griechische
Lyrik. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1960.
Sämtliche
Werke in zwei Bänden. Winkler Weltliteratur. Artemis & Winkler,
Zürich, Bd. 1: 5. Aufl., 1997, Bd. 2: 3. Aufl., 1996.
Immer
noch suche ich nach einem guten Thema für meine Promotion. "Krise
als Chance" von Kurt Tepperwein.
Liebe
Kathrin Gruen, die Abschiebehaft war schlimm für Dich, weil all
Deine Träume damit kaputt gegangen sind. Stimmt´s ? Du hast mir so
leid getan. Und jetzt? Du bist ja in Deiner Heimat geblieben? Wie hat
sich dort alles entwicklet, wolltest Du nie wieder weg? Erzähl mir
etwas. Ich freue mich vonn Dir zu hören. Deine Anuschka.
Der
Sprung ins kalte Wasser.Maler Nolten (1832).[D 2] Roman, in dessen
von Intrigen bestimmter Handlung Mörike seine eigenen Verstrickungen
verarbeitet, so z.B. seine Begegnung mit Maria Meyer (Peregrina) in
der Figur der Elisabeth. Darin enthalten ist das Puppenspiel Der
letzte König von Orplid. Von 1853 bis zu seinem Tod arbeitete Mörike
an einer zweiten Fassung, die mehr dem Realismus als der Romantik
zuzuschreiben ist und als fast beendetes Fragment postum 1877
erschien. Maler Nolten gilt mit seiner Handlung als einer der
düstersten deutschen Romane. Insbesondere durch seine kapitellose,
komplizierte Struktur tut sich die Interpretation schwer, Licht in
sein Dunkel zu bringen. Der ist mir gelungen, mit dieser Verlobung.
Da ich nach diesem ersten Weihnachtsfest in der Familie, als wir uns
verlobten wieder nach Prag in mein romantisches Pförtnerhaus ging,
blieb uns nur das Briefeschreiben.
Dazugehören
wollen und Anerkennung haben, als Ehefrau, als ein Teil der
Gesellschaft. Dafür muss man eben mitmachen, aber kann ich das? Ich
liebe doch die Opposition.
Liebe
Lilli Blau, Du hast geschrieben, das Du einen Mann mit einer
KFZ-Werkstatt geheiratet hast. Direckt am Meer lebt ihr. Ist es
schön, Dein Leben. Fährst Du viel Auto? Ist der Traum vom Westen
dann entgültig gestoren, nach der Abschiebung? Schreib mir weiter.
Ich freue mich sehr, wenn wir in Kontakt bleiben, Deine Anuschka.
Jetzt
werde ich unterbrochen. Ich soll weiterschreiben an den Geschichten
der anderen und von meiner eigenen lassen, die ist ja doch nicht so
wichtig. Für wen? Als Dokument und als Reflektion, welch
unglaubliche Ereignisse ein ganzes Leben für immer verändern
können.
Es herrscht Krieg nicht nur in
meiner Seele!
In
der Novelle: „Der Schimmelreiter“, geht es um die
Lebensgeschichte von Hauke Haien, die der Schulmeister eines Dorfes
einem Reiter in einer Kneipe erzählt. Die Deiche in Nordfriesland,
wo die Geschichte spielt, spielen in Haukes Leben eine bedeutende
Rolle. Am Ende stirbt Hauke mitsamt seiner Frau und seinem Kind einen
tragischen Tod.
Hauke
Haien, der Sohn eines Landvermessers und Kleinbauern, setzt sich,
anstatt sich mit Gleichaltrigen zu treffen, viel lieber mit der
Arbeit seines Vaters auseinander. Er schaut dem Vater zu und hilft
ihm beim Ausmessen und Berechnen von Landstücken. Er lernt
Niederländisch, um eine niederländische Ausgabe von Euklids Werken
lesen zu können, die der Vater besitzt. Fasziniert scheint er von
der See und von den Deichen zu sein. Oft sitzt er bis in die tiefe
Nacht am Deich und beobachtet, wie die Wellen an den Damm schlagen.
Er überlegt, wie man den Schutz vor Sturmfluten verbessern könnte,
indem man die Deiche zur See hin flacher anlegt.
Als
der örtliche Deichgraf Tede Volkerts einen seiner Knechte entlässt,
bewirbt sich Hauke um die Stelle und wird angenommen. Doch auch hier
hilft er dem Deichgrafen mehr beim Rechnen und Planen als in den
Ställen, was dem Deichgrafen zwar gut gefällt, ihn aber bei Ole
Peters, dem Großknecht, unbeliebt macht. Da Hauke auch das Interesse
von Elke, der Tochter des Deichgrafen, wecken kann, verschärft sich
der Konflikt zwischen Hauke Haien und Ole Peters weiter.
Auf
dem nordfriesischen Winterfest gewinnt Hauke das Boßeln und erfährt
so erste gesellschaftliche Anerkennung. Danach beschließt er, Elke
einen Ring anfertigen zu lassen und ihr auf einer Hochzeit von
Verwandten einen Heiratsantrag zu machen. Doch Elke lehnt vorerst ab,
da sie noch warten will bis der Vater sein Amt aufgibt. Der Plan ist,
dass Hauke, der das Amt inzwischen inoffiziell führt, durch die zur
rechten Zeit angekündigte Hochzeit sich hiernach als Nachfolger
bewerben soll.
Binnen
kurzer Zeit versterben Haukes und Elkes Väter. Hauke erbt Haus und
Land seines Vaters. Als es darum geht, die Stelle des Deichgrafen neu
zu vergeben, keimt der Konflikt zwischen Hauke und Ole erneut auf.
Traditionell kann nur Deichgraf werden, wer ausreichend Land sein
eigen nennen kann. Dies träfe auf Knecht Hauke nicht zu, weshalb
einer der älteren Deichbevollmächtigten befördert werden sollte.
Gegenüber dem Oberdeichgrafen, der die Stelle des örtlichen
Deichgrafen zu vergeben hat, ergreift Elke allerdings das Wort und
erklärt, sie sei bereits mit Hauke verlobt und durch eine Hochzeit
werde Hauke das Land ihres Vaters bekommen und damit genügend
Grundbesitz aufweisen. So wird Hauke Deichgraf.
Unheimlich
erscheint den Dorfbewohnern ihr Deichgraf durch sein Pferd: Einen
edel aussehenden Schimmel, den er, krank und verkommen, einem
zwielichtigen Durchreisenden abgekauft und aufgepäppelt hat. Der
Schimmel soll, darin bestätigen sich die Einwohner gegenseitig, das
wiederbelebte Pferdeskelett von der verlassenen Hallig Jeverssand
sein, das mit dem Kauf des Schimmels verschwunden war. Oft wird das
Tier mit dem Teufel in Verbindung gebracht und sogar selbst als
dieser bezeichnet.
Hauke
setzt nun die neue Deichform, die er als Kind bereits geplant hat, in
die Tat um. Manche Leute sind dagegen. Doch Hauke setzt sich mit
Zustimmung des Oberdeichgrafen durch. Vor einem Teil des alten
Deiches lässt er einen neuen bauen, ein neuer Koog entsteht und
somit mehr Ackerfläche für die Bauern. Als die Arbeiter einen Hund
eingraben wollen, da es alter Brauch ist, etwas „Lebiges“ in den
Deich einzubauen, rettet er diesen, und so sehen viele einen Fluch
auf diesem Deich lasten. Ebenfalls auf Missmut stößt die Tatsache,
dass Hauke Haien, teils durch Planung, teils durch Zufall, bereits
große Landstücke in dem neuen Koog besitzt und daher selbst stark
vom Deichbau profitiert.
Tagein,
tagaus beobachtet er seinen Deich, indem er ihn mit seinem Schimmel
abreitet. Der neue Deich hält den Stürmen stand, doch der alte
Deich, der rechts und links des neuen Kooges weiterhin verläuft und
dort die vorderste Front zur See darstellt, scheint marode und von
Mäusen durchgraben. Angesichts der Beschwichtigung durch Ole Peters
und der bereits maulenden Arbeiter führt Hauke an dem Deich keine
umfassenden Baumaßnahmen durch, sondern beschränkt sich mit großen
Gewissensbissen lediglich auf Flickwerk. Als Jahre später eine
Jahrhundertsturmflut hereinbricht und der alte Deich zu brechen
droht, will man auf Anordnung des Gevollmächtigten, Ole Peters, den
von Hauke konstruierten neuen Deich durchstoßen, da dieser sich
damit erhofft, dass sich die Kraft des Wassers in den neuen, noch
unbewohnten Koog ergießen und damit der alte Deich gerettet werde.
Hauke stellt die Arbeiter kurz vor dem Durchstich zur Rede und
verhindert die Vollendung dieser Arbeit, kurz darauf bricht der alte
Deich endgültig. Als in jener Nacht auch Elke mitsamt ihrer
gemeinsamen Tochter Wienke, die geistig behindert ist, aus Angst um
Hauke in Richtung Deich hinausfährt, muss dieser mit ansehen, wie
die durch den Deichbruch in den alten Koog schießenden Wassermassen
Frau und Kind unter sich begraben. In seiner Verzweiflung stürzt er
sich ebenso mitsamt seinem Pferd in die tosenden Wasser, die das Land
überfluten, und ruft dabei:
„Herr,
Gott, nimm mich, verschon' die anderen!“
Damit
endet die Erzählung des Schulmeisters. Er weist darauf hin, dass
andere die Geschichte anders erzählen würden. So seien seinerzeit
alle Einwohner des Dorfes überzeugt gewesen, dass das Pferdeskelett
nach Haukes und seines Pferdes Tod wieder auf der Hallig gelegen
habe. Außerdem erwähnt er, dass der neue, von Hauke Haien
erschaffene Deich noch immer den Fluten standhalte, obgleich sich die
erzählte Geschichte bereits vor fast hundert Jahren zugetragen haben
soll.
Ich
stecke immer wieder in großen Krisen. Warum? Briefeschreiben als
Ventil der Erlösung und der Kommunikation? Folgende Fragen
interessieren mich immer in Bezug auf alle Menschen, denen ich so
begegne: Welche Denker beeinflussen Ihre Sichtweise? Denken Sie dass
die Weltereignisse Einfluss haben auf ihr ganz persönliches Leben?
Liebe
Winnie Buchbaum, schreib mir. Wie lange musstest Du im Gefängnis
bleiben? Warst Du gleich frei, nach der Abschiebung? Wie sah Dein
Urteil aus? Es tut mir leid, das Du dann so einen schlimmen
Bürgerkrieg erleben musstest. Hören wir uns, darf ich über Dich
schreiben? Ich schick Dir meine Intereviewbögen mit. Sei so lieb und
beantworte mir ein paar Fragen, ja. Danke, Deine Anuschka.
Was
würden Sie machen, wenn eine Atomkatastrophe geschieht, sind Sie
darauf vorbereitet? Welche Traumata aus Ihrem Leben sind für sie von
Bedeutung? Was wäre Ihnen lieber, wenn es nicht geschehen wäre, in
Ihrem Leben? Wovon träumen Sie?
Haben Sie Tagträume? Oder
Traumas?
Haben
Sie schon einmal Ihre Träume analysiert? Unbewusst oder bewusst
reflektieren Sie Ihre Handlungen? Ist Ihnen der Besuch von Tragödien
am Theater wichtig?Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es
ist der Vater mit seinem Kind;
Er
hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er
fasst ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein
Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? —
Siehst,
Vater, du den Erlkönig nicht?
Den
Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? —
Mein
Sohn, es ist ein Nebelstreif. —
„Du
liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar
schöne Spiele spiel’ ich mit dir;
Manch’
bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine
Mutter hat manch gülden Gewand.“ —
Mein
Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was
Erlenkönig mir leise verspricht? —
Sei
ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In
dürren Blättern säuselt der Wind. —
„Willst,
feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine
Töchter sollen dich warten schön;
Meine
Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und
wiegen und tanzen und singen dich ein.“ —
Mein
Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs
Töchter am düstern Ort? —
Mein
Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es
scheinen die alten Weiden so grau. —
„Ich
liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und
bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ —
Mein
Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig
hat mir ein Leids getan! —
Dem
Vater grauset’s; er reitet geschwind,
Er
hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht
den Hof mit Mühe und Not;
In
seinen Armen das Kind war tot.
..
Denken Sie dass es wichtig ist, dass wir uns mit Tragödien
beschäftigen? „Meine zukünftige Frau, Du weißt das ich Dich
fragen werde und das unsere Verlobung bevorsteht, aber willst Du das
wirklich? Mir ist es recht, wenn Du Dir Zeit lässt. Du musst nicht
gleich Dein Zuhause im Schloss aufgeben. Lass Dir Zeit, ich werde
warten. Dein Peter“
Das
tat er auch sehr nett und ich fand ihn sehr liebevoll und süß.
Donner
Summer, back in love again. Soll ich es wagen, diese Ehe, ohne Liebe?
Ich war nicht besonders glücklich und beschloss für zwei Wochen ins
Kloster zu den Klarissinnen zu gehen um für diese Ehe zu beten. Das
hätte ich dann wohl auch während der Ehe regelmäßig machen
müssen, damit sich all die Schwierigkeiten und Probleme, die dann
kamen nicht so ausgeweitet hätten. Liebe Angela Carlos, bist Du
immer noch so enorm dünn? Es hat mir immer leid getan, Dich so zu
erleben, als jemanden der den Hunger gewönht ist. Für uns im Westen
war es nicht so vorstellbar wieviele Menschen es tatsächlich gab,
die zuwenig zum Essen hatten. Die Ausbeutung nicht nur an sich
selbst, sondern der ganze Kapitalismus, alles war doch sehr prägend
für dieses letzte Jahrhundter. Schickst Du mir bitte auch noch ein
paar Bilder Deiner Letern und schreib mir etwas über deren
Schicksal, ja. Und danke für das Ausfüllen des Fragebogens und das
mItmachen bei meinem Interview und danke das ich Dich erwähnen und
zitieren darf. Danke. Ich hab Dich in guter Erinnerung und es tut mir
so leid, was sie Dir alle angetan haben, vorallem auch die Wärter
damals. Sorry, Deine Anuschka
Jedenfalls
gelang es uns eine wirklich feierliche große und elegante Hochzeit
zu haben. Ich war irgendwie berührt von der Anteilnahme und der
feierlichen Prozession mit immerhin dreißig Paaren, die vor uns, in
die Kirche einmarschierten. Leider stellte sich heraus, dass all
diese Menschen irgendwie den Kontakt zu uns nicht suchten und auch
keinen gesellschaftlichen Umgang pflegen wollten, sondern diesen
Anlass auch dazu nahmen, sich zu distanzieren. Stelle meine eigenen
Vermutungen und Thesen dafür auf.
Isabeau von Bayern, eine
Wittelsbacherin wurde mein Vorbild.
Sie
interessiert sich vor allem für Kunst und Literatur. Ich auch.
Christine de Pizan´s Werk wurde von ihr gefördert. Eine
Frauenrechtlerin, die ich sehr bewundere. Burgund und Orléans das
sind Häuser, die doch recht weit weg waren, von Österreich.
Ihr
verarmter Tod in Genf tut mir Leid, aber was für eine mutige und
tapfere Frau und welch bewundernswertes Leben. Jedenfalls nütze es
nichts, das ich in die Gesellschaft eingeführt war und auch nicht,
dass ich genug standesgemäße Freunde hatte, wie unsere Trauzeugen
zum Beispiel, um mich wirklich zu positionieren. Unsere Versuche in
den ersten Ehejahren einen Freundeskreis in der Nachbarschaft
aufzubauen scheiterte kläglich. Selbst meine Versuche Szusanna
Zichy, Paulina Drosendorf und Maria Künzel, sowie die Tante Aurelia
durch die Kinder an uns zu binden scheiterten daran, dass diese
Frauen ähnlich schwere Positionen in der Gesellschaft hatten, als
Deutsche. Nun, das die Ungarn sich abgrenzen, dass es da
geschichtliche Vergangenheiten und Kriegsgeschichten aller Art gab,
das bekam ich dann ja auch wirklich zu spüren.Liebe Anuschka Gordon,
danke dass Du Dich bereit erklärt hast mitzumachen bei meiner
Sendung über ehmalige Häftlinge aus der Abschiebehaft. Mir ist es
wichtig den Menschen in Europa zu zeigen, was Abschiebung und
geschlossen Grenzen bedeutet haben und wie sich doch vieles nun
verändert hat, oder doch nicht!? Danke auch das Du zugesagt hast
persönlich zu kommen und wir Dich filmen dürfen. Gerne würde ich
auch ein paar Aufnahmen machen aus Deinem jetzigem Leben. Mal schaun,
wieviel Möglichkeiten ich haben werde. Deine Anuschka auch Anna
genannt!
So
ist zum Beispiel die Tatsache, dass das Kirchdorfer Schloss
angezündet wurde eine große Tragödie und ein Schicksalsschlag den
sogar meine Kinder jetzt in ihren Herzen begreifen.
Nun,
jetzt muss ich hier unterbrechen und mich wieder dem ernst meines
jetzigen Alltags widmen. Franz und Katja verlassen und hinüber
spazieren in das Atelier des Architekten Wedekind an meinen
Schreibtisch der Aufarbeitung anderer unangenehmer Folgen. Am Abend
habe ich das Karl-Kraus-Lesebuch in den Händen, herausgegeben von
Felix Wollschläger. Diesen Wahnsinn, den ich hier probiere, ein
Leben von fünfzig Jahren auf hundert Seiten eines Erstlingswerkes zu
reduzieren, den könnte er bestimmt nachvollziehen. „Kein Zweifel,
der Hund ist treu. Aber sollen wir uns deshalb ein Beispiel an ihm
nehmen? Er ist doch dem Menschen treu und nicht dem Hund.“ Jetzt
sind zehn Tage vergangen. Immer wieder war ich in Gedanken bei dem
Roman: „Schloss Gripsholm“ von Tucholsky. Eigentlich möchte ich
gerne einer Hommage an die Liebe und an die Ehe schreiben. Seit ich
ein kleines Mädchen war habe ich von der Ehe geträumt, habe
Hochzeiten gemalt und alles romantisiert was mit einem geliebten
Ehemann zu tun hat. Kinder zu bekommen das war absolut für mich
damit verbunden, vorher geheiratet zu haben. Ehelich und standesgemäß
wollte ich eben am Liebsten auf einen Gutshof heiraten. Da ich ganz
klar wusste, in welcher Form ich meinen Alltag mit Familie leben
möchte und welchen Sitten und Gebräuche für mich
selbstverständlich sind, kam etwas anderes nie in Frage.
„Die
Untreue der Grönländer“ von Kim Leine, beschreibt eine kleine
Gesellschaft, die die Liebe liebt. Mir gefällt das Buch, verschlinge
es förmlich und bin recht angeheitert. Mein Glaube ist sehr stark
vor allem an das Gute, daher eliminiere ich gerne das Böse durch
Missachtung und Verachtung, sowie durch starke Arroganz und viel Mut.
Insofern überlege ich mir wie ich diesen kleinen Roman hier fertig
schreiben soll. Andererseits möchte ich auch meinen Ehemann einen
Liebesbrief schreiben, damit er die Dinge auch von einer anderen
Seite betrachten kann und nicht so viel Hass und Kummer mit ins Grab
nehmen muss, wie er jetzt scheinbar in sich trägt.
Liebe
Valentina Philipp, wie geht es DIr wie und wovon lebst Du seit dem Du
im Gefängnis warst. Bist Du ganz sauber gewordenß Ich weiß da sind
schwierige Fragen. Gerne kannst Du alles auch ganz anonym
beantworten. Ich würde mich über sehr ehrliche Antworten freuen,
weil es mir um Frauenfragen und -themen geht. Wie kann man leben und
von was? Ist meine Frage. Wie geht es den Frauen im Osten und dazu
denen im Westen, im Vergleich. Bitte schreib mir ein paar ganz
politischen und anregende Erkenntnisse, ja. Du warst ja immer so
enorm politisch! Lg, Deine Anuschka
Meine
Mutter hat immer behauptet, dass man aufpassen muss vor den Fremden,
den Anderen, die immer eifersüchtig sind, auf Liebende und versuchen
Gefühle zunichte zu machen. So gönnen sogar Schwiegereltern ihren
Kindern nicht wirklich ein größeres Glück als sie selber hatten,
könnte man vermuten.
Also
ich Teile die zukünftigen Abhandlungen in einige Kapitel auf. Die
Löwin, die Macht der Schwiegermutter und deren Auswirkungen und
Folgen. In diesem Abschnitt geht es um eine Frau, eine Szecheny. Ein
gesäter Korn bleibt am Leben, wenn der Boden stark ist. Und Maria
und Sophia profitieren sicher davon so ein Vorbild einer Löwin im
Revier zu haben. Immer wieder lese ich „Die weiße Löwin“, von
Henning Mankell. Ein toller Krimi, der in Südafrika spielt, der
Prolog aus 1918, dann Schweden heute. Ein 500 Seiten Werk. Eigentlich
sind sie lang, diese großen Romane. Gefühl und Vernunft und was ein
gutes Leben so ausmacht. Also platonisch verliebt zu sein, das ist
mir schon immer passiert. Und garantiert nicht den zu bekommen für
den man schwärmt, ebenso.
Liebe
Zoe Hochegger, Du warts für mich immer eine so reine und gute Frau.
was ist aus Dir geworden? Warst Du lange im Gefängnis? Haben sie
Dich verurteilt? Bitte erzähl mir Deine Geschichte. Was ist alles
passiert, seit damals? Alles Liebe, Deine Anuschka.
Aber
wer ist dann der Auserkorene, und warum, und was macht ein gutes
Leben so aus? Die Basis ist sicher das geliebt werde und um sich
herum Menschen zu haben, die man lieben kann und darf. Also vermisse
ich das Zusammenleben mit meinen Töchtern, aber es vergeht kein Tag
an dem meine Liebe zu ihnen nicht gelebt und ausgedrückt wird. In
welcher vor auch immer. Dann kommt schon ein Lebensgefährte,
jemanden, mit dem man durch den Tag geht, etwas isst, vielleicht auch
das Bett teilt. Diese das Bett teilen ist vielleicht ein sehr
wichtiger Aspekt, weil, wie schön ist es eng umschlungen
einzuschlafen und aufzuwachen. Den anderen so richtig gut leiden zu
können. Das erste am Tag, an das man denkt, sollte die Liebe und der
Liebste sein, das ist meine Meinung, und damit beginnt das gute
Leben.
Liebe
Lisbeth Muni, wie geht es DIr? Was sit alles passiert, seid dem wir
uns im Gefgnis kennengelernt haben? Schreibst Du mir, beantworte mir
bitte ein paar Fragen. Ich versuche die Situation der Frauen
darzustellen, so wie sie heute ist und vor 20 und vor 10 Jahren. Wie
sit Dein Lebenß Bist Du glücklich? Schreib mir und schick mir ein
paar Bilder, ja. Danke, Deine Anuschka.
Wie
glücklich ist man da, mit einem Morgengebet oder sonstigen
Anbetungen und Andachten schon ganz in der Früh. Am Ende dann den
Tag glücklich zu beenden und zufrieden zu sein mit seinem Tageswerk
das ist der nächste wichtige Punkt.
Also
diese Mobilität und die daraus resultierende
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Schnipsel
zu einem Thema:
DDR-Zeitzeugen
leben nicht nur in Ostdeutschland. Viele sind später in den Westen
Deutschlands geflüchtet oder wurden von der Bundesregierung
freigekauft. Wenn Sie einen Zeitzeugen einladen wollen, übernehmen
wir die Kosten und einen Großteil der Organisation.
Stevie
Wonder - Superstition (Todd Terje Edit)
Fernsehgrüße
von West nach Ost:
https://www.youtube.com/watch?v=xSdxO-NbENI
Sie
können hier in Ihrer Nähe nach Zeitzeugen suchen. Zersetzung statt
Verhaftung.
"Das
Recht des Saates steht über dem Recht des Einzelnen!"Endlich
ein Grabstein für Charly!
12.
November 2013, 12:48 | Kategorien: Allgemein, Politik | Schlagworte:
20. Jahrestag, 7. Oktober, Axel-Springer-Hochhaus, Berliner Mauer,
DDR, Einzelhaft, Gerhard "Charly" Rau, Grabstein, Haft,
Jugendliche, Rolling Stones, siebzehn Jahre Haft, Stasi, Verhaftungen
Gerhard
„Charly“ Rau wurde mit sechzehn Jahren das erste mal verhaftet,
als er am 7. Oktober 1969, am Tag des 20. Repubilkgeburtstags der
DDR, wie hunderte andere Jugendliche ein Konzert miterleben wollte,
das die „Rolling Stones“ auf dem Dach des
Axel-Springer-Hochhauses, damals direkt an der Mauer gelegen,
miterleben wollte. Ein RIAS-Moderator der beliebten Jugendsendung
„Treffpunkt“ hatte beim Auflegen eines Stones-Titels gescherzt,
dass es doch toll wäre, wenn die Stones am Jahrestag der DDR auf dem
Springer-Hochhaus ein Konzert geben würden.
Obwohl
auf Veranlassung des leitenden Redakteurs noch während der Sendung
mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass es sich um einen Scherz
gehandelt habe, war das Gerücht nicht mehr zu stoppen. Jugendliche
aus der ganzen Republik machten sich auf nach Berlin. Sie wurden aus
den Zügen und aus den S-, und U-Bahnen geholt von bewaffneten
Organen, die in der ganzen DDR mobilisiert worden waren.
Wer
nach Mitte durchkam, wurde in die Baugruben der künftigen Hochhäuser
der Leipziger Straße getrieben. Oberschüler und Studenten wurden
relegiert. Charly, der sich bei seiner Festnahme gewehrt hatte, bekam
seine erste Gefängnisstrafe, die ihm später als
„Wiederholungstäter“ siebzehn Jahre DDR-Knast einbrachte,
darunter viele Jahre Einzelhaft, zum Teil in Kellerzellen.
Nachdem
er 1987 in den Westen entlassen worden war, begann Charly, sich als
Sozialarbeiter um Gefangene zu kümmern. Bald nach dem Mauerfall
gehörte er zu den ehemaligen politischen Häftlingen, die sich
bemühten, aus der Zentralen Untersuchungshaftanstalt der
Staatssicherheit eine Gedenkstätte zu machen. Mit Erfolg. Heute hat
die Gedenkstätte über 340 000 Besucher jährlich.
Charly
machte dort Führungen, bis es ihm sein Gesundheitszustand nicht mehr
erlaubte. In den letzten Lebensjahren musste er immer wieder klinisch
behandelt und operiert werden. Unter anderem hatte sich eine
gebrochene Rippe in seine Lunge gebohrt und war dort eingewachsen. Er
litt unter unerträglichen, zum Schluss nur noch mit Morphium zu
dämpfenden Schmerzen, die er tapfer ertrug, weil jeder neue
Lebenstag ein Triumph über seine Peiniger war.
Sein
Wunsch, sechzig zu werden, hat sich nicht erfüllt. Er starb mit 59
Jahren in Berlin. Seine Witwe hatte mit ihrer schmalen Rente kein
Geld für einen ordentlichen Grabstein.
Dank
vieler Spenden, vor allem von Achse-Lesern und Referenten der
Gedenkstätte Hohenschönhausen, hat Charly nun ein würdiges Grab.
Ich
danke hiermit noch einmal allen Spendern ganz herzlich!
Beitrag
erschien zuerst auf: achgut.com
U-Bahnfahrten
unter der DDR. Wie unheimlich. Was, wenn sie stehen bleibt. Wie spät
ist es jetzt?
Martin
Ahrends
Regina
Albrecht; https://www.youtube.com/watch?v=KQHh-5WxoPw
Oma
besuchen ging noch, bis zum Tag des Mauerbaue 19.1061!
Ralf
Anders....
Andreas
H. Apelt...https://www.youtube.com/watch?v=jKbdrDdWV7k
Freundschaftsgesellschaft?
Wolfgang
Arndt
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Steffen Arnhold
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Werner Bäcker
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Richard Baier
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Georgios Bakalios
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Udo Bartsch
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Kathrin Begoin
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Monika Behrent
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Jörg Bilke
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Michael Bradler
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Hans-Jürgen Breitbarth
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Heidrun Breuer
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Jörn-Ulrich Brödel
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Angelika Cholewa
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Bernd Dämmrich
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Rainer Dellmuth
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Hansjürg Deschner
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Anette Detering
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Peter Drauschke
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Arno Drefke
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Thomas Drescher
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Dieter Drewitz
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Karsten Dümmel
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Florian Engels
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Siegmar Faust
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Lutz Fiebig
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Ullrich Findeklee
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Gerd Franke
,
Uta Franke
,
Mike Fröhnel
,
Reinhard Fuhrmann
,
Gilbert Furian
,
Günter Georgi
,
Michael Gleau
,
Dieter Gollnick
,
Prof. Dr. Manfred Görlach
,
Anita Goßler
,
Roman Grafe
,
Hans-Jürgen Grasemann
,
Thorvald Greif
,
Lothar Griebel
,
Barbara Große
,
Sigrid Grünewald
,
Hans-Joachim Gutschmidt
,
Baldur Haase
,
Joachim Heise
,
Konstanze Helber
,
Peter Hellström
,
Hans-Joachim Herbig
,
Peter Herrmann
,
Horst Hertel
,
Andreas Herzog
,
Lutz Hildebrandt
,
Werner Höpfner
,
Eckart Hübener
,
Claus Irmscher
,
Detlef Jablonski
,
Herbert Jahrendt
,
Horst Jänichen
,
Carlo Jordan
,
Uwe-Jens Jürgensen
,
Cliewe Juritza
,
Jana Jürß
,
Andree Kaiser
,
Peter Keup
,
Hannelore Kleinschmid
,
Wolfgang Kockrow
,
Klaus Kolditz
,
Melanie Kollatzsch
,
Werner Konik
,
Ralf Kotowski
,
Angelina Kowalczyk
,
Annemarie Krause
,
Wolf-Dietrich Krause
,
Norbert Krebs
,
Horst Kreeter
,
Birgit Krüger
,
May-Britt Krüger
,
Kerstin Kuzia
,
Hubert Lampe
,
Ret Langmeier
,
Stefan Lauter
,
Katharina Leendertse
,
Wolfgang Lehmann
,
Vera Lengsfeld
,
Wolfgang Lötzsch
,
Hanna Lübeck
,
Catharina Mäge
,
Thomas Mahler
,
Joachim Marckstadt
,
Angelika Margull
,
Detlef Matthes
,
Joachim Matthes
,
Manfred Matthies
,
Wolfgang Mayer
,
Andreas Mehlstäubl
,
Michael Meinicke
,
Matthias Melster
,
Mike Michelus
,
Albrecht Möller
,
Alexander Müller
,
Helga Müller
,
Inge Naumann
,
Erhard Neubert
,
Lothar Otter
,
Norbert Pfützenreuter
,
Hans-Jürgen Philipp
,
Manuela Polaszczyk
,
Sabine Popp
,
Gisela Quasdorf
,
Lutz Quester
,
Eike Christine Radewahn
,
Thomas Raufeisen
,
Günther Rehbein
,
Gisela Rein
,
Friedhelm Reis
,
Ulrich Reiser
,
Thomas Renker
,
Hartmut Richter
,
Karl-Heinz Richter
,
Erika Riemann
,
Johannes Rink
,
Silvia Ritter
,
Olaf Roeschke
,
Mario Röllig
,
Angelika Rosenberg
,
Mirko Röwer
,
Joachim Rudolph
,
Ursula Rumin
,
Torsten Rupnow
,
Harry Santos
,
Horst Savelsberg
,
Ulrich Schacht
,
Udo Scheer
,
Hans-Jochen Scheidler
,
Winfried Schildbach
,
Elke Schlegel
,
Birgit Schlicke
,
Michael Schlosser
,
Monika Schneider
,
Rainer Schneider
,
Edda Schönherz
,
Hans-Peter Schudt
,
Klaus Schulz-Ladegast
,
Hans Schulze
,
Burkhard Seeberg
,
Dietmar Serafin
,
Ingeborg Sonntag
,
Tatjana Sterneberg
,
Heinz Steudel
,
Michael Synowzik
,
Christa Teiner
,
Waltraud Thiele
,
Ellen Thiemann
,
Andreas Thieme
,
Jorge Luis Garcia Vàzquez
,
Michael Verleih
,
Prof. Dr. Dieter Voigt
,
Klaus-M. von Keussler
,
Ernst Hubert von Michaelis
,
Manfred von Reumont
,
Dieter von Wichmann
,
Klaus-Dieter Walter
,
Wolfgang Warnke
,
Ulrich Weißgerber
,
Wolfgang Welsch
,
Jürgen Wenzel
,
Rosel Werl
,
Renate Werwigk-Schneider
,
Rolf Wiese
,
Erika Wohlers
,
Ralf Wolfensteller
,
Hartmut Wolters
,
Peter Wulkau
,
Evelyn Zupke
Und
allen den Zeitzeugen, die bereits gestorben sind?
"Gone,
but not forgetten!"
-
Fenster. Gitter, Gitterstäbe.
Auf
der anderen Seite ebenfalls ein Gebäude mit Fenstern die vergittert
sind. Alles grau. Kein grün. Kein Tier. Kein Baum. Nichts. Außer
Stille und vergitterte Fenster.
Ich schaue aus dem Fenster.
Erinnerungen
kommen hoch. Also, wie war das? In Klausur. Immer das gleiche. Immer
das selbe, Tag für Tag. Woche für Woche. Die Geräusche von
draußen. was sich ändert sind die Vogelgeräusche. An Ihnen kann
man die Jahreszeiten förmlich hören. Man lernt der Sprache ganz
unbewusst. Es kommt der Frühling. Die Schwärme kommen zurück. Es
kommt der Sommer. Es kommt der Herbst. Es kommt der Winter. Man hört
die Schwärme davon ziehen, in den Süden. Man will mit. Man möchte
ein Vogel sein und fliegen können. Förmlich und gewiss. Der
Flügelschlag. Wieso habe ich mich nicht täglich hingesetzt und nur
gehört, was mir die Vögel sagen. soll ich das jetzt nachholen? Ich
denke an die Bilder. An den ersten Vogel, den ich gezeichnet habe.
Ich denke an all die Erlebnisse, die Unbewussten. Die, welche alle
auch einmal so wichtig sind. Ich denke an das Zwitschern. Ich mag
besonders gerne die Krähen. Als Kind habe ich sie auf meinem
Schulweg beobachtet. Täglich hatte ich neue Eindrücke und täglich
habe ich sie beobachtet. Ich möchte es, wie sie über die Spree
zogen. Ich mochte diesen Fluss. Die Spree, mein Schulweg, die
Erinnerungen an die vielen Trauerweiden, dort. Mitten in Berlin.
Heute mag ich am Liebsten den Gesang der exotischen Vöge. Darum
liebe ich den Süden. Sobald ich sie höre, ich kenn sie kaum die
vogelwelt und doch liebe ich ihre Stimmen. Die Stimme dringt in mein
Herz. Als wenn die Welt draußen zu mir spricht.
Nein,
ich glaube es nicht. Was ist das eine Kulisse? Gitter vor den
Fenstern. Ich denke an den Satz. Eines morgens wachte ich auf und war
verhaftet. Ich fühle mich aber ganz gut. Habe gut geschlafen. Eine
neue Arbeit. Gerade erst ein paar Tage begonnen. Mag die Kollegen.
Alle haben mich freundlich aufgenommen.
Wieder
dringen die Vogelstimmen zu mir. Wir ziehen fort und Du?
Wir
kennen sie die Berliner Mauer. Wir, die mit ihr aufgewachsen sind.
Wir wissen es ganz genau. Wie die Straßen von ihr geteilt waren und
wir wir uns eingemauert gefühlt haben. Wir Westberliner. Gar keine
Idee, das sie fallen könnte. Gar keine Idee, das die nächste
Generation den Potsdamer Platz zum Beispiel. ohne Mauer erleben
könnte.
Frei wie ein Vogel sein zu
können.
Hinzuziehen,
in den Süden, im Sommer und zurückzukehren, wenn die Ernte auf den
Feldern steht?
Ich
bin in Berlin. Ich mag Berlin und ich freue mich das es keine Mauer
mehr gibt. Hier gibt es kaum Felder und Wiesen. Schon, einige wenige,
am Rand, an der Mauer. Landwirte sind kaum mehr da. Die sind hinter
der Mauer. Auf die Felder dürfden wir nicht. Wir, wir müssen durch
die Zone fahren. Wenn ich aus dem Fenster blicke, ist da die
Gefängnismauer. Die andere Mauer, die ist schon gefallen. Ich, ich
bin ja frei, nun, Erwachsen. Die Gefängnismauer hat nicht mehr die
Bedeutung einer Mauer. Die schreckt mich nicht. Ich arbeite ja hier.
Das hier ist nur noch ein Ort für Erinnerungen. Und das hier, das
ist ein besonders wichtiger Ort geworden. Zeitzeugen berichten und
ich. Ich kann das politisch nur untertsützen. Ich freue mich, ich
kann mich mit dieser Aufgabe und Arbeit total identifizieren. Ich
könnte für immer hier im Gefängnis bleiben wollen. Es tröstet
mich. Außerdem habe ich im Grundwald eine schöne Wohnung in einem
Haus mit Schwimmbad und ein Pferd für die täglichen Ausritte. Was
für ein Kontrast.
Er nahm meine Hand. Sie fühlt
sich gut an.
Er
ist ein echter Rocker. Er steht für die Freiheit und hat sie mit
seiner Freiheit und seinem ganz persönlichen Schicksal bezahlt. Er
liebt die Rolling Stones. Er trägt lange Haare und immer seine
schwarze Lederjacke und Weste. Er ist eben ein Rocker, durch und
durch. Am Liebsten spielte er Schach, träumt von aufregenden Frauen
und von der Freiheit. Einem Leben, ohne Mauer. Ein Leben mit der
Möglichkeit tun und lassen zu können, was man will und vor allem
dort hin gehen zu wollen, wo man will und natürlich auf ein Konzert
der Rolling Stones!
Musik.
Wie wichtig sie ist. Ich bin mit den Beatles aufgewachsen und mit der
Banan Krumm, die wenn sie gerade wäre, eben keine Banane mehr wär.
Also außerdem mit: "Einer ist keiner, zwei sind mehr als einer,
sind wir aber erst zu dritt, machen alle anderen mit. Einer ist
keiner..". Brüder, zur Sonne zu Freiheit. Wie ich die
Maidemonstrationen jedes Jahr geliebt habe und wie wir über die
Mauer geschielt haben, mit dem Gedanken, das es toll ist, was die da
probieren. Super, diese Mauer zu bauen und sich abzugrenzen von den
Bonzenschweinen und den Kapitalisten.
Ich
träume davon ein Bonzenkind sein zu wollen, manchmal. Im
Gripstheater gefällt mit das Mädchen das alleine auf der Schaukel
sitzt mit Lackschuhen und einem weißen Kleid. Ich aber, ich muss die
rote Zora sein, und die bin ich auch. Mit 15 werde ich Pankerin und
dann haue ich ab, aus diesem Berlin.
Bin auf Trebe, trampe in die
Cramaque zu den wilden Pferde.
Habe
Glück, entkomme einer Verwaltigung, muss dann in der Nacht alleine
zu Fuß wieder zurück über die Grenze, werde zum ersten Mal
verhaftet, aber nur für ein paar Stunden. Darf dann weitertrampne.
Ist ja bsi jetzt auch gut gegangen dachten die Eltern. War aber nicht
so, ging diesmal nicht gut. Zum Ausgleich gab es ein Zugticket nach
Berlin. Ich gehe nicht zurück nach Hause. Ich gehe in ein
Besetzeshaus, nach Bethanien oder an den Oranienplatz. Ich bin frei,
ich mache, was ich will. Ich bin eine Berlinerin. Ich kann selber
denken und handeln und ich bin alt genug, mir nichts mehr sagen zu
lassen, mit 15.
Raben
und Krähen, die sind extrem unerschrocken und können sich gut
verteidigen! Sie essen im Winter fast nur Mist.
Zu
meiner Zeit da gab es so was nicht. Man lebte voll Bescheidenheit. Oh
ja, meine Eltern sind Studenten wir leben zu fünft vom Bafög und
wir kommen durch. Wir brauchen nix außer Klavier spielen zu dürfen,
Bücher zu lesen, zu tanzen und wild in der Gegend herum zu
galoppieren. Auf wilden Araberhengsten am Liebsten. Das stimmt auch
nicht ganz mit der Bescheidenheit, denn wir hatten ja tolle
Großeltern und außerdem die Macht der Freiheit der Gedanken und
des Geistes. Nichts konnte uns Kinderladenkinder der Linken
aufhalten, die Welt erobern zu wollen. Wir träumen von Ungarn, von
Ferien in der Puszta oder am Plattensee. fahren nach Formentera und
Ibiza. Schlafen am Strand. Campen wild. Wir sind frei. Wir leben im
Wald und wir genießen den Sommer. Viel Licht, viel Liebe und viel
Sonne. Meer mit Quallen. Tolle Steine und schöne Muscheln. Wir essen
was auf den Tisch kommt. Wir hungern nie. Wir fühlen uns wie die
wilde Zora. Unabhängig und unbesiegbar, stark wachsen wir heran.
Sollten
wir nicht träumen. Träume davon das wir uns frei entfalten können.
Das niemand uns bestimmt und niemand uns zwingt etwas zu tun, was wir
nicht wollen. Selber denken, selber handeln und selber leben wollen
wir. Ich bin doch wirklich eine Rockerbraut. Da kam einer auf einem
Schimmel und ich schickte ihn in den Himmel mit seinem ( ...) . das
war unser Lieblingswort, denn wir durften das als Kinder der 68
Generation ja in den Mund nehmen. Nur das Wort natürlich und sonst
hatten wir moralische und ethische Wert zu begreifen. An die echt und
wahre Liebe zu glauben und an den Intellekt.
Es
ist wie gestern. Nächste Woche kommen sie nach Wien, die Rolling
Stone. Er streckt jedem am Liebsten die Zunge raus, wie sie und
rockt, was das Zeug hält. Er scheißt sich einfach nix und sagt
immer, was er denkt.
Ja,
ich bin schon da. Meine Gedanken sind aber nur bei ihm. er hat mich
um den Finger gewickelt, wollte mich manipulieren und mir ebenfalls
Macht zuspielen. das ist ihm gelungen. Ich habe lnage gebraucht um zu
begreifen, das er mir seine Geschichte, seine wirklich geschenkt hat.
Nicht die, die er verkaufen muss, als Zeitzeuge, sondern die seines
Herzens. Die Geschichte eines Rockers, der nicht einsehen wollte, das
er seine Zunge im Zaum halten sollte.
Er
nimmt meine Hand, packt sie kräftig fest. Komm, ich zeig Dir mein zu
Hause, meine Welt! Etwas tut sich auf, was ich kenne. Also da gibte
es Befehle. Der ganze Tag besteh aus Befehlen. Hier lang dort lang
geradeaus. Stehen, gehen, setzen. Ausziehen. Ansziehen. Still sein.
Licht an, Licht aus. Alles ist Fremdbestimmt. Schlafen, Essen,
Liegen. Spazieren gehen, Ruhe, Bewegung. Aber anders als beim
Militär. Gehorsam und unberechenbare Ausbrüche. Plörtlich Strafe.
Unerwartet. Unangenehm. Ein Schrein. Schimpf und Schande.
Beschimpfungen den ganzen Tag. Wie geht das? Wie kann ein Mensch das
überleben. Satt Liebe und Hilfe. Schimpf und Schande und boshafte
Gemeinheiten. Folter aus Willkür und Lust. Schaden und Bestrafen 24
Stunden lang, ohne Ende. Es gibt keine Ende, am Ende nur der Tod. Die
Erinnerung, die bleibt aber sorgar über den Tod hinaus.
Ich
habe mich immer gefragt, warum er so scheinbar dumm war. Warum hat er
sich nicht anpassen können. Warum konnte er nicht aus seiner Haut
und warum konnte er nicht kuschen und klein beigeben. Warum ließ er
sich foltern, warum streckte er seinen Hintern hin und lies sich
verhauen. Und warum hat er dieses stolze Lächeln des Alleswissers
für sich bewahrt. Was gibt er uns für eine Botschaft?
Aus
dem Hosenbund zieht er einen riesigen Schlüssel! Soviel Schlüssel
an einem Bund. Das ist der größte Schatz meines Lebens, sagt er.
Also, das ist mir sofort klar, warum. Er geht mit mir in ein oberes
Stockwerk. Dort sperrt er wie in einem Ritual eine große Gittertür
auf. Hinter uns verschließt er sie wieder. Wir werden nie wieder
durch diese Tür gehen. Nie den Weg zurück nehmen. Und doch machen
wir einen Spaziergang in die Vergangenheit. In seine und meine.
Wieder
spüre ich den festen Griff. Aber ich muss hinter ihm gehen.
Automatisch gehe ich gleichmäßig immer mit 40 cm Abstand zur Wand
den Gang entlang. Er einen Meter vor mir, immer mit den Augen auf
mich gerichtet. Ob ich alles mache, wie es sich gehört.
Er schließt wieder die Tür.
Verriegelt sie von außen.
Was,
war es das, wird man uns jetzt hier vergessen? Über Nacht, für
immer.
Ich
erinnere mich Ich bin allein. Ich denke daran wie das war.
Ich
sitze auf dem Hocker. Die Stunden vergehen. Ohne Uhr. Ich weiß gar
nicht mehr, was Zeit ist. Ich sitze da. Ich starre auf die Luke.
Strafe jede Minute. Alles ist Strafe. Ich sitze auf dem Hocker. Tag-
ein tagaus. Es hört nicht auf. Wie ich sitzen muss ist
vorgeschrieben. Die Hände links und rechts. Ich darf auch aufstehen.
Hin und her gehen. Dazu muss ich den Hocker auf die Seite schieben.
Meine Pritsche ist hochgeklappt. Also ich gehe oder ich sitze und ich
versuche ein System zu entwickeln, wie ich ein Gefühl für Zeit
bekommen kann. Einundzwanzig. Einundzwanzig, das ist eine Sekunde. 60
Sekunden sind eine Minute. Also, dann muss ich Wörter entwickeln,
die so lang sind wie das Wort: „einundzwanzig“! Und dann kann ich
daraus Wortketten bilden.
ICH WILL, ABER ICH DARF NICHT!
Ichbingefangen,
ichwillfreisein, ichwilldenkendürfen, ichwillwasichwill,
tununddenkendürfen, ichwillfreiatmenkönnen,
ichwilldurchWiesenlaufen, durchWälder, inWäldernlebenundlieben,
ichwillküssen,
ichwilldasLebenlieben, ichwillfreisein, morgenmöchteichraus,
ichwerdeKraftbrauchen,
meinGeistdarfnichtaufgeben,ichwillwiederichsein,
ichwilllassendürfen,was ichwill, ichwillnichtausdenRytmuskommen,
ichwillfreidenkendürfen, ichwillnichtfürden Sozialismusleben,
ichmagkeinePolitik, ichwillfreisein, ichwillMenschsein,
ichwilldahinwoichwill,
ichwillalles,
ichwilldieWeltkennenlernen, ichwillmichspüren, ichwillmichrühren,
ichwillkaufen, ichwilllachen, ichwillnichtalleinsein,
ichwillnichtisoliertsein, ichwillhinaus,ichwilllieben,
ichwillstarksein, ichwilldurchhalten, ichwilllausche,
demWindunddenMenschen, ichwilldieVögekhören, ichwillfreisein,
ichwillichsein, lasstmichhinaus, ichwillmichnichtbrechenlassen,
ichwillnichtsterben, ichwillleben, ichwillMenschsein,
ichwillautonomsein, ichwillerwachsensein, ichwillimmerichsein,
dürfenundwollen, lachenundlieben, ichwilldassiewissen,
dasmanMenschennicht brechenkann, ichwilldassiespüren,
dassieunrechttun, ichwilldassiemeineMachtspüren, Menschzusein,
ichzusein, individuellzusein, ichsein, Menschsein,
lautsein,lachendürfen,liebendürfen, wollendürfen,denkendürfe,
ichsein, ichwillfreisein, ichwillMenschein, ichwillraus,
ichwillhierwiederraus!!!
Allessollneswissen,
keiner darf es vergessen! Ich will ich sein! Jetzt wüßte ich gerne,
wenn ich das Aufnehme, wie lange das ist. Ich probiere es einmal mit
einem Takt. Hätte ich doch eine Stoppuhrn dann wüßte ich, es sind
genau eineinhalb Minuten. Und nun, wie geht es weiter. Ich bekomme
meine Blechnapf mit Suppe. Mein Löffel. Alles, was ich
habe.Verhungern lassen sie einen nicht. Ich muss jetzt essen. Wenn
ich daraus einen Rapp mache, eine Schrittfolge und die dynamisch
widerhole, den ganzen Tag und immer nach 10x eine kleine Pause mache.
Dann habe ich einen viertelstunden Takt entwicklet. Mit dem kann ich
den Tag in vier viertel aufteilen. Also 4x den Rapp sind eine Stunde.
Dann mache ich das viermal täglich, zwei mal vormittags und zwei mal
nachmittags, dann habe ich eine Wachzeit von 16 Stunden. Dazu 8
Stunden Schlaf sind vierundzwanzig Stunden. Und wenn ich gestört
werde, dann mache ich immer da weiter, wo ich aufgehört werde.
Irgendwann ist der Rhythmus so in mir, das ich genau weiß was eine
Stunde und ein Tag ist und was ein Vormittag und ein Nachmittag ist.
Ohne Irritation. Ohne Störung. Das ist die totale Illusion. Das wird
so nicht gehen. Aber es ist eine gute Idee. Eben eine echte Utopie?
Hey, schöne Frau!
Ich
bin folgsam. Es sitzt mir im Blut, eingemeißelt für immer. War ich
doch gerade aus der Untersuchungshaft, war ich frei und unschuldig
gesprochen, so blieb ich doch ein Häftling. Ein gewesener. Ein
Knastologe, der es von innen kennt. So habe ich sie selbst gerade
erlebt, all die politisch Gefangenen, Grenzgänger.
Ich
schaue auf die Luke an den Zellentüren. Starre förmlich darauf.
Gut, heute von außen, nicht mehr von innen. Das ist eindeutig eine
andere Perspektive.
Er
schaut mich plötzlich anders an, nicht das ich nackt bin, plötzlich,
nein ich habe einfach nicht mehr das an, was ich an habe und schon
gar keinen Rock. Es ist still um uns.Vor uns die Gänge, die Türen,
alle verriegelt, keine ist offen, damit hier keiner mehr eingesperrt
wird, oder hemlich sich verirrt oder selbständig spazieren geht.
Hier braucht man immernoch die richtigen Schlüssel zur richtigen
Tür. Das zu wissen ist eine Schulung von Jahren. Ein Geheimis. Ein
Schicksal, für immer. Charly kennt jeden Schlüssel und jede Tür.
Er liebt es Besucher heir herumzuführen. Ob er mit anderen Frauen
auch schon dieses Spiel gespielt hat. Er behauptet nein, aber ich
weiß das es auch gut Lügen kann. Er redet wie er will, lügt wann
er will, provoziert, wann er will und spielt mirt allen und jedem.
Wir
gehen an lauter geschlossenen Türen vorbei. Manchmal können wir
einen Blick hineinwerfen. Es sind lange Gänge. Immer dieselben. Wir
wandern ewig herum.
Dann
sagt er, dort hinein. Wir gehen hinein. Er sperrt die Tür ab. Es ist
seine Zelle.
Stille.
Erinnerung, an das Weinen. An das Klopfen. Das Weinen. Das
Schluchzen. All die Geräusche. Das Schleife. Man hört sie Jaulen
und Heulen, die anderen. Man hat keine Hoffnung mehr. Man hat nur
Brot. Kein Spiegel. Bei der Toilette wird zugesehen. Tagelanges
Weinen. Lust auf Selbstmord. Keine Chance. Kein Gürtel. Keine
Strümpfe. Kein Besteck. Nur ein Plastiklöffel. Gedanken und Lust
auf das Verhör, dass man endlich eine Unterhaltung hatte. Man musste
immer auf dem Hocker hocken, oder man durfte hin und her laufen. Man
verliert die Zeit für die Tage. Man hat nur noch seine
Fingernagelstriche an der Wand. Die wurden aber regelmäßig
entfernt. Nur den Hofgang, in der Kälte. Man zittert, man wird
mürbe. Man hat nichts. Wenn sie mir sagen, was ich hören will, dann
bekommen sie auch einmal ein Zigarette. Die Familie, die wird
ausgelauscht. Alles wird ausgehorcht. Jeder wird zerbrochen. Die
Erinnerungen beleiben, die gehen nie mehr fort. Nur die Vögel, die
können davon ziehen.
Ich
hocke auf dem Hocker. An die Wand durfte man sie nie anlehnen.
Ich
schaue aus dem Fenster. Man sieht nichts, es ist mit Milchglas
versehen. Diesen Ziegelsteinen, durch die nur ganz wenig Licht kommt
und schon gar keine Luft. Und feste Gitterstäbe. Er sagt setz Dich.
Ich schaue zur Luke, ob ich Schritte höre. Nichts. Er schaut mich
an. Sein Gesicht schaut sehr, sehr traurig aus. Das ist mein zu
Hause, sagt er. Willkommen auf meiner Bettstatt.
Danke,
denke ich, das ich mich setzen darf. Wieviel Jahre, wie lange hat er
hier gelebt, genau hier? Sehr lange, keine 20 Jahre, aber ein ganzes
junges Leben.
Was
soll ich alles erzählen, ich lausche den Interviews der Zeitzeugen.
Ich höre mir an, Tag für Tag. Was sie sagen. Wir sprechen und dann
an anderer Stelle. Das geht nicht. So geht es nicht. Da wird nicht
lange disskutiert. Es wird klar gesagt, das man sagen muss, was
gehört werden will.
Hey,
schön das Du da bist. Er nimmt mein Gesicht in die Hände. Mir wird
schwer ums Herz. Seine rauhe Stimme zeigt so viel Gefühl, wie man es
bei einem Mann selten sieht. Fast nie. Ich komme mir vor, wie sein
größter Schatz, sein Kind, seine Tochter, seine Geliebte, sein ein
und alles. Er, sagt, "Du" , du erfüllst mir gerade den
größten Wunsch meines Lebens, jetzt kann ich sterben.
Er
schaut mich an. So eine schöne Frau, die wollte ich immer haben. So
ein Mädchen, hier bei mir, an meinem Herzen. Du bist es, Du bist
mein so lang gelebter Traum, danke!
Wir
fragen Zeitzeugen. Wie war das eine Flucht zu planen? Wir hatten viel
Freiheiten in der DDR. Ab 3 Jahren waren wir im Kindergarten. Dann
kamen wir in die Schule. In der Freizeit durften wir immer spielen.
Wir haben draußen gespielt. Wir haben auch viel Mist gemacht. Wir
haben es schön gefunden in der DDR. Ein sehr freies Leben.
Natürlich kam auch einmal die Zeit vorbei.
Schritte!
Angst, hat uns jemand gesehen. Wir sind ganz keusch und sehr
schüchtern. Eine Gruppe geht den Gang entlang. Wir werden nicht
bemerkt. Die Luke ist dicht. Ich atme auf, schau auf das Eisengestell
des Doppelbettes. Mein Blick wandert zur Kloschüssel und wieder
zurück zu ihm, den Held der Anstalt. Er schaut gut aus, sehr
verwegen und sehr stark. Mein Herz bebt. Es ist sehr erotisch, wird
er etwas von mir wollen. Nein, er hat gesagt, er erzählt mir seine
ganz persönliche Geschichte, von seinem ganz privaten Kampf, gegen
ein Regime und gegen eine Mauer. Eine Mauer die nie vergessen werden
darf, weil sie das Schlimmste war, was man einem Volk antun kan. Ein
ganzes Land teilen und einsperren.
Ich
weiß, ich bin mit den Fahrrad an der Mauer zur Schule gefahren. Ich
hatte Sorge, wenn wir über den Check Point Charly fuhren. Die Zone,
eine unheimliche Geschichte. Transit. Nicht links und rechts schauen,
schnell durch, möglichst ohne Pause.
Ach,
wenn er wüßte. Wie verliebt war ich in den Marxismus, in die
schönen Märchenfilme aus Prag. Wenn er wüßte wie poetisch und
stolz ich war, auf ein so poltisch starkes Volk, das wir im Herzen
sangen. Brüder, zur Sonne zur Freiheit. Und jetzt steht er vor mir,
Charly. Er der nie frei war, sondern immer eingesperrt und der nur
einen Traum noch hatte. Einmal mit einer schönen Frau in seiner
Zellen in den lieben Tag hinein, den Gedanken nachzuhängen. Langsam
zogen Wolken auf. Wir merkten, das es Nachmittag wurde.
Komm.
Er nahm wieder meine Hand und
sperrt die Tür auf.
Komm
ich muss Dir noch einen anderen Raum zeigen. Wir gingen hinauf und
hinunter. Ich fühlte mich wie ein Häftling. Ganz vertraut. Ich
erinnerte mich an alles, was ich gerade ein paar Wochen zuvor selbst
erlebt hatte. Das Stiegenhaus, die Türen, die Fenster. Alles sah
genauso aus, wie ich es selbst erlebt habe. Grau, blau, grau und
Staub und Metall. Manchmal Risse, ansonsten Schilder und immer Türen,
die auf und zu gesperrt werden mussten.
Die
Schlüssel klirren. Das wichtigste Geräusch. Es klingt gut, wenn
sich der Schlüssel dreht. Schritte und Stille und Schritte, und
Türscharniere. Ein Schloss, ein klirrehder Schlüssel, ein Klicken
und wieder Stille und Schritte und ein "komm".
Er
nimmt meine Hand. Sie ist jetzt etwas feucht. Kommt schau. Er sperrt
einen großen Raum auf, mit 8 Stockbetten. Komm, daher. Setz Dich
daher.
Voller
Zärtlichkeit nimmt er wieder meine Hände, führt sie vorsichtig zu
seiner Hose. Komm, bitte lass mich Dich ansehen. Ich will nur
schauen. Bitte lass mich.
Ich
sage nein. Setze mich. Wir schauen wieder zu den vergitterten
Fenstern. Er schließt die Tür. Mir wird heiß. Sehr heiß. Also
doch?
Dann
beginnt er zu erzählen, von den langen Jahren im Knast. Von den
kurzen Moment der Freiheit, bis er wieder verhaftet wurde. Von den
Folterungen und all seinem Märtyrerdasein. Aber er hat sich nicht
brechen lassen. Er, ist er geblieben und er hat sich in Phantasien
gerettet.
Die
liebste ist der Anblick eines süßen Schoßes. Und der Gedanke daran
allein, der reicht schon.
Ein
Klicken, die Luke geht auf. Ein Kollege, hallo! Ah, Du bist es.
Er
schließt wieder die Tür. Verriegelt er sie von außen. Was, war es
das, wird man uns jetzt hier vergessen? Über Nacht, für immer.
Alles ist irreal. Und da ist dieser Rocker und seine Geschichte. Er
baut sich vor mir auf, flehend und sehr sexy.
Nimmt
wieder mein Gesicht in seine Hände und läßt seine Gedanken
schweifen. Stille.
Ach,
kein Lufthauch. Ich atme und schaue mich um. Es ist mir vertraut,
auch ich fühle mich zu Hause. Auch ich fühle mich wohl. Auch ich
denke an meine Phantasien, schaue zur Luke, ob jemanden sie geöffnet
hat. Keine Geräusche, nichts.
Also,
gut. Er macht was er will. Er macht alles so wie ich will und ich
träume und lasse meine Gedanken dahingleiten. Ich rühre mich nicht.
Sitze still und fühle. Fühle mich als Gefangene, Gefangene nicht
nur der Sehnsucht, sondern auch einer Situation. Was war das? Ein zu
Hause? Eine Wohlbehagen in Gewohnheiten? Ja und ein knistern in der
Luft. Weil jetzt die Erinnerungen an die Phantasien und Stimmungen
der Lust und der Launen kommen. Ja, sie ist da diese enorme erotische
Athomsphäre zwischen den Wächtern und den Insassen. Ja, es ist so
intim, dieses Zusammenleben auf so engem Raum, das es eben alles sehr
nah wird.
Wir
schauen uns an. Zeit vergeht. Jahre vergehen. Gedanken schweifen
herum. Der Boden, blitz blank. Alles ist desinfeziert und abgespritzt
gegen Ungeziefer. Hier gibt es keine Kakerlaken, keine Fliege und
erst recht keine Ameisen. Tiere können hier nicht leben. Menschen
müssen das.
Jahrelang.
Unten im Ketter die Mauernischen für die Folterung, die
Schweinegruben für den Abschaum derer, die nicht an den Marxismus
geglaubt haben. Für die Wiederstandkämpfer.
Eben
für die echten Rocker! Es ist unser Jahrestag! Sein Todestag? Aber
er ist mehr als einmal gestorben. Jede Folter ging über das Sterben
hinaus. Jeder Hofgang ein Tod des Herzens. In Memoriam an einen der
Auszog das Fürchten zu lernen und sich im Herzen das Lieben erhalten
konnte. An einen, den keiner vergessen sollte, an einen Robin Hood
des 20. Jahrhunderts!ein Staat der seine Bürger alle überwacht.
Heute ist es normal. Heute wird die ganze Welt überwacht. Aber
damals. Alles ist mit deutscher Gründlichkeit geplant. Wie konnte
man sie verunsichern, die Bürger. Wir sind entäuscht. Parolen
können nicht täuschen. Spitzel sind überall. Jeder beobachtet
jeden. Jeder weiß alles. Der Pfarrer erhält plötzlich Post. Was
ist denn das? Die Fronten sind geklärt. Bedingungslose treue. Die
Treue. Die ist Wichtig. Lernt und arbeitet fleißig. Wenn Euer Leben
einen Sinn haben soll, dann müsst Ihr Euch täglich und stündlich
für die DDR entscheiden. Für den Sozialismus.
Charly
entwicklet viele Strategien, Gedanken und Gefühle und blieb ein
Mensch. Einer, der er war, ein rockender Rebell, immer ein Lied auf
den Lippen und ein Widerwort.
Nun
bin ich in die Zukunft geschweift, obwohl wir noch immer in dieser
Großraumzelle sind. Wir haben geträumt.
Er
nimmt meine Hand, sagt danke. Und dann nimmt er seinen Schlüssel
sperrt die Tür auf. Geht hinaus. Wirft einen Blick in den Gang.
Keiner da. Wir gehen weiter immmer weiter. Noch einige Gänge. Dann
durch den Hof, dann zum großen eisernen Tor. Er steht davor, die
Sonne geht unter und Charly stirbt nie. Gone, bit not forgetten.
Wenige
besitzen viel und viele besitzen wenig. Selbst wenn es
Hohenschönhausen als Gedenkstätte einmal nicht mehr geben sollte,
selbst dann bleibt er der Rocker seiner Zeit, der die Freiheit mit
seiner Freiheit bezahlt hat.
Er
streckt die Zunge raus. Atmet tief durch. Er liebt es vor, diesem Tor
zu stehen.
Welch unheilvoller Name.
Hohenschönhausen.
Als
ich das erste Mal durch das Tor ging holt mich die Ohnmacht ein. Als
Häftling habe ich das alles nicht gesehen. Aber als ich dort im Haft
war, da habe ich das alles nicht gesehen. Während meiner Haftzeit
wußte ich das gar nicht, wie das dort aussah. Ich kam da hinein, als
politischer Häftling. Ich kannte das alles nicht, wie das heute
aussieht, wenn man von Außen, hineingeht und eine Besichtigung
macht. Die Schuld muss bewiesen sein. Die Akte muss stimmen. Der Tag
der Befreiung, den habe ich nicht erlebt. Ich war damals in
Lagerhaft. Das Ende des Krieges. Eine neue Zeit. Die Konferenz der
Siegermächte. Die Regierungsgewalt wird übernommen. Viele haben
Hoffnungen. Nazielite kam nach Hochenschönhausen. Staubmantel.
Dolmetscher. Sie müssen mal mitkommen. Nehmen sie Ihre Decke mit. Es
kann länger dauern. Als alles zu Ende war. Die Jugend wurde
Volkssturm. Ich war kein Wehrwolf. Ich habe keine Vernehmung erlebt
in der ich nicht ins Gesicht geschlagen wurde. Und wenn ich nicht
gefällig antwortete, wurde ich wieder geschlagen. Man hat nur einmal
nicht unterschrieben, was einem einmal vorgelegt wurde. Kahlgeschoren
wurde man bei der Ankunft. Die Pritschen mussten mit mehreren geteilt
werden. Bis zu 4.000 waren wir in diesen verwanzten Lagern. Ohne
Toiletten, ohne Waschgelegenheiten. Keine Gespräche. In den Lagern
gaben es keine Gespräche über die frühere Vergangenheit. Ein
großes Schweigen. Aber es gab ein Lagertheater. Das war ziemlich
gut. Den Prolog aus dem Faust, den habe ich sogar auswendig gelernt.
der Kurs wurde vorgegeben. Die SED wurde die Einheitspartei.
Dann
sagt er zu mir. Und Weihnachten, da spielen wir Schach und ich lege
Dich matt. Und zwar nicht nur einmal,...
Donnerstag,
05. Juni 2014/MR
Die
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen besteht aus den Räumlichkeiten
der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt der
Staatssicherheit der DDR, die von 1951 bis 1989 in Weißensee bzw.
Hohenschönhausen in Betrieb war. Dort wurden vor allem politische
Gefangene inhaftiert und physisch und psychisch gefoltert.[1] Heute
existiert an gleicher Stelle eine Gedenkstätte als Erinnerungsort
für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland. Die
Gebäude der ehemaligen Haftanstalt wurden 1992 unter Denkmalschutz
gestellt. Die Gedenkstätte ist Mitglied der Platform of European
Memory and Conscience.
_________________
Literatur
Matthias
Bath: Gefangen und freigetauscht. 1197 Tage als Fluchthelfer in der
DDR-Haft. (Reihe Inhaftiert in Hohenschönhausen). Jaron, Berlin
2007, ISBN 978-3-89773-566-8.
Marc
Buhl: 375, drei sieben fünf. Roman. Eichborn-Verlag, Berlin 2007,
ISBN 978-3-8218-5782-4.
Peter
Erler: Polizeimajor Karl Heinrich – NS-Gegner und Antikommunist.
Eine biographische Skizze. (Reihe Inhaftiert in Hohenschönhausen).
Jaron, Berlin 2007, ISBN 978-3-89773-567-5.
Peter
Erler, Hubertus Knabe: Der verbotene Stadtteil. Stasi-Sperrbezirk
Berlin-Hohenschönhausen. Jaron, Berlin 2005, ISBN 3-89773-506-7.
Jürgen
Fuchs: Vernehmungsprotokolle. Rowohlt, Berlin 1978, ISBN
3-499-12726-1.
Karl
Wilhelm Fricke: Akten-Einsicht. Rekonstruktion einer politischen
Verfolgung. Mit einem Vorwort von Joachim Gauck. Berlin 1995.
Robert
Ide: Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. (Die Neuen
Architekturführer Nr. 43). Stadtwandel Verlag, 2003, ISBN
3-933743-89-3.
Hubertus
Knabe (Hrsg.): Gefangen in Hohenschönhausen. (Reihe Inhaftiert in
Hohenschönhausen). List-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-548-60741-2.
Klaus
Kordon, Krokodil im Nacken. Beltz und Gelberg Verlag, Weinheim 2002,
ISBN 3-407-80893-3.
Matthias
Melster, Oliver S. Scholten: Wall - Die Kontrolle der Bilder. 20
Jahre Mauerfall. Verlag Onkel&Onkel, 2009, ISBN
978-3-940029-36-2.
Sergej
Mironenko u. a. (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland
1945–1950. Bd. 1, Akademie Verlag, 1998, ISBN 3-05-002531-X.
Peter
Reif-Spirek, Bodo Ritscher (Hrsg.): Speziallager in der SBZ. Links,
Berlin 1999, ISBN 3-86153-193-3.
Anatol
Rosenbaum: Die DDR feiert Geburtstag, und ich werde Kartoffelschäler.
Als Arzt und „Agent“ im „Kommando X“ des MfS. Lichtig-Verlag,
Berlin 2006, ISBN 3-929905-19-1.[25][26]
Anna
Schlotterbeck: Die verbotene Hoffnung. Aus dem Leben einer
Kommunistin. Mit einem Vorwort von Hans Noll. Fakta Oblita Verlag,
Hamburg 1990, ISBN 3-926827-31-9.[27]
Beate
Niemann: Mein guter Vater. Mein Leben mit seiner Vergangenheit. Eine
Täter-Biographie. Verlag Hentrich&Hentrich Teetz, 2006, ISBN
3-938485-43-4.
Tobias
Voigt, Peter Erler: Medizin hinter Gittern - Das
Stasi-Haftkrankenhaus in Berlin-Hohenschönhausen. Jaron Verlag,
Berlin 2011, ISBN 978-3-89773-673-3.
Hans-Eberhard
Zahn: Haftbedingungen und Geständnisproduktion in den
Untersuchungs-Haftanstalten des MfS – Psychologische Aspekte und
biographische Veranschaulichung. (Schriftenreihe des Berliner
Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen Band 5). 3. Auflage.
Berlin 2001.[28]
Hans-Eberhard
Zahn: Das Haftarbeitslager (Lager X) des Ministeriums für
Staatssicherheit als Modell der Deutschen Demokratischen Republik.
In: Peter Erler: „Lager X“. Das geheime Haftarbeitslager des MfS
in Berlin-Hohenschönhausen (1952–1972). Fakten – Dokumente –
Personen. Berlin 1997.[28]
Rainer
Dellmuth Ausflüge im Grotewohl-Express. Anita-Tykve Verlag 1999,
ISBN 3-925434-93-3.
Dokumentarfilm
Thomas
Gaevert: Die Farce - Geschichte einer Verhaftung, Produktion:
Schiwago-Film Berlin, Veröffentlichung: Literaturbüro
Sachsen-Anhalt/Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
2002; Premiere: 13. Februar 2002, Palais am Fürstenwall, Magdeburg,
in der Reihe „Kunst im Palais“
Fremdbestimmung
Rocker
sein
Rebell
sein
Oppositioneller
Terror
Psyche
Kampf
Regime
Kritiker
Machthaber
Alphatyp
Anführer
______________________________
Widerspenstig
Einsichtslos
Kampfbereit
Stark
Trotzköpfig
Geheimnisvoll
Ein
Rückgrat haben
____________________________
Mitkommen
kommen
Sie
Halt
Stehenbleiben
Nicht
bewegen
Setzen
Weitergehen
Komm
Hinstellen
Nehmen
Anhören
Zustimmen
Folgsam
sein
__________________
GängeTüren
Klappen
Luken
Schlitze
Eingeschränkte
Sichtweise
Stille
Schlüsselklirren
Stimmen
Geräusche
Wind
Vögel
Autogeräusch
Motorgeräusch
Telefon
Stimmen
Mehrere
Stimme
Laute
Schritte
Geschrei
Schimpferei
Fluch
Gezeter
Verhör
Strapaze
Nichts
Ruhe
Licht
Dunle
Kälte
Hunger
Unwissenheit
Unsinn
Angst
Unsicherheit
Verlorenheit
Einsamkeit
Mitgefangene
Leidensgenossen
Kamaeraden
Freunde
Familie
Wächter
Wärter
Polizist
Anstaltsdirektor
Komando
Meran________________________________-
Freitag,
06. Juni 2014
Es
klingelt. Heute schon zum zweiten Mal. Diesmal gehe ich ans Telefon.
Eine vorsichtige Stimme. Ist da? Ja,... ich bin es.
Sofort
kenne ich seine Stimme, seine Art. Pause, Stille. Kein Wort. Ich bin
so außer Atem. Sagt er.
Wir
haben uns lange nicht gehört. Völlig aus den augen verloren. Wo
bist Du? Nächste Woche bin ich in Paris. Schön. Ich war noch in
Deiner Wohnung in München Grünwald. Aber da warst Du gerade
ausgezogen. Ja. Schön Dich zu hören. Was machst Du? Ich pendle
immer noch. Ja. Ich weiß das nicht mehr. Was ist passiert
inzwischen? Du hattest soviel Angst. Warst Du im Gefängnis? Nein.
Verurteilt worden bin ich. Vorher war ich in der Psychiatrie.
Ich hatte große Angst vor
einer erneuten Verhaftung.
Ja,
ich denke immer an Charly Rau. Kurz frei und dann bereits wieder in
Haft. Keine Chance auf Freiheit. Klaus Schnellenkamp: Geboren im
Schatten der Angst: Ich überlebte die Colonia Dignidad. Herbig,
München 2007, ISBN 978-3-7766-2505-9.
Ich
bin auch gerade dabei mein ersten Buch zu veröffentlichen. Ja. Ja,
und ich brauche Dich, als Kollegen. Ich habe Angst vor dem
Publizieren. Die Sümpfe der Publicity, die sich dann auftun. Die
Interviews und die Öffentlichkeit. So, wie Du aus Dir dann den
Neuenkamp gemacht hast. So ändere ich auch ständig meinen Namen. Zu
viele Ereignisse. Zuviel Prominenz und zu viele zu große
Geschichten, die ich weiß. Ich komme mir vor, wie eine Zeitzeugin,
die nicht nur einen Mord beobachtet hat, sondern die Gesellschaft in
all Ihren Facetten. Ich weiß zu viel. Ich kann damit nicht leben.
Und
all diese Geschichten. Immer wieder neue. Und ich glaube sie oft und
dann wieder nicht.
Lieber
Klaus, bitte komm mit Deinen drei Kindern und Deiner Frau zu meinem
50 igsten Geburtstga nach Meran.
Klaus
Schnellenkamp (* 24. Dezember 1972 in der Colonia Dignidad, Chile)
ist ein deutsch-chilenischer Autor, der deutschsprachige Bücher
schreibt. Seine Flucht aus der Colonia Dignidad nach Deutschland im
Dezember 2005 machte ihn öffentlich bekannt. Und wir waren nur ein
paar mal in München in der Öffentlichkeit und sofort wußten es
alle. Sofort reichte mein Mann die Scheidung ein. Ich beendete die
Affäre nach ein paar Tagen, weil mir die Geschichten alle zu heftig
waren. Und ich mich manipuliert fühlte. Es war mir ungeheuerlich und
unheimlich. Die große Welt der Politik in die ich da mit
hineingeschaut habe.
Dann die Weltwirtschaftskrise.
Der Einbruch des Pferdemarktes.
Keine
Chance mehr, meine teuren Dressurpferde zu verkaufen und kein
Rückgrat. Niemanden der mich einen Halt gab und mich stütze noch
zwei Jahre durchzuhalten. Die Pferde alleine zu trainieren. Und
wieder die Angst, das die Schulden mich ins Gefängnis bringen
könnten. Allein gelassen fühle ich mich. Ich werde krank. Die
schöne Villa in München Bogenhausen. Keine Chance sie zu halten.
Keine Chance den gerade neu begonnenen Job wirklich ernsthaft zu
machen. Stattdessen Ehe- und Psychoterror. Ich klage und klage und
weine. Bekommen Falten und die Sorgen steigen.
Schnellenkamps
Eltern sind die Mitbegründer der Colonia Dignidad, Kurt
Schnellenkamp Nelaimischkies (* 1927) und Elisabeth Witthahn Krüger
(1936–2009). Sie waren 1961 dem Sektenführer Paul Schäfer nach
Chile gefolgt, um dort die Colonia Dignidad zu gründen und
aufzubauen. Klaus, Ihr Sohn spricht ein sehr schönes Hochdeutsch. Er
hat die ganze deutsche Literatur fast auswendig gelernt. Kann alle
zitieren. Weiß unendlich viel und spricht so hochgestochen, das
ringsum alle blass werden. Und er erfindet und manipuliert. Denkt
sich etwas aus um etwas zu erreichen. Aber was? Also soll ich
mitkommen? Nein. Mein Schatz ahnt sooft tragisches. Will er mich
entführen. Liebt er nur mich? Und seine drei Kinder? Und seine Frau!
Ich bin sehr stolz das er sie hat. Ich möchte das alles gut wird.
Bleibe stabil. Werde nicht launisch. Zerstör nicht das Glück derer,
die Dich lieben.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Schöner
stolzer Mann, ich habe gerade die Geschichte der Kinder aus den
Lebensbornheimen der Nazis studiert. Gisela Heidenreich schreibt
rührend darüber. Du bist so einer, ein Sohn der Nazis und was Du
kannst ist, stoz daher kommen. Du bist eine Erscheinung. Du hast mir
immer imponiert und jetzt holt uns unsere Geschichte eine. Die Leben
vorher, die Leben unserer Vorfahren und unserer Eltern! Wer waren
sie? Und was haben sie uns hinterlassen. Die Kunst an Luftschlösser
zu glauben. Du sagst, bei dem zweiten Anruf heute, die Armut ist Gott
sei Dank Vergangenheit. Ich stecke noch mittendrinn. Wenn man sich
kein Wasser kaufen kann und auch gratis keines bekommt, dann ist man
an der Grenze angelangt. Hunger, Durst und Kälte. Diese drei Dinge
kann man nur kurz aushalten. Und ich denke, wieder an das Gefängnis
Hohenschönhausen. Die Zellen, ohne Möglichkeit nach draußen zu
schauen. Nicht zu wissen wo man ist. Diese totale
Orientierungslosigkeit. Und was mit der Familie passiert ist. Wo sie
sind.
Ich
weiß. Deine Mutter hast Du nicht mehr gesehen. Sie ist 2009
gestorben. Dein Vater, der lebt noch. Aber mein Vater und wir, Deine
ersten Freunde hier in der neuen Welt, in München, nach der Flucht.
Wir sind nun Deine Familie. Ich fühle mich verantwortlich für Deine
Seele. Als wenn Du ein Kind wärest meines Großvaters
väterlicherseits, beziehungsweise ein Enkelkind. Du bist ein Bruder,
ein Fluch, eine Hoffnung, eine Ahnung und auch eine Sehnsucht. Aber
das ganze ist eine Utopie. Weil wir selber Kinder haben. Du drei, ich
zwei. Das ist schön. Das ist wirklich das Schönste.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Wie
schön und wie verzeifelt, Deine Sehnsucht nach Jesus. Ich erzähle
Dir von den Mormonen und wie sehr ich es liebe die Idee, der
Keuschheit vor der Ehe. Und dann den einzigen, den einen Partner zu
lieben. Ein ganzes Leben lang. Ich hatte nie so tolle Noten wie Du,
aber ich habe mindestens genausoviel gelesen. Möchte ich behaupten.
Deine Noten helfen Dir jetzt, jetzt hast Du gute Arbeitsmöglichkeiten
und neue Aufgaben vor Dir. Ich bleibe ewig scheiternd, weil ich die
Blokaden nicht wegbekomme. Die Blokade mich nicht zu trauen. Über
heiße Kohlen gehen. Was für eine absurde Idee. Wozu. Aber ich
bewundere diese Kraft, es zu wagen, den ersten Schritt zu tun und
sich mental zu überlisten, das es feuchtes, nasses Moos wäre. Toll,
das es das gibt. Die Kraft über sich hinauszuwachsen. Im
Gefängnisleben braucht man das täglich, andauernd. Irgendwie kann
man das auch sofort, weil man ja sonst die ganzen Qualen und
Terrorprozeduren gar nicht überstehen könnte. Jesus, wann bin ich
endlich bei Dir?
Nach
dem Schulabschluss wurde Schnellenkamp in der kaufmännischen
Geschäftsleitung der Sekte tätig. Trotz seiner rebellischen Haltung
gegenüber der Sektenführung schaffte es Schnellenkamp, seine
Position innerhalb der Colonia Dignidad auszubauen und zu festigen.
Von dieser Stellung aus konnte er Einsicht nehmen in die
Machenschaften der Gruppierung, die sich nach außen als karitative
Gemeinschaft darstellte. Wegen seiner öffentlichen Kritik an der
Wirtschaftskriminalität der Sekte wurde Klaus Schnellenkamp mehrmals
Opfer von Mordversuchen.
Als
ich das von Dir erfahren habe, wußte ich, wie gut Du das kannst,
über heiße Kohlen gehen. Du bist wie Charly Rau, den Rebell aus
Hohenschönhausen. Du kannst das alles überleben und bringst Dich
nicht um, weil Du ein Sieger Typ bist. Und weil Du sehr große Ziele
hast und Ideologien. Ich habe begonnen die Geschichte der Utopie von
Thomas Schölderle zu lesen.
Durch
Deine große Kritik und Deine fundamentalen Erkenntnisse über das
Böse von Machtsrukturen hast Du eine enorme Kraft entwickelt ein
großer Politiker und Mann zu werden. Aber Achtung. Du hast es auch
in Dir, die Macht zu manipulieren. Und dann gleitet Dir alles aus den
Händen. Ich habe Angst und Sorge. Ich fürchte mich vor Dir und doch
mag ich es, wenn ich weiß, das es Dir gut geht.
Also,
bitte pass auf Dich auf! Und melde Dich ab und zu. Ich werde einen
Blog für Dich einrichten für all Deine Fans und Symphatisanten.
Deine M.
Der
Mann, der im September 1973 an der Spitze einer Militärjunta mit
einem blutigen Staatsstreich gegen die Regierung des Sozialisten
Salvador Allende die Macht an sich gerissen und seither mit eiserner
Faust regiert hat, befahl nun plötzlich innerhalb weniger Wochen
*
die Aufhebung des nach dem Futsch 1973 verhängten
Belagerungszustands und eine Lockerung der nächtlichen
Ausgangssperre;
*
eine Amnestie für wegen politischer Vergehen von Militärgerichten
verurteilte Chilenen und
*
Vorlage eines Entwurfs für eine neue Verfassung, über die bis Ende
nächsten Jahres eine Volksabstimmung abgehalten werden soll.
Zwar
bedeutet all dies noch keineswegs die Rückkehr zur Demokratie: Statt
des Belagerungszustands nämlich bleibt immerhin noch der ebenfälls
1973 verhängte Ausnahmezustand in Kraft, gewerkschaftliche
Betätigung und politische Parteien sind nach wie vor verboten, und
die von der Amnestie Betroffenen dürfen nicht etwa in Chile bleiben,
sondern müssen zwangsweise ins Exil gehen.
Gleichwohl
hat das Regime Pinochet seinen Untertanen nie zuvor solche
Zugeständnisse gemacht wie jetzt -- und vieles deutet darauf hin,
daß es keine ganz freiwilligen Zugeständnisse sind. Der General,
der so viele Chilenen das Fürchten lehrte, kämpft vielmehr ein
zähes Rückzugsgefecht um sein eigenes politisches Überleben.
Er
kämpft dabei vor allem gegen einen Toten -- den früheren
Allende-Minister Orlando Letelier, der am 21. September 1976 in
seinem Washingtoner Exil von einer an seinem Wagen angebrachten und
durch Fernsteuerung ausgelösten Bombe getötet wurde. Mit ihm starb
seine amerikanische Assistentin Ronnie Karpen Moffitt; ihr Ehemann,
der auf dem Rücksitz des Wagens saß, wurde verletzt.
Die
Ermordung des Ex-Ministers, so ließ die Militärjunta nach dem
Anschlag verlautbaren, sei ein "kaltblütiger und unmenschlicher
Plan", den sie "verurteile". Schon damals vermuteten
jedoch viele der ins Exil geflüchteten Chilenen, daß Pinochets
gefürchtete Geheimpolizei, die Dina, das ihre zu dem "kaltblütigen
Plan" beigetragen habe.
Denn
der ermordete Letelier, von 1971 bis 1973 Chiles Botschafter in
Washington sowie ehemals hoher Funktionär der Inter-Amerikanischen
Entwicklungsbank (BID), hatte Einfluß und Freunde in amerikanischen
Wirtschafts- und Diplomatenkreisen besessen und genutzt, um
ausländische Wirtschaftshilfe für die Junta zu vereiteln, so gut er
konnte. Noch elf Tage vor seinem Tod hatte ihm die Regierung in
Santiago wegen "Behinderung der normalen finanziellen Hilfe für
Chile" die chilenische Staatsbürgerschaft aberkannt.
Inzwischen
hat sich der vage Verdacht, daß offizielle chilenische Stellen bei
dem Attentat gegen den unbequemen Letelier ihre Hand im Spiel gehabt
haben könnten, zu einem feinmaschigen Indiziennetz verdichtet, das
sich immer enger zusammenzieht.
In
anderthalb Jahren zunächst streng geheimer Ermittlungen fanden die
für den Mordfall zuständigen amerikanischen Untersuchungsbehörden
des District of Columbia heraus: wachsendem Mißtrauen verfolgten,
wie Präsident Pinochet versuchte, sich zum alleinigen Caudillo des
Landes aufzuspielen: Spätestens im Januar, als Pinochet über die
Köpfe der übrigen Juntamitglieder hinweg eine Volksabstimmung
erzwang, bekam die vom Regime gern präsentierte Fassade der
Einigkeit Risse -- und die peinlichen Untersuchungen im Fall Letelier
vertiefen diese Risse fortwährend.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Schöner
stolzer Mann, ich habe gerade die Geschichte der Kinder aus den
Lebensbornheimen der Nazis studiert. Gisela Heidenreich schreibt
rührend darüber. Du bist so einer, ein Sohn der Nazis und was Du
kannst ist, stoz daher kommen. Du bist eine Erscheinung. Du hast mir
immer imponiert und jetzt holt uns unsere Geschichte eine. Die Leben
vorher, die Leben unserer Vorfahren und unserer Eltern! Wer waren
sie? Und was haben sie uns hinterlassen. Die Kunst an Luftschlösser
zu glauben. Du sagst, bei dem zweiten Anruf heute, die Armut ist Gott
sei Dank Vergangenheit. Ich stecke noch mittendrinn. Wenn man sich
kein Wasser kaufen kann und auch gratis keines bekommt, dann ist man
an der Grenze angelangt. Hunger, Durst und Kälte. Diese drei Dinge
kann man nur kurz aushalten. Und ich denke, wieder an das Gefängnis
Hohenschönhausen. Die Zellen, ohne Möglichkeit nach draußen zu
schauen. Nicht zu wissen wo man ist. Diese totale
Orientierungslosigkeit. Und was mit der Familie passiert ist. Wo sie
sind.
Ich
weiß. Deine Mutter hast Du nicht mehr gesehen. Sie ist 2009
gestorben. Dein Vater, der lebt noch. Aber mein Vater und wir, Deine
ersten Freunde hier in der neuen Welt, in München, nach der Flucht.
Wir sind nun Deine Familie. Ich fühle mich verantwortlich für Deine
Seele. Als wenn Du ein Kind wärest meines Großvaters
väterlicherseits, beziehungsweise ein Enkelkind. Du bist ein Bruder,
ein Fluch, eine Hoffnung, eine Ahnung und auch eine Sehnsucht. Aber
das ganze ist eine Utopie. Weil wir selber Kinder haben. Du drei, ich
zwei. Das ist schön. Das ist wirklich das Schönste.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Wie
schön und wie verzeifelt, Deine Sehnsucht nach Jesus. Ich erzähle
Dir von den Mormonen und wie sehr ich es liebe die Idee, der
Keuschheit vor der Ehe. Und dann den einzigen, den einen Partner zu
lieben. Ein ganzes Leben lang. Ich hatte nie so tolle Noten wie Du,
aber ich habe mindestens genausoviel gelesen. Möchte ich behaupten.
Deine Noten helfen Dir jetzt, jetzt hast Du gute Arbeitsmöglichkeiten
und neue Aufgaben vor Dir. Ich bleibe ewig scheiternd, weil ich die
Blokaden nicht wegbekomme. Die Blokade mich nicht zu trauen. Über
heiße Kohlen gehen. Was für eine absurde Idee. Wozu. Aber ich
bewundere diese Kraft, es zu wagen, den ersten Schritt zu tun und
sich mental zu überlisten, das es feuchtes, nasses Moos wäre. Toll,
das es das gibt. Die Kraft über sich hinauszuwachsen. Im
Gefängnisleben braucht man das täglich, andauernd. Irgendwie kann
man das auch sofort, weil man ja sonst die ganzen Qualen und
Terrorprozeduren gar nicht überstehen könnte. Jesus, wann bin ich
endlich bei Dir?
Nach
dem Schulabschluss wurde Schnellenkamp in der kaufmännischen
Geschäftsleitung der Sekte tätig. Trotz seiner rebellischen Haltung
gegenüber der Sektenführung schaffte es Schnellenkamp, seine
Position innerhalb der Colonia Dignidad auszubauen und zu festigen.
Von dieser Stellung aus konnte er Einsicht nehmen in die
Machenschaften der Gruppierung, die sich nach außen als karitative
Gemeinschaft darstellte. Wegen seiner öffentlichen Kritik an der
Wirtschaftskriminalität der Sekte wurde Klaus Schnellenkamp mehrmals
Opfer von Mordversuchen.
Als
ich das vonn Dir erfahren habe, wußte ich, wie gut Du das kannst,
über heiße Kohlen gehen. Du bist wie Charly Rau, den Rebell aus
Hohenschönhausen. Du kannst das alles überleben und bringst Dich
nicht um, weil Du ein Sieger Typ bist. Und weil Du sehr große Ziele
hast und Ideologien. Ich habe begonnen die Geschichte der Utopie von
Thomas Schölderle zu lesen.
Durch
Deine große Kritik und Deine fundamentalen Erkenntnisse über das
Böse von Machtsrukturen hast Du eine enorme Kraft entwickelt ein
großer Politiker und Mann zu werden. Aber Achtung. Du hast es auch
in Dir, die Macht zu manipulieren. Und dann gleitet Dir alles aus den
Händen. Ich habe Angst und Sorge. Ich fürchte mich vor Dir und doch
mag ich es, wenn ich weiß, das es Dir gut geht.
Also,
bitte pass auf Dich auf! Und melde Dich ab und zu. Ich werde einen
Blog für Dich einrichten für all Deine Fans und Symphatisanten.
Deine M.
Meran________________________________-
Freitag,
06. Juni 2014
Es
klingelt. Heute schon zum zweiten Mal. Diesmal gehe ich ans Telefon.
Eine vorsichtige Stimme. Ist da? Ja,... ich bin es.
Sofort
kenne ich seine Stimme, seine Art. Pause, Stille. Kein Wort. Ich bin
so außer Atem. Sagt er.
Wir
haben uns lange nicht gehört. Völlig aus den augen verloren. Wo
bist Du? Nächste Woche bin ich in Paris. Schön. Ich war noch in
Deiner Wohnung in München Grünwald. Aber da warst Du gerade
asugezogen. Ja. Schön Dich zu hören. Was machst Du? Ich pendle
immer noch. Ja. Ich weiß das nicht mehr. Was ist passiert
inzwischen? Du hattes soviel Angst. Warst Du im Gefängnis? Nein.
Verurteilt worden bin ich. Vorher war ich in der Psychatrie. Ich
hatte große Angst vor einer erneuten VErhaftung. Ja, ich denke immer
an Charly Rau. Kurz frei und dann bereits wieder in Haft. Keine
Chance auf Freiheit. Klaus Schnellenkamp: Geboren im Schatten der
Angst: Ich überlebte die Colonia Dignidad. Herbig, München 2007,
ISBN 978-3-7766-2505-9.
Ich
bin auch gerade dabei mein ersten Buch zu veröffentlichen. Ja. Ja,
und ich brauche Dich, als Kollegen. Ich habe Angst vor dem
Publizieren. Die Sümpfe der Publicity, die sich dann auftun. Die
Interviews und die Öffentlichkeit. So, wie Du aus Dir dann den
Neuenkamp gemacht hast. So ändere ich auch ständig meinen Namen.
Zuviele Ereignisse. Zuviel Prominz und zuviele zu große Geschichten,
die ich weiß. Ich komme mir vor, wie eine Zeitzeugin, die nicht nur
einen Mord beobachtet hat, sondern die Gesellschaft in all Ihren
Facetten. Ich weiß zu viel. Ich kann damit nicht leben.
Und
all diese Geschichten. Immer wieder neue. Und ich glaube sie oft und
dann wieder nicht.
Lieber
Klaus, bitte komm mit Deinen drei Kindern und Deiner Frau zu meinem
50 igsten Geburtstga nach Meran.
Klaus
Schnellenkamp (* 24. Dezember 1972 in der Colonia Dignidad, Chile)
ist ein deutsch-chilenischer Autor, der deutschsprachige Bücher
schreibt. Seine Flucht aus der Colonia Dignidad nach Deutschland im
Dezember 2005 machte ihn öffentlich bekannt. Und wir waren nur ein
paar mal in München in der Öffentlichkeit und sofort wußten es
alle. Sofort reichte mein Mann die Scheidung ein. Ich beendete die
Affäre nach ein paar Tagen, weil mir die Geschichten alle zu heftig
waren. Und ich mich manipuliert fühlte. Es war mir ungeheuerlich und
unheimlich. Die große Welt der Politik in die ich da mit
hineingeschaut habe. Dann die Weltwirtschaftkrise. Der Einbruch des
Pferdemarktes. Keine Chance mehr, meine teuren Dressurpferde zu
verkaufen und kein Rückrat. Niemanden der mich einen Halt gab und
mich stütze noch zwei Jahre durchzuhalten. Die Pferde alleine zu
trainieren. Und wieder die Angst, das die Schulden mich ins Gefängnis
bringen könnten. Allein gelassen fühle ich mich. Ich werde krank.
Die schöne Villa in München Bogenhausen. Keine Chance sie zu
halten. Keine Chance den gerade neu begonnenen Job wirklich ernsthaft
zu machen. Stattdessen Ehe- und Psychoterror. Ich klage und klage und
weine. Bekommen Falten und die Sorgen steigen.
Schnellenkamps
Eltern sind die Mitbegründer der Colonia Dignidad, Kurt
Schnellenkamp Nelaimischkies (* 1927) und Elisabeth Witthahn Krüger
(1936–2009). Sie waren 1961 dem Sektenführer Paul Schäfer nach
Chile gefolgt, um dort die Colonia Dignidad zu gründen und
aufzubauen. Klaus, Ihr Sohn spricht ein sehr schönes Hochdeutsch. Er
hat die ganze deutsche Literatur fast auswendig gelernt. Kann alle
zitieren. Weiß unendlich viel und spricht so hochgestochen, das
ringsum alle blass werden. Und er erfindet und manipuliert. Denkt
sich etwas aus um etwas zu erreichen. Aber was? Also soll ich
mitkommen? Nein. Mein Schatz ahnt sooft tragisches. Will er mich
entführen. Liebt er nur mich? Und seine drei Kinder? Und seine Frau!
Ich bin sehr stolz das er sie hat. Ich möchte das alles gut wird.
Bleibe stabil. Werde nicht launisch. Zerstör nicht das Glück derer,
die Dich lieben.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Schöner
stolzer Mann, ich habe gerade die Geschichte der Kinder aus den
Lebensbornheimen der Nazis studiert. Gisela Heidenreich schreibt
rührend darüber. Du bist so einer, ein Sohn der Nazis und was Du
kannst ist, stoz daher kommen. Du bist eine Erscheinung. Du hast mir
immer imponiert und jetzt holt uns unsere Geschichte eine. Die Leben
vorher, die Leben unserer Vorfahren und unserer Eltern! Wer waren
sie? Und was haben sie uns hinterlassen. Die Kunst an Luftschlösser
zu glauben. Du sagst, bei dem zweiten Anruf heute, die Armut ist Gott
sei Dank Vergangenheit. Ich stecke noch mittendrinn. Wenn man sich
kein Wasser kaufen kann und auch gratis keines bekommt, dann ist man
an der Grenze angelangt. Hunger, Durst und Kälte. Diese drei Dinge
kann man nur kurz aushalten. Und ich denke, wieder an das Gefängnis
Hohenschönhausen. Die Zellen, ohne Möglichkeit nach draußen zu
schauen. Nicht zu wissen wo man ist. Diese totale
Orientierungslosigkeit. Und was mit der Familie passiert ist. Wo sie
sind.
Ich
weiß. Deine Mutter hast Du nicht mehr gesehen. Sie ist 2009
gestorben. Dein Vater, der lebt noch. Aber mein Vater und wir, Deine
ersten Freunde hier in der neuen Welt, in München, nach der Flucht.
Wir sind nun Deine Familie. Ich fühle mich verantwortlich für Deine
Seele. Als wenn Du ein Kind wärest meines Großvaters
väterlicherseits, beziehungsweise ein Enkelkind. Du bist ein Bruder,
ein Fluch, eine Hoffnung, eine Ahnung und auch eine Sehnsucht. Aber
das ganze ist eine Utopie. Weil wir selber Kinder haben. Du drei, ich
zwei. Das ist schön. Das ist wirklich das Schönste.
Schnellenkamp
ging von 1980 bis 1990 zur deutschen Privatschule innerhalb der
Colonia Dignidad. Während seiner Schulzeit erhielt er Bestnoten und
studierte entgegen der Anordnung der Sektenführung Fachliteratur in
Natur- und Sozialwissenschaften. Neben dieser Lektüre wurde er auch
wegen heimlich verfasster Gedichte und Balladen von der Gemeinschaft
bestraft und sozial isoliert.
Wie
schön und wie verzeifelt, Deine Sehnsucht nach Jesus. Ich erzähle
Dir von den Mormonen und wie sehr ich es liebe die Idee, der
Keuschheit vor der Ehe. Und dann den einzigen, den einen Partner zu
lieben. Ein ganzes Leben lang. Ich hatte nie so tolle Noten wie Du,
aber ich habe mindestens genausoviel gelesen. Möchte ich behaupten.
Deine Noten helfen Dir jetzt, jetzt hast Du gute Arbeitsmöglichkeiten
und neue Aufgaben vor Dir. Ich bleibe ewig scheiternd, weil ich die
Blokaden nicht wegbekomme. Die Blokade mich nicht zu trauen. Über
heiße Kohlen gehen. Was für eine absurde Idee. Wozu. Aber ich
bewundere diese Kraft, es zu wagen, den ersten Schritt zu tun und
sich mental zu überlisten, das es feuchtes, nasses Moos wäre. Toll,
das es das gibt. Die Kraft über sich hinauszuwachsen. Im
Gefängnisleben braucht man das täglich, andauernd. Irgendwie kann
man das auch sofort, weil man ja sonst die ganzen Qualen und
Terrorprozeduren gar nicht überstehen könnte. Jesus, wann bin ich
endlich bei Dir?
Nach
dem Schulabschluss wurde Schnellenkamp in der kaufmännischen
Geschäftsleitung der Sekte tätig. Trotz seiner rebellischen Haltung
gegenüber der Sektenführung schaffte es Schnellenkamp, seine
Position innerhalb der Colonia Dignidad auszubauen und zu festigen.
Von dieser Stellung aus konnte er Einsicht nehmen in die
Machenschaften der Gruppierung, die sich nach außen als karitative
Gemeinschaft darstellte. Wegen seiner öffentlichen Kritik an der
Wirtschaftskriminalität der Sekte wurde Klaus Schnellenkamp mehrmals
Opfer von Mordversuchen.
Als
ich das vonn Dir erfahren habe, wußte ich, wie gut Du das kannst,
über heiße Kohlen gehen. Du bist wie Charly Rau, den Rebell aus
Hohenschönhausen. Du kannst das alles überleben und bringst Dich
nicht um, weil Du ein Sieger Typ bist. Und weil Du sehr große Ziele
hast und Ideologien. Ich habe begonnen die Geschichte der Utopie von
Thomas Schölderle zu lesen.
Durch
Deine große Kritik und Deine fundamentalen Erkenntnisse über das
Böse von Machtsrukturen hast Du eine enorme Kraft entwickelt ein
großer Politiker und Mann zu werden. Aber Achtung. Du hast es auch
in Dir, die Macht zu manipulieren. Und dann gleitet Dir alles aus den
Händen. Ich habe Angst und Sorge. Ich fürchte mich vor Dir und doch
mag ich es, wenn ich weiß, das es Dir gut geht.
Also,
bitte pass auf Dich auf! Und melde Dich ab und zu. Ich werde einen
Blog für Dich einrichten für all Deine Fans und Symphatisanten.
Deine M.
Klaus
Schnellenkamp im Online-Portal Crossover September 2007 (Textbeitrag)
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Themen
Ex-Sekten-Siedlung:
Menschenknochen auf Gelände der Colonia Dignidad entdeckt SPIEGEL
ONLINE - Panorama - 26.02.2014
In
der ehemaligen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile sind
Menschenknochen ausgegraben worden. Woher sie stammen, ist bisher
nicht bekannt. In einem Schädel soll sich ein Einschussloch befunden
haben. mehr...
Colonia
Dignidad: Chile verlangt Auslieferung von deutschem Sektenarzt
SPIEGEL ONLINE - Panorama - 19.10.2011
Der
in Chile wegen Beihilfe zu sexuellem Kindesmissbrauch verurteilte
Arzt Hartmut Hopp soll nach Südamerika ausgeliefert werden. Dies
beantragte das Oberste Gericht in Santiago. Der Vizechef der
berüchtigten Colonia Dignidad war aus dem Andenstaat nach
Deutschland geflohen. mehr...
Colonia-Dignidad-Arzt
in Krefeld: Dr. Unerwünscht SPIEGEL ONLINE - Panorama - 26.08.2011
Ein
Gericht in Chile verurteilte Hartmut Hopp wegen Beihilfe zum
sexuellen Missbrauch von Kindern - doch der Sektenarzt der Colonia
Dignidad entkam. Seine neue Wohnung in Krefeld soll er zwar nicht
beziehen, ausweisen können ihn die deutschen Behörden aber nicht.
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Colonia-Dignidad-Bewohner
Hopp: Sekten-Arzt zieht nach Krefeld SPIEGEL ONLINE - Panorama -
23.08.2011
Er
half beim Missbrauch von Kindern, wurde in Chile verurteilt und steht
auf Interpols Fahndungsliste. Doch in Deutschland hat der Arzt und
ehemalige Bewohner der Colonia Dignidad Hartmut Hopp nichts zu
befürchten. Nun will der 67-Jährige in ein Krefelder Apartment
ziehen. mehr...
GESTORBEN:
Paul Schäfer DER SPIEGEL - 03.05.2010
Gestorben
Paul Schäfer, 88. Seine Opfer hatten gehofft, dass der Gründer der
Colonia Dignidad länger als nur fünf Jahre im Gefängnis... mehr...
Chile:
Ex-Chef der Colonia Dignidad gestorben SPIEGEL ONLINE - Panorama -
24.04.2010
Der
frühere Chef der berüchtigten Siedlung "Colonia Dignidad",
Paul Schäfer, ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Er war wegen
Mordes, Folter, sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und anderer
Verbrechen zu einer Haftstrafe von insgesamt 33 Jahren verurteilt
worden. mehr...
Augusto
Pinochet: Tod eines Tyrannen SPIEGEL ONLINE - Politik - 10.12.2006
Am
Sonntag ist der chilenische Ex-Diktator Augusto Pinochet im Kreise
seiner Familie gestorben. Seinen tausenden Opfern war dies nicht
vergönnt: Viele starben durch Folter und landeten im Meer. Für
Chile ist der Tod des Greises die Befreiung von einem 33-jährigen
Alptraum. mehr...
NPD
in Mecklenburg-Vorpommern: Die Biedermänner werden rüde SPIEGEL
ONLINE - Politik - 07.09.2006
Zehn
Tage vor der Wahl stehen die Chancen der NPD auf einen Einzug in den
Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gut. Umfragen sehen die Partei bei
sechs Prozent. Selbstbewusst geben die Rechtsextremen im Wahlkampf
ihre zuvor gezeigte Zurückhaltung auf. mehr...
Mecklenburg-Vorpommern:
NPD-Spitzenkandidat hatte Kontakte zur Colonia Dignidad SPIEGEL
ONLINE - Politik - 06.09.2006
Der
Spitzenkandidat der rechtsextremen NPD für die Landtagswahl in
Mecklenburg-Vorpommern bewundert die "Colonia Dignidad".
Bei Besuchen der deutschen Sekte in Chile habe er viel gelernt und
"stolze und frohe Menschen" gesehen, erklärte Udo Pastörs.
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Colonia
Dignidad: 20 Jahre Haft für Sektengründer Schäfer SPIEGEL ONLINE -
Panorama - 24.05.2006
Paul
Schäfer, Ex-Chef der berüchtigten Deutschen-Siedlung "Colonia
Dignidad" in Chile, muss für 20 Jahre ins Gefängnis. Der
84-Jährige wurde von einem chilenischen Gericht wegen
Kindesmissbrauchs verurteilt. mehr...
Colonia
Dignidad: Anklage wegen Kindesmisshandlung in Sektensiedlung SPIEGEL
ONLINE - Panorama - 28.12.2005
Schwere
Vorwürfe wegen grausiger Kinderquälerei: Gegen den Gründer der
berüchtigten deutschen Sektensiedlung "Colonia Dignidad"
in Chile und eine deutsche Ärztin wurde Anklage erhoben. Sie sollen
Kinder sexuell misshandelt und mit Elektroschocks gemartert haben.
mehr...
Colonia
Dignidad: Deutsche Ärztin wegen Kinderfolter verhaftet SPIEGEL
ONLINE - Panorama - 27.12.2005
Ein
unfassbares Geständnis: Die deutsche Ärztin Gisela Seewald hat
zugegeben, Mitte der 70er Jahre Kinder und Jugendliche in der
berüchtigten Colonia Dignidad in Chile mit Elektroschocks und
Beruhigungsmitteln misshandelt zu haben. Jetzt wurde die 75-Jährige
verhaftet. mehr...
Chile:
Die verwaisten Seelen der Colonia Dignidad SPIEGEL ONLINE - Panorama
- 21.10.2005
Vier
Jahrzehnte lang lebten Hunderte deutsche Aussiedler unter dem frommen
Terror der Colonia Dignidad. Während die Justiz die Verantwortlichen
zur Rechenschaft zieht, versuchen die Zurückgebliebenen, sich im
Leben neu einzurichten. mehr...
17.
Oktober 2005 Betr.: Colonia Dignidad DER SPIEGEL - 17.10.2005
Schon
mehrfach hat SPIEGEL-Redakteurin Helene Zuber, 48, die Geschichte der
Colonia Dignidad, einer deutschen Exklave in Chile,... mehr...
CHILE:
Was soll aus uns werden? DER SPIEGEL - 17.10.2005
Vier
Jahrzehnte lang lebten Hunderte deutsche Aussiedler unter dem frommen
Terror der Colonia Dignidad. Während die Justiz die Verantwortlichen
zur Rechenschaft zieht, versuchen die Zurückgebliebenen, sich im
Leben neu einzurichten. Der Junge war ü... mehr...
Colonia
Dignidad: Zweites Waffenlager der deutschen Sekte gefunden SPIEGEL
ONLINE - Panorama - 24.07.2005
Wenige
Wochen nach dem sensationellen Waffenfund auf dem Gelände der
deutschen Siedlung Colonia Dignidad im Süden Chiles hat die Polizei
ein zweites Lager gefunden. Das unterirdische Versteck enthält
Raketenwerfer und Granaten. mehr...
Colonia
Dignidad: Polizei hebt Waffenlager aus SPIEGEL ONLINE - Panorama -
16.06.2005
Sechs
Tage danach bildete Pinochet die Regierung um, abermals eine Woche
später unterschrieb er den angekündigten und erweiterten
Amnestie-Erlaß, der unter anderem auch den zum Exil verurteilten
Chilenen die Rückkehr ermöglicht, sofern sie sich verpflichten,
sich politischer Betätigung zu enthalten.
Und
seither wartet er darauf, ob Townley in Washington auspackt.
DER
SPIEGEL 18/1978
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Dieser
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EinesTages
wacht ich auf und dachte mir, wie gerne wär ich jetzt eine Ameise
und würde einmal den Alltag meiner Tochter ganz heimlich
mitbegleiten. Ich würde in Ihre Schultasche schlüpfen, nach dem
Frühstück. Ich würde alles mit bekommen, ganz real und echt. Ich
wäre einfach einmal ganz bei ihr. Das ist kein Traum. das ist
Fiktion und das stelle ich mir so vor:
In
der Früh ist sie lieb zu ihrer fast vier Jahre jüngeren kleineren
Schwester. Sie sagt immer, beeil Dich und weißt sie darauf hin, das
sie bald losgehen müssen, um den Bus zu erreichen.
Zum
Frühstück gab es Cornflakes mit Milch. Also, ich bin jetzt eine
AMEISE! Fühle mich klein und sehr winzig. Gehe auf Entdeckungsreise.
Eines meiner Lieblingsbeschäftigungen.
Und
morgen sehen wir uns wieder. He is gone but not forgotten und ich
werde nie vergessen. Auch nicht, wenn ich mich verändere. Auch
nicht, wenn Du Dich veränderst. Nur wenn wir alle lernen die
Erinnerungen zu schätzen und zu wahren und wenn wir lernen zu lernen
und nicht zu wiederholen, ich denke, nur dann haben wir eine Chance
zu ertragen.
Ebenso
Curt Riess, Luigi Bartolini, Arthur Koestler, Carlo Levi, Bertrand
Russell, Willy Brandt, Richard Aschinger, Reinhold Joppich, Angelika
Waldis, Robert Parker, Andreas Gross, Rainer Gross, und Esther
Scheidegger und viele andere Kollegen und Kämpfer. Ich glaube nicht
an den Himmel, aber an Legenden und an Gedanken, sowie Träume, die
bleiben.
Das
Geheimnis der Ausstrahlung, Schmidt Verlag, Margit Grieshammer und
Illustriert von Michaela Sangl.
ISBN
3-926 258-24-1
Seelenlandschaften
und soziale Prozesse
Mit
dem Begriff 'sozialer Prozess' werden Elemente, Aspekte und Emotionen
betrachtet. Die Autorin M. Radi und die Fotografin Birgit Gronau sind
sich begegnet, weil sie einen ähnlichen Blickwinkel haben. Die
Schreibende versucht, sich unterstützende und gegenläufige
Tendenzen, gleichgeartete oder widerständige System- und
Umweltbedingungen sowie das Handeln von Menschen und
Interessengruppen innerhalb der Machtverteilung in der Veränderung
in den Blick zu nehmen. B. Gronau versucht das virtuell.
Soziale
Prozesse laufen ständig und überall in den verschiedensten
Bereichen. Nicht immer führen sie zu einem Wandel im Sinne
fortschreitender Entwicklung, möglich sind ebenso rückläufige
Veränderungen, Anpassungsprozesse innerhalb eines Systems oder an
Umweltbedingungen oder auch stagnierende und Veränderung hemmende
Entwicklungen. Seelenlandschaften versucht mit Worten und
Bildern menschliches festzuhalten.
Danke